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  • 25.08.2008 | Kapitalertragsteuer

    Keine Verlängerung der Festsetzungsverjährung zugunsten steuerunehrlicher Bürger

    von RA Dr. Claus-Arnold Vogelberg, Münster
    Mit der durch § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungs­frist soll der Steuerfiskus ihm vorenthaltene Beträge auch noch nach Ablauf der normalen Festsetzungsfrist einfordern können. Sinn und Zweck der Bestimmung besteht nicht darin, es dem Steuerhinterzieher zu ermöglichen, Erstattungsbeträge über die reguläre Festsetzungsfrist hinaus zu realisieren (BFH 26.2.08, VIII R 107, Abruf-Nr. 082023).

     

    Sachverhalt

    Mit Bescheid vom 21.6.99 setzte das FA erklärungsgemäß die ESt 1997 auf 0 DM fest. Am 24.12.04 ging beim FA ein als Selbstanzeige und strafbefreiende Erklärung bezeichnetes Schreiben der Kläger ein. Für das Jahr 1997 war die Anlage KSO nebst Steuerbescheinigung einer Bank beigefügt. Das FA stellte fest, dass es bei Anrechnung der KapSt und KSt zu einer Steuererstattung i.H. von 7.445 DM gekommen wäre. Eine Änderung des ESt-Bescheides lehnte das FA gleichwohl unter Hinweis auf die 4-jährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO) ab. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei nicht zulässig, weil die Festsetzungsverjährung bereits eingetreten sei. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG München der Klage statt. 

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG werden auf die ESt die durch Abzug bereits erhobenen und abgeführten Steuern angerechnet. Dabei handelt es sich um einen selbstständigen Verwaltungsakt, der Teil des Erhebungsverfahrens ist. Da die Selbstanzeige nach Ablauf der Festsetzungsfrist von 4 Jahren erstattet worden ist, war die Festsetzungsverjährung eingetreten. Folglich können die Kapitaleinkünfte bei der Veranlagung nicht mehr erfasst werden mit der Folge, dass auch eine Anrechnung von Steuern ausscheidet. 

     

    Die Festsetzungsfrist war nicht nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf fünf ober zehn Jahre verlängert. Es kann dahinstehen, ob die höchstrichterlich bislang nicht geklärte und von der Vorinstanz bejahte Streitfrage, ob der objektive und subjektive Tatbestand der ESt-Hinterziehung oder der leichtfertigen ESt-Verkürzung zu bejahen ist, wenn aufgrund einer unrichtigen Steuer­erklärung die ESt zwar zu niedrig festgesetzt ist, die ESt andererseits aber durch Steuerabzug bereits erhoben worden ist. Denn die Regelung der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO ist dahingehend zu interpretieren, dass sie einen hinterzogenen Betrag i.S. eines Anspruchs des Fiskus auf eine Abschlusszahlung voraussetzt, der wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung bislang nicht realisiert werden konnte. Der Normzweck des § 169 Abs. 2 S. 2 AO besteht gerade darin, es dem geschädigten Steuergläubiger zu ermöglichen, die ihm vorenthaltenen Steuerbeträge auch noch nach Ablauf von vier Jahren zu fordern. Hingegen ist es nicht Sinn des Normzwecks, den Hinterzieher in die Lage zu versetzen, Erstattungsansprüche über die reguläre Verjährungs­frist hinaus realisieren zu können. § 169 Abs. 2 S. 2 AO ist auf eine verfahrensrechtliche Schlechterstellung des Steuerhinterziehers im Vergleich zum steuerehrlichen Bürger angelegt. 

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