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  • 28.09.2009 | Aktuelle Gesetzgebung

    Das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz - neue praktische Probleme und rechtliche Risiken

    von RA Dr. Jörg Schauf und RA Markus Adick, Bonn

    Das stark kritisierte Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz (StHBekG) ist seit dem 1.8.09 in Kraft. Die das StHBekG ausfüllende Verordnung (Steuer­hinterziehungsbekämpfungsverordnung = StHBekV) ist am 18.9.09 vom Bundesrat beschlossen worden. Die jüngste Initiative des Gesetzgebers zur Bekämpfung steuerschädlicher Praktiken ist damit vorerst abgeschlossen. Für Unternehmen und für Privatpersonen hat sie neue Pflichten sowie steuerrechtliche und strafrechtliche Risiken geschaffen, deren Brisanz erst in der praktischen Umsetzung vollständig deutlich werden wird. Erstmals anzuwenden sind die neuen Vorschriften für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.09 beginnen, sodass das StHBekG den Steuerbürger und Rechtsanwender grundsätzlich ab dem 1.1.10 begleiten wird. Einige praktische Probleme, die künftig die Beratungs­praxis beeinflussen werden, zeichnen sich bereits ab. Die nachstehende Liste beantwortet ausgewählte Fragen, die sich für Privatpersonen und Unternehmen stellen.  

     

    Checkliste: Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz

    Frage

    Antwort  

    1.Was regeln das StHBekG und die StHBekV?

    Das StHBekG und die StHBekV treffen für juristische Personen, die Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Staaten und Gebieten unterhalten, und für natürliche Personen mit bestimmtem Einkommen, die Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Staaten und Gebieten unterhalten, verschärfte steuerliche Mitwirkungs- und Offenbarungspflichten. Eine Verletzung dieser Pflichten ist mit steuerlichen Nachteilen, aber auch mit der Gefahr strafrechtlicher Sanktionen verbunden.  

    2.Ab welchem Zeitpunkt wirken sich die verschärften Regeln aus?

    Grundsätzlich wirken sich die verschärften Regeln nach Art. 97 § 22 Abs. 2 EGAO (n.F.) i.V. mit § 5 StHBekG ab dem 1.1.10 aus. Abweichungen können sich für Steuerpflichtige ergeben, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr gewählt haben.  

    3.Geschäftsbeziehungen mit welchen Staaten können erhöhte Dokumentations- und Mitwirkungspflichten auslösen?

    Hier herrscht derzeit noch erhebliche Unsicherheit. Die von der Bundesrepublik angekündigte „schwarze Liste“ mit Steuer­oasen hat folgende Länder dazu bewogen, Auskunftsabkommen zu schließen oder dies zumindest anzukündigen:  

    • Liechtenstein, Guernsey, Jersey, Isle of Man, Vereinigte Arabische Emirate, Dubai (abgeschlossen);
    • Schweiz, Kaimaninseln, Andorra, Österreich, Luxemburg, Monaco, Hongkong, Macau, Singapur, San Mariono, Costa Rica, Uruguay, Malaysia, Philippinen, Türkei (angekündigt).

     

    Um jedes Risiko zu vermeiden, ist Steuerpflichtigen zu raten, Beweissicherung zu betreiben und auch Geschäftsbeziehungen in solche Gebiete zu dokumentieren, die Auskunftsabkommen bisher lediglich angekündigt haben.  

    4.Wie kann der Steuer­pflichtige in Erfahrung ­bringen, welche Staaten und Gebiete künftig betroffen sind?

    Auch insoweit herrscht Unklarheit. Es ist beabsichtigt, dass das BMF hierzu Erläuterungen herausgibt. Der Steuerpflichtige bzw. sein Berater wird regelmäßig die im Bundessteuerblatt zu veröffentlichende „schwarze Liste“ kontrollieren müssen.  

    5.Was ist eine Geschäfts­beziehung?

    Dies ist bisher weder durch das Gesetz noch durch die Rechtsprechung geklärt. Um jedes Risiko steuerlicher Nachteile oder sonstiger Sanktionen zu vermeiden, wird man als Geschäftsbeziehung bereits jeden Kontakt zu Behörden und Institutionen ansehen müssen, der nicht offenkundig rein privat ist.  

    6.Wenn schwarzes Vermögen bei einer Bank im Ausland ertraglos gestellt wird, liegt dann noch eine schädliche Geschäfts­beziehung vor?

    Zwar spricht unseres Erachtens vieles dafür, eine Geschäftsbeziehung abzulehnen, wenn keine Beziehung zu einem Geschäftspartner besteht, die auf die laufende Besteuerung Auswirkungen hat.  

     

    Allerdings wird man im Zweifel und zur Vermeidung jedes Risikos auch die Beziehung zu einer Bank, die z.B. steuer­unehrlich erworbenes Vermögen lediglich aufbewahrt wie etwa Gold im Safe, als Geschäftsbeziehung ansehen müssen  

    7.Welche Dokumentationspflichten bestehen für Privatpersonen?

    Privatpersonen, deren positive Einkünfte (Überschuss­ein­künfte i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG) mehr als 500.000 EUR pro Jahr betragen, haben nach § 147a AO (n.F.) Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschuss­einkünften zu Grunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten sechs Jahre lang aufzubewahren. Ehegatten werden getrennt voneinander betrachtet und eine Verrechnung mit negativen Einkünften findet nicht statt.  

    8.Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Privatpersonen?

    Wenn die Finanzbehörden objektiv erkennbare Anhaltspunkte für Geschäftsbeziehungen in bestimmte Staaten und Gebiete haben, können sie nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO (n.F.) insbesondere verlangen, dass die Richtigkeit der im Besteuerungsverfahren gemachten Angaben an Eides statt versichert wird.  

    9.Welche Dokumentationspflichten bestehen für Unternehmen?

    Unternehmen haben Geschäftsbeziehungen zu Personen im Ausland, die keine nahestehenden Personen i.S. von § 1 Abs. 2 AStG sind, nach § 1 Abs. 4 S. 1 StHBekV in weitem Umfang zu dokumentieren. Bedeutsam ist dies für grenzüberschreitende Innentransaktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte.  

    10.Welche Folgen hat eine Verletzung der Dokumentationspflichten?

    Verletzt das Unternehmen diese Dokumentationspflichten, kann insbesondere nach § 51 Abs. 1 Nr. 1f) EStG i.V. mit § 1 StHBekV der Betriebsausgabenabzug (§ 4 Abs. 4 EStG) versagt werden.  

    11.Bestehen darüber hinaus möglicherweise weitere, ungeschriebene Aufzeichnungspflichten?

    Weil § 1 Abs. 4 S. 1 StHBekV das Wort „insbesondere“ verwendet, kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass die Finanzbehörden weitere Dokumentationspflichten annehmen könnten. Allerdings können auch nicht sämtliche der in der GAufzV genannten Pflichten verlangt sein, weil in der StHBekV ein Verweis auf die GAufzV fehlt.  

    12.Welche Konsequenzen hat es, wenn das Unternehmen bestimmte Unterlagen nicht beschaffen kann?

    Die faktische Unmöglichkeit der Informationsbeschaffung darf nicht zu Lasten des Unternehmens gehen. Der BFH hat dies bereits für den Fall anerkannt, dass eine deutsche Tochtergesellschaft keinen Zugriff auf Kalkulationsunterlagen der ausländischen Muttergesellschaft erhielt und deshalb die Kalkulation von Verrechnungspreisen nicht dokumentieren konnte (BFH 10.5.01, I S 3/01, DStR 01, 985).  

     

    Dieser Grundsatz muss erst recht gelten, wenn der Steuerpflichtige an sensible Informationen seines ausländischen Geschäftspartners wie namentlich dessen Gesellschafter­bestand i.S. von § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 StHBekV gelangen soll.  

    13.Wann ist die Dokumen­tation „zeitnah“ erbracht?

    Wann eine Dokumentation zeitnah erbracht ist, wird im StHBekV oder § 90 Abs. 3 AO nicht definiert. Allerdings kann unseres Erachtens die in § 3 Abs. 1 S. 2 GAufzV genannte Regel angewendet werden, nach der Aufzeichnungen als zeitnah erstellt gelten, die innerhalb von sechs Monaten angefertigt werden.  

    14.Welche Risiken bestehen, wenn im Ausland Kapitalerträge erzielt werden, von denen das FA nichts weiß?

    Bereits nach altem Recht besteht die Pflicht, im Ausland erzielte Kapitalerträge zu erklären und zu versteuern. Sofern die Finanzbehörde allerdings künftig „objektiv erkennbare Anhaltspunkte“ dafür sieht, dass eine Geschäftsbeziehungen zu einer ausländischen Bank besteht, kann sie nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO (n.F.) verlangen, dass die Richtigkeit der in der Steuererklärung gemachten Angaben an Eides statt versichert wird.  

    15.Was ist unter „objektiv erkennbaren Anhalts­punkten“ i.S. von § 90 Abs. 2 S. 3 AO (n.F.) zu verstehen?

    Vieles spricht dafür, diesen Begriff ebenso auszulegen wie den strafprozessualen Begriff der „zureichenden tat­sächlichen Anhaltspunkte“. Auch deshalb ist davon auszugehen, dass die Finanzbehörden in einem Fall, in dem sie „objektiv erkennbare Anhaltspunkte“ i.S. von § 90 Abs. 2 S. 3 AO für eine Geschäftsbeziehung ins Ausland haben und diese in der Steuererklärung verschwiegen wurden, ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren einleiten müssen.  

    Ein von strafrechtlichen Ermittlungen losgelöster, eigen­ständiger Anwendungsbereich verbleibt daher für die Fälle der Versicherung an Eides statt nicht und es erscheint unverantwortlich, den Steuerpflichtigen zusätzlich in das Risiko der Strafbarkeit nach § 156 StGB hineinzudrängen.  

    16.Kann die Abgabe einer Versicherung an Eides statt verhindert werden?

    Unseres Erachtens kann gegen die Anordnung der Finanzbehörden, die Richtigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern, Einspruch eingelegt werden, weil die Anordnung alle Merkmale eines Verwaltungsaktes erfüllt, gegen den das Gesetz Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet.  

     

    Allerdings ist absehbar, dass die Finanzbehörden in diesem Fall insbesondere das Vorhandensein von Kapital unterstellen und die Besteuerungsgrundlagen schätzen werden, weil nach § 162 Abs. 2 S. 3 AO (n.F.) bei Verletzung der Mitwirkungspflichten „widerlegbar vermutet“ wird, dass (höhere) steuerpflichtige Einkünfte vorhanden sind.  

    17.Auf welcher Grundlage schätzen die Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen?

    Auf welcher Grundlage die Finanzbehörden schätzen wollen, wenn doch gerade keine Unterlagen zu beschaffen sind, ist unklar. Insbesondere stellt sich die Frage, ob und welche Erfahrungswerte - z.B. durch Erfahrung und Statistik berechnete Höhe nicht erklärter Kapitalerträge bei bestimmten Personengruppen - die Finanzbehörden einer Schätzung zu Grunde legen wollen.  

     

    Gegen einen Steuerbescheid, der auf der Grundlage einer Schätzung Steuern festsetzt, kann Einspruch eingelegt werden.  

    18.Welche Konsequenzen drohen bei einer Weigerung, die Richtigkeit der Angaben zu versichern?

    Für den Fall, dass der Steuerpflichtige sich weigert, die Richtigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern, können die Finanzbehörden nach  

    • § 193 AO n.F. eine Außen­prüfung anordnen.
    19.Welche Konsequenzen drohen, wenn eine eidesstattlich versichert wurde, dass falsche Angaben richtig sind?

    Wer eine falsche Versicherung an Eides statt abgibt, wird nach § 156 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.  

    20.Kann im Jahr 2010 noch die strafbefreiende Selbstanzeige abgegeben werden, um vollständige Straffreiheit zu erlangen?

    Ja. Wer allerdings für Bewertungszeiträume ab dem Jahr 2010 gegenüber den Finanzbehörden steuerlich erhebliche Tatsachen - z.B. im Ausland erzielte Kapitalerträge - verschweigt und die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO (n.F.) versichert, kann später keine Selbst­anzeige nach § 371 AO mehr abgeben, ohne sich selbst zugleich der Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt zu bezichtigen. Inwieweit ihm hier das Beweis­verwertungsbverbot des § 393 Abs. 2 AO zur Seite steht, bleibt zu diskutieren.  

     

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2009 | Seite 229 | ID 130376

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