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  • 03.01.2011 | Strafvollstreckung

    Kein Vorrang der Strafvollstreckung vor dem Insolvenzrecht

    Auch die Zahlung einer Geldstrafe unterliegt der Insolvenzanfechtung, sofern deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind (BGH 14.10.10, IX ZR 16/10, Abruf-Nr. 103938).

     

    Sachverhalt

    Die StA hatte trotz Kenntnis des bereits gestellten Insolvenzeröffnungsantrags sofortige Zahlung der Geldstrafe verlangt und für den Weigerungsfall Zwangsmaßnahmen bis hin zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. Der Schuldner S veranlasste deshalb wenige Tage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zahlung. Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung. Seine Klage gegen die Justizkasse hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH stellt klar, dass der pönale Charakter der Geldstrafe einer Insolvenzanfechtung nicht entgegensteht. Geldstrafen seien nachrangige Insolvenzforderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO, da durch sie nicht die Gläubiger betroffen werden sollen. Ihr personaler Strafcharakter stehe zwar der Haftungseinschränkung durch Insolvenzplan und Restschuldbefreiung (§ 225 Abs. 3 InsO, § 302 Nr. 2 InsO) entgegen, nicht aber den Anfechtungstatbeständen der §§ 129 ff. InsO (BGH 5.6.08, IX ZR 17/07, NJW 08, 2506). Im Streitfall hat der BGH den Anfechtungsgrund der inkongruenten Deckung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO bejaht, weil der Schuldner die Geldstrafe in dem kritischen Zeitraum unter dem Druck der drohenden Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB) aus dem pfändbaren Vermögen geleistet hat. Zudem wäre wegen der Kenntnis der StA von dem Insolvenzeröffnungsantrag auch § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO einschlägig gewesen. Rechtsfolge ist deshalb die Rückgewähr zur Insolvenzmasse sowie das Wiederaufleben der Forderung auf Zahlung der Geldstrafe nach den § 143 Abs. 1 InsO, § 144 Abs. 1 InsO.  

     

    Praxishinweis

    Selbst wenn die Geldstrafe als rein vermögensrechtlicher Zahlungsanspruch des Justizfiskus wiederauflebt, wird man die Zulvässigkeit der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe - deren Anordnung ja auch eine unverschuldete Insolvenz nicht entgegensteht (BVerfG 24.8.06, 2 BvR 1552/06, NJW 06, 3626) - schon deshalb verneinen müssen, weil die bereits erfolgte Entrichtung der Geldstrafe ein Vollstreckungshindernis begründet (§ 459e Abs. 4 StPO), für deren nachträgliches Entfallen keine gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Nicht übersehen werden darf allerdings auch, dass die anfechtbare Zahlung einer Geldstrafe zur Vermeidung einer Ersatzfreiheitsstrafe folgendes Risiko für den Schuldner birgt: Wegen der vom BGH bejahten inkongruenten Deckung droht insoweit eine Strafbarkeit wegen Gläubigerbegünstigung nach § 283c Abs. 1 StGB und infolgedessen die Versagung einer Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO.(SL)  

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