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  • · Fachbeitrag · Scheinselbstständigkeit

    Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen: Säumniszuschläge sind kaum abzuwenden

    von RA Dietmar Sedlaczek, FA MedR, FA StR, www.sps-steuerrecht.de, Berlin

    | Wenn eine Betriebsprüfung nach § 28b Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Ihrer Praxis durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ergibt, dass Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen sind, ist das an sich schon Ärgernis genug. Darüber hinaus sieht § 24 SGB IV Zahlung von Säumniszuschlägen vor. Wie diese Säumniszuschläge berechnet werden und wie Sie sich als Praxisinhaber am besten vor einer Nachzahlung schützen, fasst der folgende Beitrag zusammen. |

    Scheinselbstständigkeit bei Heilmittelerbringern

    Das Thema Scheinselbstständigkeit im Gesundheitswesen ist vor allem bei Heilmittelerbringern (Physio-/Ergotherapeuten, Logopäden) hochaktuell. Aus vielen Betriebsprüfungen resultieren hohe Nachzahlungen für Arbeitgeber, die vermeintlich sorgfältig abgefasste Verträge mit freien Mitarbeitern hatten. Dass die Prüfer der DRV eine fehlende Zulassung zur Heilmittelerbringung gemäß § 124 SGB V als nahezu alleiniges Abgrenzungskriterium nehmen würden, konnte niemand voraussehen. Die früher gängige Praxis, freie Mitarbeiter zu beschäftigen, ist durch die restriktive Auslegung der Vorschriften der freien Mitarbeit sehr stark eingeschränkt worden. Allerdings können sich nach der jüngsten Rechtsprechung des BSG die Rentenversicherungen nicht mehr darauf beziehen, dass der freie Mitarbeiter keine Zulassung nach § 124 SGB V hat (PP 10/2016, Seite 11).

    So berechnen sich die Säumniszuschläge

    § 24 SGB IV enthält eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für Beitragsschuldner (im Regelfall die Arbeitgeber). Es sind nämlich 12 Prozent pro Jahr, die als Säumniszuschlag erhoben werden. Dieser Prozentsatz ist nach der gängigen Rechtsprechung nicht verfassungswidrig (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.11.2011, Az. B 12 KR 3/11 R). Nach § 24 Abs. 1 SGB IV beträgt der Säumniszuschlag 1 Prozent pro angefangenem Monat auf den rückständigen auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrag.

     

    • Beispiel: Fälligkeit der Beiträge (in Euro) am 15.10.

    Monat
    Oktober
    November

    Beitragshöhe

    (am 30.11. gezahlt)

    1.234

    2.345

    Rückstand

    1.234

    3.579

    gerundet

    1.200

    3.550

    Säumniszuschlag

    12

    35,50

     

     

    Die Säumniszuschläge werden mit dem ersten Tag der Säumnis fällig. Eine kurze Überschreitung der Zahlungsfrist löst horrende Säumniszuschläge aus. In Fällen, in denen der Beitragsschuldner gutgläubig davon ausgegangen ist, dass ein wirksames freies Mitarbeiterverhältnis bestanden hat, können dramatisch große Beitragsnachzahlungen entstehen. Dies gilt umso mehr, wenn vorherige Lohnsteuer- und Rentenversicherungs-Außenprüfungen das identisch ausgestaltete, freie Mitarbeiterverhältnis nicht beanstandet haben.

    Verjährung und Verschonungsregelung

    Die Rechtsprechung steht auf dem Standpunkt, dass sich die Rechtslage nicht geändert hat, sondern dass eine frühere falsche Rechtsauslegung nun durch eine korrekte ersetzt wurde. Das bedeutet, dass die Beiträge auch rückwirkend erhoben werden können. Die Verjährung für Sozialversicherungsbeiträge

    • beläuft sich auf vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in denen die Sozialversicherungsbeiträge fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV)
    • verlängert sich auf 30 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, wenn Beiträge vorsätzlich vorenthalten wurden (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV).

     

    Zwar enthält § 24 Abs. 2 SGB V eine Verschonungsregelung von Säumniszuschlägen. Sie greift aber nur, wenn Sie als Beitragsschuldner glaubhaft machen, dass Sie - unverschuldet - keine Kenntnis von der Beitragspflicht hatten. Das ist z. B. dann der Fall, wenn folgendes Szenario eintritt:

    • In Ihrer Praxis haben schon eine oder mehrere Prüfungen der DRV bzw. Lohnsteuer-Außenprüfungen durch das Finanzamt stattgefunden.
    • Diese Prüfungen haben für frühere Zeiträume bei Mitarbeitern mit identischen oder nahezu identischen Beschäftigungen ergeben, dass ein freies Mitarbeiterverhältnis besteht.
    • Bei der erneuten Prüfung hat die prüfende Stelle nun ihre Meinung geändert.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn Sie sich als Beitragsschuldner vor der Prüfung bei einem fachlich qualifizierten Dienstleister (z. B. Steuerberater oder Lohnbüro) erkundigt haben, ob eventuell doch eine Sozialversicherungspflicht besteht, liegt unter Umständen ein Verschulden des Dienstleisters vor. In diesem Fall haben Sie gegen den Dienstleister einen Schadenersatzanspruch.

     

    Schützen Sie sich vor Nachzahlungen und Säumniszuschlägen

    Da die o. g. Verschonungsregelung nur in sehr engen Fällen greift, sollten Sie Nachzahlungen gar nicht erst entstehen lassen. Beantragen Sie im Zweifel über das Beschäftigungsverhältnis eines Ihrer Mitarbeiter ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Wenn Ihr Mitarbeiter, z. B. nachweisen kann, dass er mehrere Aufraggeber hat, dürfte es kein Problem damit geben, als Selbstständiger anerkannt zu werden. Mit einem entsprechenden Bescheid gibt es auch bei der Betriebsprüfung keine Probleme.

    Quelle: ID 44477440