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  • 01.04.2007 | Betriebsprüfung

    § 147 Abs. 6 AO: Datenzugriff auf Kostenstellen

    von OAR Dipl.-Finw. Michael Braun, Korb
    Die Entscheidung darüber, welche Daten dem Datenzugriff unterliegen, trifft der Steuerpflichtige im Rahmen seines Erstqualifikationsrechts. Bei konkreten Anhaltspunkten kann diese Entscheidung aber durch die Finanzverwaltung nachgeprüft werden. Der Datenzugriff umfasst Kostenstellen nur insoweit, als sie für die Bewertung von Wirtschaftsgütern oder Passiva von Bedeutung sind. Ergeben sich die Daten bereits aus der Finanzbuchhaltung oder Anlagenbuchhaltung, auf die die Finanzbehörde zugreifen kann, so ist das Verlangen auf Zugriff auf Kostenstellen nicht ermessensgerecht (FG Rheinland-Pfalz 13.6.06, 1 K 1743/05, Abruf-Nr. 063116).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin (GmbH) gewährte den Betriebsprüfern den Nur-Lese-Zugriff (Z 1) auf das im Betrieb verwendete DV-System SAP. Die Prüfer begehrten aber auch den Zugriff auf die Daten der Kostenstellenrechnung, erhielten jedoch nur den Kostenstellenplan sowie 3 Kostenstellen für die Bereiche Beteiligungen und Warenbewertung. Die Prüfer beharrten auf dem Zugriff auf alle Kostenstellen mit der Begründung, dass diese zur Überprüfung der sofort abziehbaren Betriebsausgaben, die unmittelbare Auswirkungen auf den Gewinn hätten, erforderlich sind.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht entschied, dass der Datenzugriff auf die Kostenstellen in dem begehrten Umfang nicht möglich sei. Das Gericht führte aus: 

    • Bei der Kostenstellenrechnung handele es sich um sonstige Unterlagen, die nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur aufzubewahren sind, wenn sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dabei beschränke sich die Vorlagepflicht nicht auf gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnungen, sondern es seien alle steuerlich bedeutsamen Aufzeichnungen und Urkunden vorzulegen, die tatsächlich geführt werden.
    • Die Entscheidung, welche Daten dem Datenzugriff unterliegen, obliege im Einzelfall dem Erstqualifikationsrecht des Steuerpflichtigen. Diese Entscheidung könne aber bei konkreten Anhaltspunkten durch die Finanzverwaltung überprüft werden.
    • Die Kostenrechnungen enthalten zum einen steuerlich relevante Daten, zum anderen aber auch umfangreiches Zahlenmaterial, das nur der Unternehmensführung und -kontrolle diene und der Betriebsprüfung nicht vorzulegen sei.
    • Der vom FA verlangte Zugriff auf Kostenstellen könne nur insofern gewährt werden, als diese für die Bewertung von Wirtschaftsgütern oder Passiva von Bedeutung – also z.B. Beteiligungen, Bewertung von Wirtschaftsgütern, Rückstellungen, Verrechnungspreise – und deshalb aufbewahrungs- und vorlagepflichtig seien.
    • Da die Klägerin bereits drei Kostenstellenrechnungen für Beteiligungen und Warenbewertung vorgelegt habe, sei – auch wegen des klaren Regelungsgehalts des § 147 Abs. 6 AO, mit dem eine Erweiterung des sachlichen Umfangs einer Außenprüfung eben nicht verbunden ist, – das darüber hinausgehende Verlangen des FA nicht ermessensfehlerfrei.
    • Der Zugriff auf die Kostenstellen sei nicht notwendig, da die Daten zu den sofort abziehbaren Betriebsausgaben bereits aus der Finanzbuchhaltung hervorgehen. Allein die Tatsache, dass die Ermittlung der Daten über die Buchhaltung arbeits- und zeitaufwändiger sei, mache den Datenzugriff nicht notwendig i.S. der erforderlichen Ermessensabwägung.
    • Zudem sei das Ziel des FA auch unter Anwendung der Prüfsoftware IDEA erreichbar – wenngleich auch umständlicher. Sollte dies im Wege des Z 1-Zugriffes (Nur-Lese-Zugriff) nicht möglich sein, ist der den Steuerpflichtigen weniger belastende Z 3-Zugriff (gespeicherte Daten werden auf maschinell verwertbarem Datenträger zur Verfügung gestellt) zu wählen. Es sei Sache der Finanzverwaltung, eine entsprechend leistungsfähige technische Ausrüstung vorzuhalten, die es ermögliche, selbst große Datenmengen auszuwerten. Werden anlässlich dieser Auswertung Auffälligkeiten festgestellt, wird sich der Steuerpflichtige der Anforderung einzelner Kostenstellen kaum entziehen können.

     

    Praxishinweis

    Das Urteil stellt klar, dass zwar der Steuerpflichtige das Erstqualifikationsrecht hat, was er als „steuerlich relevant“ einstuft. Bei konkreten Anhaltspunkten hat das FA allerdings das Recht, diese Entscheidung einer Überprüfung zu unterziehen und ggf. den Zugriff auf weitere Daten zu verlangen. Wird dem Prüfer auch Zugriff auf andere Daten gewährt, darf er diese uneingeschränkt auswerten. 

    Karrierechancen

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