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  • 22.09.2010 | Steuerhinterziehung

    Indizwirkung „versuchter“ Regelbeispiele für § 370 Abs. 3 AO

    von RA Sascha Lübbersmann, RAe Ammermann Knoche Boesing, Münster

    Die Regelwirkung des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO tritt bei versuchter Steuerhinterziehung auch dann ein, wenn die Verkürzung bzw. nicht gerechtfertigte Vorteilserlangung in großem Ausmaß ebenfalls lediglich versucht worden ist (BGH 28.7.10, 1 StR 332/10, Abruf-Nr. 102933).

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte ließ beim FA eine unrichtige Umsatzsteuervoranmeldung einreichen. Darin wurde zu Unrecht ein Vorsteuerbetrag von mehr als 534.000 EUR aus gefälschten Rechnungen geltend gemacht. Das FA zahlte die geltend gemachten Vorsteuern nicht als Erstattungsbetrag aus, sondern leitete eine Umsatzsteuersonderprüfung ein. Das LG verurteilte den Angeklagten insoweit wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchter Steuerhinterziehung und ging bei der Strafrahmenwahl für das letztgenannte Versuchsdelikt von dem nach § 23 Abs. 2 StGB i.V. mit § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des besonders schweren Falls nach § 370 Abs. 3 AO aus. Die hiergegen gerichtete Revision blieb erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nach den von dem 1. Strafsenat aufgestellten Wertgrenzen zielte die beabsichtigte Steuererstattung auf einen ungerechtfertigten Steuervorteil „in großem Ausmaß“ (BGH 2.12.08, 1 StR 416/08, PStR 09, 15, 25, Abruf-Nr. 083965). Der Umstand, dass das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO mangels tatsächlicher Erstattung nur versucht worden war, steht dem Eintritt der Regelwirkung für den Strafrahmen des besonders schweren Falles nicht entgegen, denn bei der versuchten Steuerhinterziehung sei auch für die Indizwirkung der Regelbeispiele auf den subjektiven Tatentschluss abzustellen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Rechtsprechung zu § 243 StGB (BGH 18.11.85, 3 StR 291/85, BGHSt 33, 370) und weist zudem auf die fakultative Milderung des erhöhten Strafrahmens nach § 23 Abs. 2 StGB hin.  

     

    Gegenteiliges folge auch nicht daraus, so der 1. Strafsenat, dass für die Indizwirkung des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB von der ständigen Rechtsprechung (BGH 9.1.07, 4 StR 428/06, wistra 07, 183) auch bei einem Betrugsversuch immer der tatsächliche Eintritt eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes verlangt wird, der bloße Versuch des Regelmerkmals mithin nicht ausreicht. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der dort im Regelbeispiel verwendete Begriff des Vermögensverlusts enger sei als der des Grunddelikts und sich deshalb eine Ausdehnung auf bloße Gefährdungsschäden verbiete, während bei § 370 AO sowohl das Grunddelikt als auch das einschlägige Regelbeispiel das wortlautidentische Merkmal der Steuerverkürzung voraussetzen.  

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