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  • 01.06.2007 | Schätzung

    In dubio pro reo im Besteuerungsverfahren

    von LRD Max Rau, STRAFA-FA Köln

    Jüngst hat sich der BFH erneut mit den für die Praxis wichtigen Anforderungen des Nachweises der Steuerhinterziehung im Besteuerungsverfahren unter Berücksichtigung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ befasst. Nach seiner Auffassung sind die subjektiven und objektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO und § 370 AO auch bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten dem Grunde nach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen. Dies soll auch für die Verletzung sog. erweiterter Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerpflichten nach § 90 Abs. 2 AO gelten (BFH 7.11.06, VIII R 81/04, PStR 07, 93, Abruf-Nr. 070567). 

     

    Es handelt sich um einen Rechtsstreit aus dem Bereich der sog. Bankenfälle. Der Kläger hatte in 1999 nach einem Auskunftsersuchen des STRAFA-FA in einer Selbstanzeige Kapitaleinkünfte aus Auslandsvermögen nacherklärt und vorgetragen, die Anlagen seien im Jahr 1993 im Zusammen­hang mit der Einführung der Zinsabschlagsteuer erfolgt. Strittig blieben Anlagezeitpunkt und Herkunft eines Wertpapierbestandes in Luxemburg.  

     

    Der Kläger hatte zunächst eine Erträgnis- und Zinsaufstellung der luxemburgischen Bank für die Jahre 1992 bis 1994 vorgelegt, aus der sich für 1992 ein Wertpapierbestand von 39.000 DM und für 1993 von 728.000 DM ergaben. Ergänzend behauptete der Kläger, er habe erst Ende 1992 aus im Inland vorhandenen Vermögen einen Betrag i.H. von 600.000 DM nach Luxemburg überwiesen. Auf Nachfrage der Steufa erklärte er die Herkunft dieser Mittel mit Erlösen aus einem Hausverkauf sowie einem Guthaben bei einer inländischen Bank, das er auszugsmäßig belegte. In den Jahren vor 1993 habe er im Übrigen seine Zinsen ordnungsgemäß erklärt. 

     

    Die Steufa dagegen war der Auffassung, für die Schätzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sei zum 1.1.87 von einem Anfangsvermögen von 250.000 DM auszugehen, das sich jährlich um einen Ansparbeitrag von 30.000 DM und die Wiederanlage der Zinsen erhöht habe. Es wurden entsprechend geänderte Steuerbescheide für die Jahre 1987 bis 1992 erlassen. Im Laufe des Klageverfahrens wies der Kläger insgesamt 1,1 Mio. DM Privatentnahmen nach und legte einen Kontoauszug seiner Bank aus August 1992 vor mit einem Kontokorrentguthaben von 370.000 DM, das aus einem kurz vorher erfolgten Hausverkauf stammen sollte.  

     

    Das FG Düsseldorf gab der Klage statt, da nach vorliegender BFH-Rechtsprechung auch im Steuer­festsetzungsverfahren der Grundsatz „in dubio pro reo“ und das „nemo tenetur“-Prinzip zu beachten seien und nach Überzeugung des Senats nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden konnte, dass der Kläger in den Streitjahren Kapitaleinkünfte vorsätzlich oder leichtfertig nicht erklärt hatte.  

     

    Allerdings ließ das FG die Revision u.a. deshalb zu, weil sich der Senat in Widerspruch zu einem BFH-Urteil des 4. Senats aus 1998 sah, wonach sich trotz des Grundsatzes „in dubio pro reo“ das Beweismaß mindere, wenn die vollständige Aufklärung eines Sachverhalts scheitere, weil der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme (BFH 2.7.98, BStBl II 99, 28). 

     

    1. Entscheidungsgründe des BFH

    Der BFH hat die Revision des FA zurückgewiesen, da das FG seine Entscheidung im Ergebnis zu Recht auf den Grundsatz „in dubio pro reo“ gestützt habe. Es sei in diesem Bereich grundsätzlich zwischen den Fragen zu entscheiden, nach welchen Maßstäben im Besteuerungsverfahren  

    • das Vorliegen einer Steuerhinterziehung und
    • deren genaue Höhe

     

    festzustellen sind. Zum ersten Punkt wird auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5.3.79 verwiesen, wonach auch im Besteuerungs- und Finanzgerichtsverfahren der strafverfahrensrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo“ zu beachten sei (BFH 5.3.79, BFHE 127, 140, 145). Die Finanzbehörde trage die Beweislast (Feststellungslast) für anspruchsbegründende Tatsachen. Bezüglich des Vorliegens einer Steuerhinterziehung sei allerdings kein höherer Grad an Gewissheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das FA die Feststellungslast trage. 

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