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  • 21.04.2011 | Umsatzsteuer

    Umsatzsteuer: Steuerhinterziehung wegen „Hinterziehungsbehaftung“

    von StA Kai Sackreuther, Karlsruhe

    Seit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Kittel und Recolta Recycling (EuGH 6.7.06, C-439/04, PStR 07, 221) sind bereits mehr als vier Jahre vergangen. Gleichwohl existierte bisher keine höchstrichterliche Entscheidung dazu, ob eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgen kann, wenn dem Unternehmer nach den vom EuGH aufgestellten Grundsätzen das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen ist. Der BGH hat diese Frage nunmehr bejaht (BGH 8.2.11, 1 StR 24/10, Abruf-Nr. 111238).

     

    Sachverhalt

    Die Angeklagten bauten zum Schein mehrere Lieferketten auf, um den am Ende der Kette stehenden Gesellschaften einen Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Das jeweils erste Glied der Lieferkette wies in seinen Ausgangsrechnungen Umsatzsteuer aus, meldete diese aber weder an, noch führte es sie ab. Insgesamt wurden durch die Taten der Angeklagten 10 Mio. EUR USt hinterzogen. Weitere Taten blieben im Versuch stecken; hier hatten die Angeklagten versucht 4,8 Mio. EUR USt zu hinterziehen.  

     

    Das LG verurteilte die Angeklagten zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen 3 ½ und 8 Jahren. Indem sie als Verantwortliche der am Ende der Kette stehenden Gesellschaften unberechtigt Vorsteuern geltend machten, hätten die Angeklagten den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Ausdrücklich offen ließ das LG, ob es innerhalb der Lieferketten tatsächlich zu Warenbewegungen kam. Das Recht auf Vorsteuerabzug sei nach der Rechtsprechung des EuGH bereits deshalb zu versagen, weil die Angeklagten wussten, dass sie sich mit dem Erwerb an einem Umsatz beteiligten, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH verwarf die Revisionen. Das LG hat zu Recht die Vorsteuerabzug versagt, weil die Angeklagten um die am Anfang der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung wussten. Deshalb wurde mit Geltendmachung des Vorsteuerabzugs (§ 15 UStG) wahrheitswidrig behauptet, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die am Ende der Lieferketten stehenden Gesellschaften auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH keine Unternehmen i.S. des UStG sind. Bereits deshalb entfällt die Vorsteuerabzugsberechtigung. Offen lässt der BGH, ob der Makel der Hinterziehungsbehaftung auch im Steuerstrafrecht dazu führt, dass darüber hinaus keine Lieferung i.S. des UStG gegeben ist (dazu PStR 11, 56 f.).  

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