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  • 01.03.2007 | Steuerhinterziehung

    Parallelität von Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren

    von ORR Stefan Faiß, Sachgebietsleiter der StraBu, Stuttgart

    Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren sind zwei eigenständige Verfahren, für die die jeweils für sie geltenden Vorschriften anzuwenden sind (§ 393 Abs. 1 AO). Beide Verfahren laufen zeitlich häufig parallel zueinander, unterliegen aber eigenen Verfahrensvorschriften. Mitunter kommt es dabei – wie im folgenden Beispiel – zu kuriosen Ergebnissen. 

     

    Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren

    Steuerbürgerin A besitzt eine Eigentumswohnung, die sie an einen fremden Dritten vermietet. Im Jahre 1998 wird die Wohnung der A von Grund auf saniert. Die Kosten für die Sanierung betragen 30.000 DM. Da A das Geld nicht aufbringen kann, übernimmt ihr Vater B die Rechnungen und schließt für die Reparaturarbeiten selbst die Werkverträge mit den Handwerkern ab. In der ESt-Erklärung 1998 macht A die Erhaltungsaufwendungen für die Sanierung der Wohnung als Werbungskosten geltend. Sie teilt dem FA die Herkunft der Geldmittel nicht mit, da sie der Überzeugung ist, es sei egal, ob ihr Vater ihr zuerst das Geld für die Wohnungssanierung gibt, oder er die Sanierung selbst in Angriff nimmt und die Rechnungen selbst bezahlt (abgekürzter Zahlungsweg).  

     

    Im Jahr 2000 findet bei A eine Außenprüfung statt. Der Prüfer deckt den Sachverhalt auf und zieht A die Werbungskosten mit der Begründung ab, sie habe keine eigenen Aufwendungen bezüglich der Sanierung der Wohnung gehabt. Zugleich teilt der Prüfer den Sachverhalt der Straf- und Bußgeldstelle mit, die gegen A am 15.6.00 ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung einleitet. A legt gegen die geänderten ESt-Bescheide Einspruch ein.  

     

    Am 1.6.05 ergeht gegen A ein Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung. A akzeptiert das Urteil, betreibt das Rechtsbehelfsverfahren aber weiter. Am 15.11.05 entscheidet der BFH (BFH 15.11.05, IX R 25/03, Abruf-Nr. 053732) in einem vergleichbaren Sachverhalt zugunsten des Klägers. Leitsatz des BFH: „Schließt ein Dritter in eigenem Namen einen Werkvertrag über Erhaltungsaufwendungen am vermieteten Grundstück des Steuerpflichtigen ab und leistet er die vereinbarte Vergütung, so kann der Steuerpflichtige diesen Aufwand auch dann bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Wertungskosten abziehen, wenn der Dritte dem Steuerpflichtigen den Betrag zuwendet.“ Das FA hilft daraufhin dem Einspruch der A ab.  

     

    Der Strafbefehl bleibt, obwohl das FA in der gleichen Sache letztlich abgeholfen hat. Um ein solches unbilliges Ergebnis zu vermeiden, gibt es zwei Möglichkeiten:  

     

    • Zum einen könnte die Straf- und Bußgeldstelle, bzw. der Strafrichter solche Fälle mit der Begründung verjähren lassen, dass noch ein Rechtsbehelfsverfahren anhängig ist und eine Entscheidung vor Abschluss des Besteuerungsverfahrens zu einem unbilligen Ergebnis führen kann. Dann ist aber zu prüfen, ob sich die verantwortlichen Beamten nicht einer Strafvereitelung im Amt nach § 258a StGB strafbar machen. Einer Strafvereitelung im Amt macht sich strafbar, wer als Amtsträger absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird. Bei wissentlichem Verjährenlassen von Straftaten wird die Bestrafung eines Beschuldigten vereitelt. Einer Strafbarkeit nach § 258a StGB könnte jedoch die Anhängigkeit eines Rechtsbehelfsverfahrens entgegenstehen. Nach § 393 Abs. 1 AO handelt es sich jedoch bei beiden Verfahren um separate Verfahren.

     

    • Zum anderen kommt in derartigen Fällen regelmäßig eine Aussetzung des Verfahrens nach § 396 AO in Betracht. Durch die Aussetzung ruht die Verjährung. Problematisch ist dabei jedoch die damit einhergehende Verfahrensverzögerung, die stets strafmindernd zu berücksichtigen ist. Eine Aussetzung des Verfahrens wird daher selten in Erwägung gezogen.

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