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  • 07.01.2008 | Termingeschäfte

    Spekulationsgewinne in VZ vor Einführung des Kontenabrufverfahrens – eine Replik

    von StA Dr. Peter Allgayer, Freiburg
    Der 5. Strafsenat des BGH hat mit Beschluss vom 9.10.07 (5 StR 162/07, PStR 07, 276, Abruf-Nr. 073520) entschieden, dass § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG für den VZ 2002 nicht verfassungswidrig ist und dass bei unterlassener Erklärung entsprechender Einkünfte gegen eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung auch keine sonstigen Bedenken bestehen.

     

    Wiese (PStR 07, 276) hat dieser Entscheidung deutlich widersprochen*. Seiner Ansicht nach überzeugt die Entscheidung „weder in der Begründung, noch trägt sie der derzeitigen Rechtslage angemessen Rechnung“. Zum einen sei die steuerrechtliche Vorfrage nicht ausreichend erörtert worden (1.). Zum anderen stehe einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung das Rückwirkungsverbot entgegen (2.). Schließlich hätte seiner Ansicht nach das Verfahren gemäß § 396 AO ausgesetzt bzw. eine Vorlage an das BVerfG erfolgen sollen (3.). Diese Kritik trifft nicht zu. 

    1. Die steuerrechtliche Vorfrage

    Der BFH (29.11.05, PStR 06, 49, Abruf-Nr. 060209; dagegen Verfassungsbeschwerde anhängig unter 2 BvR 294/06) hat bereits entschieden, dass § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG hinsichtlich des VZ 1999 verfassungsgemäß ist. Der BGH nimmt dies nunmehr auch für § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG hinsichtlich des VZ 2002 an und „schließt sich den auch für diese Norm zutreffenden Erwägungen des Bundesfinanzhofes“ an. Er führt weiter aus, dass die Entscheidung des BVerfG über die Vorschriften zum automatisierten Kontenabrufverfahren (13.6.07, PStR 07, 171, Abruf-Nr. 072314; zur Neuregelung Weyand, PStR 07, 210) berücksichtigt worden sei. Eine Verfassungswidrigkeit ergebe sich schließlich auch nicht daraus, dass das Kontenabrufverfahren erst mit Wirkung nach dem Beendigungszeitpunkt der Tat in Kraft gesetzt worden sei. Das zuletzt vom BGH genannte Argument entspricht den Vorgaben des BVerfG (9.3.04, PStR 04, 74, Abruf-Nr. 040672), wonach bei der Prüfung eines Vollzugsdefizits auch die Entwicklung nach Ende des relevanten VZ in den Blick zu nehmen ist. Die Berücksichtigung des Kontenabrufverfahrens führt daher nicht zu einer Rückwirkungsproblematik. 

     

    Angesichts der Einigkeit in der Argumentation zweier oberster Bundesgerichte unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG waren weitere Ausführungen des BGH nicht erforderlich und nicht zu erwarten. Dies gilt insbesondere für die Auseinandersetzung mit Entscheidungen einzelner FG, die teilweise in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken geäußert (z.B. FG Hessen 5.7.07, PStR 07, 203, Abruf-Nr. 072578) und sich teilweise in Hauptsacheentscheidungen dem BFH ausdrücklich angeschlossen haben (z.B. FG Berlin-Brandenburg 29.8.07, 3 K 5109/03, Abruf-Nr. 073772). Soweit Instanzgerichte dem BFH nicht gefolgt sind, wurden lediglich die bereits hinlänglich bekannten Gesichtspunkte anders gewichtet. Neue, von BFH oder BGH nicht berücksichtigte Argumente sind ihnen nicht zu entnehmen. Entsprechendes gilt für den Meinungsstand in der Literatur und die dort geäußerten Prognosen zur Entscheidung des BVerfG im anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren (z.B. Blümich/Glenk, EStG, 95. Lfg., 2007, § 23 Rn. 18 ff.). 

    2. Die strafrechtliche Folgefrage

    In der Literatur (Joecks, wistra 06, 401) ist die Auffassung vertreten worden, dass selbst im Falle der aktuellen Verfassungsmäßigkeit der Steuernorm eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung für VZ vor Einführung des Kontenabrufverfahrens mit § 2 StGB nicht vereinbar sei. Dieser Auffassung hat der BGH mit der Begründung widersprochen, dass die Steuernorm im gesamten Tatzeitraum bis heute geltendes Recht war. 

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