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  • 25.05.2010 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet

    Selbstanzeige Nr. 2: Sperrt Liechtenstein die Schweiz?

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige tritt gemäß § 371 Abs. 2 AO nicht ein, wenn einer der dort genannten Sperrgründe vorliegt. So erleidet eine Selbstanzeige z.B. Schiffbruch, wenn wegen der Tat die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt gegeben wurde (§ 371 Abs. 2 Nr. 1b AO) oder wenn die Tat entdeckt war (§ 371 Abs. 2 Nr. 2 AO). Zentrale Bedeutung gewinnt die inhaltliche Reichweite des Begriffs der Tat. Schwierigkeiten können sich insofern bei der Frage ergeben, ob eine frühere Selbstanzeige dieselbe Tat betrifft und ob damit eine spätere zweite Anzeige gesperrt ist.  

    Frage des Steuerberaters

    In 2008 hat mein Mandant Selbstanzeige erstattet und hierbei Kapitalerträge aus Liechtenstein für die VZ 2002 bis 2006 nacherklärt. Das Strafverfahren ist zwischenzeitlich eingestellt. Nach dem Auftauchen der Schweizer „Steuersünder-CD“ möchte der Mandant nun für die VZ 2004 bis 2008 auch noch bisher verschwiegene Kapitalerträge aus der Schweiz nacherklären. Kann der Mandant noch einmal Straffreiheit durch eine Selbstanzeige erlangen? Droht die Unwirksamkeit der ersten Selbstanzeige?  

    Antwort des Verteidigers

    Was das Schicksal der ersten Selbstanzeige angeht so besteht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass die Selbstanzeige insoweit (§ 371 Abs. 1 AO) auch strafbefreiende Wirkung entfaltet. Dies soll auch für den Fall einer „dolosen Teilberichtigung“ gelten, in dem der Täter sehr wohl weiß, dass er nicht den gesamten steuerlichen Sachverhalt offenbart hat (Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 Rn. 68). Es ist daher nicht zu befürchten, dass aufgrund der Schweizer Nacherklärung die Liechtensteiner Selbstanzeige nachträglich scheitert.  

     

    Es stellt sich aber die Frage, ob die strafbefreiende Wirkung einer Berichtigungserklärung dadurch gesperrt ist, dass die Tat entdeckt und wegen der Tat die Mitteilung der Einleitung eines Strafverfahrens erfolgt ist. Hierfür kommt es bei den Sperrgründen nach § 371 Abs. 2 Nr. 1b und Nr. 2 AO darauf an, was mit dem Begriff der Tat gemeint ist. Die Sperrgründe würden dann nicht greifen, wenn die Nichterklärung der Kapitalerträge aus Liechtenstein eine andere Tat im Sinne der Vorschriften wäre als das Vorenthalten der Erträge aus der Schweiz. Die Reichweite des Tatbegriffs, die gleichzeitig den sachlichen Umfang der Sperrwirkung markiert, ist überaus umstritten. Den weitesten Rahmen zieht die Auffassung, die sich am prozessualen Tatbegriff des § 264 StPO orientiert (LG Stuttgart 16.4.85, wistra 85, 203) und die als Tat das einheitliche historische Ereignis versteht, bei dem verschiedene Vorgänge so miteinander verknüpft sind, dass ihre getrennte Aburteilung in verschiedenen erstinstanzlichen Verfahren einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (Meyer-Goßner, StPO, § 264 Rn. 3). Als ein und dieselbe Tat in einem solchen prozessualen Sinne hat der BGH z.B. die vorsätzliche Verletzung mehrerer umsatzsteuerlicher Erklärungspflichten für ein und dasselbe Kalenderjahr angesehen (BGH 17.3.09, PStR 09, 150). Der Ansicht, die sich am strafprozessualen Tatbegriff orientiert, wird zu Recht entgegengehalten, dass es sich bei § 371 AO nicht um eine Vorschrift des Verfahrensrechts handelt. Als Rechtsfolge sieht § 371 AO Straffreiheit vor und bewirkt nicht etwa nur ein Verfahrenshindernis. Es handelt sich daher um eine Vorschrift des materiellen Rechts.  

     

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