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  • 23.03.2011 | Steuerhinterziehung

    Unterlassungstat: Tatvollendung regelmäßig ein Jahr nach Ablauf der Erklärungsfrist?

    von VRiLG Alexander Meyberg, München/Karlsruhe

    Bei der Hinterziehung von Veranlagungssteuern durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) könnte - zumindest bei einfach gelagerten Sachverhalten - Tatvollendung regelmäßig ein Jahr nach Ablauf der Erklärungsfrist eintreten (BGH 19.1.11, 1 StR 640/10, Abruf-Nr. 110882).

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte erzielte mit seinem Umzugsunternehmen in den Jahren 2002 und 2003 Umsätze, gab aber keinerlei Steuererklärungen ab und hat so jeweils ESt und USt hinterzogen. Das LG hat ihn wegen vollendeter Steuerhinterziehung in vier Fällen verurteilt. Die Annahme des LG, Vollendung dürfte „spätestens ein Jahr nach Ablauf der Einreichungsfrist“ eingetreten sein, hat den BGH veranlasst, zum Zeitpunkt der Tatvollendung bei Unterlassungstaten Stellung zu nehmen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) wird die Schwelle vom Versuch zur Tatvollendung zu dem Zeitpunkt überschritten, zu welchem die geschuldete Steuer festgesetzt worden wäre.  

     

    • Bei zu zahlender USt (=Anmeldungssteuer) steht die Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung gleich (§ 168 AO). Deshalb tritt Tatvollendung - und zugleich Tatbeendigung - mit Ablauf des Fälligkeitstages ein (ständige Rechtsprechung, z.B. BGH 2.12.08, 1 StR 344/08, wistra 09,189).

     

    • Bei Veranlagungssteuern (hier: ESt) tritt der die Tatvollendung begründende Hinterziehungserfolg zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Veranlagung stattgefunden hätte, wenn die Erklärung pflichtgemäß - also rechtzeitig - eingereicht worden wäre. Die Rechtsprechung hat hierzu bislang nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem die Veranlagungsarbeiten im zuständigen FA für den betreffenden VZ „im Wesentlichen“ abgeschlossen waren (BGH 28.10.98, 5 StR 500/98, wistra 99, 385; BGH 2.11.10, 1 StR 544/09, PStR 11, 31, Abruf-Nr. 110135), und hat hierbei mitunter einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren angenommen. Im Streitfall waren bis zur Einleitung des Steuerstrafverfahrens mehr als 2 ½ Jahre vergangen. Der BGH hat deshalb ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt der Mitteilung der Verfahrenseinleitung - also dem Zeitpunkt, ab dem im Hinblick auf den Nemo-tenetur-Grundsatz die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe einer Erklärung suspendiert wird (BGH 23.1.02, 5 StR 540/01, wistra 02, 150) - Tatvollendung noch nicht eingetreten war.

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