Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 26.03.2010 | Insolvenz

    Nichtabführung von Lohnsteuer in der Krise

    von RAin Dr. Steffi Kindler, Berlin

    Gerät das Unternehmen in die Insolvenz, kann die gemäß § 380 AO bußgeldbewehrte Lohnsteuerabführungspflicht des Arbeitgebers mit der gesellschaftsrechtlichen Pflicht des Geschäftsführers zur Sicherung der Masse (§ 64 S. 1 GmbHG) in Konflikt geraten. Wie dieser Konflikt aufzulösen ist, insbesondere ob die von der Rechtsprechung des BGH im Beitragsstrafrecht auf Basis der Vorrangthese des § 266a StGB entwickelte Rechtfertigungslösung auch im Bereich der Lohnsteuer (LSt) Geltung beanspruchen kann, ist eine bislang ungeklärte Rechtsfrage.  

    1. Der Konflikt zwischen § 380 AO und § 64 S. 1 GmbHG

    Gemäß § 38 Abs. 3 EStG, § 41a Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die LSt für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und an die zuständige Finanzbehörde abzuführen. Unterlässt er dies vorsätzlich oder leichtfertig, begeht er gemäß § 380 Abs. 1 AO eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 25.000 EUR geahndet werden kann (§ 380 Abs. 2 AO). Ist der Arbeitgeber eine juristische Person oder Personenvereinigung, trifft die bußgeldbewährte LSt-Abführungspflicht deren gesetzliche Vertreter, die für den eigentlichen Normadressaten handeln bzw. in dessen Verantwortung stehen (§ 34 AO, § 9 OWiG).  

     

    Bei Liquiditätsengpässen des Unternehmens im Vorfeld einer insolvenzrechtlichen Krise widerstreben der steuerrechtlichen LSt-Abführungspflicht die Regelungen in § 15a Abs. 1 InsO und § 64 S. 1 GmbHG. Nach § 15a Abs. 1 InsO (§ 64 Abs. 1 S. 1 GmbHG a.F.) hat der Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Werden trotz Insolvenzreife Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet, ist der Geschäftsführer zwecks Massesicherung gemäß § 64 S. 1 GmbHG (§ 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F.) der Gesellschaft zum Ersatz dieser Zahlungen verpflichtet, es sei denn, sie sind gemäß § 64 S. 2 GmbHG (§ 64 Abs. 2 S. 2 GmbHG a.F.) mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar (vergleichbare Pflichten ergeben sich aus § 92 Abs. 2 S. 1, 2 AktG und § 130a HGB).  

     

    Sofern man die Erfüllung der LSt-Abführungspflicht als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht vereinbar ansieht, ergibt sich unter dem Gesichtspunkt der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung ein Normenkonflikt. Der Geschäftsführer läuft Gefahr, sich entweder bei Erfüllung der LSt-Abführungspflicht aus § 38 Abs. 3 EStG, § 41a Abs. 1 EStG i.V. mit § 34 AO der zivilrechtlichen Ersatzpflicht aus § 64 S. 1 GmbHG auszusetzen oder sich bei Erfüllung des Zahlungsverbots aus § 64 S. 1 GmbHG wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 380 Abs. 1 AO, § 9 Abs. 1 OWiG bußgeldrechtlich haftbar zu machen.  

    2. Die Vorrangrechtsprechung zu § 266a StGB

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents