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  • 01.03.2007 | Spekulationssteuer

    BVerfG untersagt Verurteilung wegen Hinterziehung von Spekulationssteuer 1997

    von RA Johann Seipl und RA Jörg Wiese, München
    Das BVerfG hat mit Urteil vom 9.3.04 die Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b EStG in der Neufassung des EStG vom 16.4.97 für nichtig erklärt (BVerfGE 110, 94). Damit ist die Grundlage für eine strafrechtliche Verurteilung wegen der Hinterziehung der aus Spekulationsgewinnen zu entrichtenden Steuer entfallen. Vor diesem Hintergrund stellte das BVerfG nun klar, dass der Beschluss des BayObLG vom 11.3.03 (wistra 03, 315) den Verurteilten in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzte (BVerfG 8.11.06, 2 BvR 620/03, Abruf-Nr. 070528).

     

    Sachverhalt

    Die teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerde betraf die Verfassungsmäßigkeit strafrechtlicher Verurteilungen wegen der Hinterziehung von Zinserträgen im VZ 1993 und von Spekulationsgewinnen im VZ 1997. Diesbezüglich war der Beschwerdeführer sowohl vom AG als auch vom LG zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die Revision des Beschwerdeführers hatte das BayObLG mit Beschluss vom 11.3.03 verworfen (wistra 03, 315). Diese Entscheidung war im Vorfeld des „Tipke-Urteils“ des BVerfG vom 9.3.04 (BVerfGE 110, 94) ergangen.  

     

    Die zuvor vom BFH erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Besteuerung von Spekulationsgewinnen (vgl. Vorlagebeschluss des BFH vom 16.7.02, BStBl II 03, 74) waren dem BayObLG hingegen bereits bekannt. Es war jedoch der Meinung, es müsse seinerseits keine Entscheidung des BVerfG einholen, da die Klärung der in Rede stehenden verfassungsrechtlichen Fragen zur abschließenden Beurteilung des zu entscheidenden Streitfalls nicht unerlässlich sei. Es sei nämlich – so das BayObLG wörtlich – „auszuschließen“, dass eine auf der Verletzung des Gebots der Steuergerechtigkeit beruhende Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b EStG 1997 die Nichtigkeit dieser Norm zur Folge habe. Es komme lediglich eine Unvereinbarerklärung mit Fortgeltungsanordnung in Betracht, was eine strafrechtliche Verurteilung nicht ausschließe. Wie sich im Nachhinein gezeigt hat, war die Prognose des BayObLG unzutreffend. Mit Urteil vom 9.3.04 (a.a.O.) hat das BVerfG bekanntlich für die Jahre 1997 und 1998 eine Nichtigerklärung ausgesprochen. 

     

    Entscheidungsgründe

    Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde insoweit nicht zur Entscheidung angenommen, als sich diese auch gegen die Verurteilung wegen der Hinterziehung von ESt im Jahre 1993 (Zinserträge) richtete. Insoweit sei die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Der Beschwerdeführer hätte es versäumt, seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Besteuerung von Kapitaleinkünften im VZ 1993 (Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG) im sachnäheren Steuerverfahren vorzutragen und daher den Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht beachtet. Im Übrigen genüge die Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch auf ein faires Verfahren nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Insbesondere hätte sich der Beschwerdeführer nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Staat zunächst die Auswirkungen des seit dem 1.1.93 geltenden Zinsabschlagsgesetzes abwarten durfte und es deshalb an einer dem Staat zurechenbaren, möglicherweise im Jahre 1993 gegebenen Belastungsungleichheit fehlen könnte.  

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