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  • · Fachbeitrag · Vergütung

    Was tun, wenn die gesetzliche Krankenkasse nicht zahlt?

    von Rechtsanwalt Philip Christmann, Fachanwalt für Medizinrecht, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

    | Neben Honorarkürzungen durch private Krankenversicherer ( PP 10/2016, Seite 3 ) müssen sich Physiotherapeuten immer öfter mit der schlechten Zahlungsmoral gesetzlicher Krankenkassen herumschlagen. Wie können Sie bei monatelang verspäteten Zahlungen das Geld schneller eintreiben oder zumindest die Kosten für Mahnschreiben bzw. die Zinsen geltend machen? |

    Klage vor dem Sozialgericht hat gute Erfolgsaussichten

    Das Vertragsverhältnis zwischen Kassen und Physiotherapeuten ist keine Grundlage für zivilrechtliche Verzugsansprüche (vgl. LSG NRW, Urteil vom 13.03.2003, Az. L 5 KR 154/01 und Urteil vom 28.10.2004, Az. L 16 KR 106/03). Daher dürfen Sie keine Mahngebühren nach § 288 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch berechnen. Zwar zahlen einzelne Kassen nach Berichten von Physiotherapeuten durchaus Verzugszinsen, dies dürfte aber die Ausnahme sein. Wem Verzugszinsen oder Mahngebühren verweigert werden, der kann auch auf Zahlung vor dem Sozialgericht klagen und zumindest Prozesszinsen erhalten. Prozesszinsen sind Zinsen, die ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung anfallen.

     

    Eine Klage zu erheben, scheint für viele zuerst einmal abschreckend. Die Praxis zeigt aber, dass Klagen oft das Einzige sind, was den Schuldner diszipliniert. Der Schuldner erkennt, dass es nun „ernst wird“ und dass mit diesem Gläubiger „nicht zu spaßen ist“. Sachbearbeiter der Krankenkassen, denen unbearbeitete Rechnungen mittels Klage „auf die Füße gefallen sind“, werden sich hüten, den betreffenden Physiotherapeuten noch einmal zu lange warten zu lassen. Und vor dem Sozialgericht kann man sich selbst vertreten, man braucht also keinen Rechtsanwalt.

     

    Als Physiotherapeut haben Sie sehr gute Aussichten, mit Ihrer Klage glatt durchzukommen. Voraussetzung ist, dass Sie die ärztlich verordnete Leistung korrekt erbracht, vom Patienten gegengezeichnet bekommen, abgerechnet und die fehlende Zahlung nach Ablauf der Prüffrist von zwei Wochen nach Eingang der elektronischen Abrechnungsdatensätze bei der Kasse einmal schriftlich (oder per Fax) angemahnt haben. Vor den Sozialgerichten herrscht Amtsermittlungspflicht, d. h. das Gericht muss fehlende Informationen anfordern (anders als vor den Zivilgerichten, wo die Prozessbeteiligten selbst dafür sorgen müssen, das Gericht mit den erforderlichen Daten zu versorgen).

     

    PRAXISHINWEIS | Oft hat schon die gerichtliche Übersendung der Kopie der Klage an die Kasse den Effekt, dass die Summe bezahlt wird. Dann können Sie die Klage für erledigt erklären und beantragen, dem Beklagten die Kosten aufzubürden. Die Kasse trägt dann die Kosten des Verfahrens.

     

    Kosten und formelle Anforderungen

    Die formellen Anforderungen an die Klageschrift und die Prozesskosten sind relativ gering. Relevante Belege sind in Kopie beizufügen. Auch von allen Schreiben an das Gericht ist eine Kopie beizufügen, die das Gericht dann an die Kasse sendet.

     

    • Empfohlener Inhalt der Klage an das Sozialgericht
    • Antrag auf Zahlung eines bestimmten (Rechnungs-)Betrags (siehe Muster, auch online unter Abruf-Nr. 44338557)
    • Rechnungsnummer
    • Benennung der Leistungen mit Preisen
    • Datum der Erbringung der physiotherapeutischen Leistungen
    • Datum der Übersendung der Abrechnung an die Krankenkasse und der Mahnung gegenüber der Krankenkasse
    • Benennung der Kasse mit Anschrift
    • Name und Krankenversicherungsnummer des Patienten
     

     

    Muster / Antrag auf Zahlung

    Es wird beantragt, die Beklagte (Anm.: die Krankenkasse) zu verurteilen, EUR ... gemäß anliegender Leistungsaufschlüsselung und die gesetzlichen Prozesszinsen seit Rechtshängigkeit an den Kläger (Anm.: den Physiotherapeuten) zu bezahlen.

     

    Wirklich wehren kann sich die Kasse gegen eine solche Klage nur, wenn sie konkrete Einwände gegen die Leistungen erhebt, also z. B. eine fehlende ärztliche Verordnung der Leistungen, die Nichterbringung der Leistungen oder formelle Fehler in der Abrechnung (was durchaus häufiger vorkommt).

     

    • Rechtliche Vorgaben zur Abrechnung

    Nach § 302 Abs. 1 SGB V sind Sie als Physiotherapeut verpflichtet, den Krankenkassen die Abrechnungen per elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln. Die Details der Abrechnung ergeben sich nach dem Heilmittelrahmenvertrag und sind peinlich genau zu beachten. Der hier entscheidende § 12 Abs. 10 des Rahmenvertrags lautet: „Die Bezahlung der Rechnungen bei elektronischer Datenübermittlung bzw. bei Übermittlung auf maschinell verwertbaren Datenträgern erfolgt innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der vollständigen Abrechnungsunterlagen (maschinelle Abrechnungsdaten und rechnungsbegründende Unterlagen) bei den von den Ersatzkassen benannten Stellen.“

     

    Einzureichen sind:

    • Urbelege (Verordnungsblätter, einschließlich der vollständigen Angaben im Abrechnungsteil, jeweils im Original),
    • Ggf. Leistungszusagen der Krankenkassen im Original,
    • Gesamtaufstellung der Abrechnung (Gesamtrechnung, ggf. Sammelrechnung), Begleitzettel für Urbelege (bei maschineller Abrechnung)
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    Wichtig | Fertigen Sie von allen Originalbelegen Kopien oder Scans an und bewahren Sie diese sicher auf.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2016 | Seite 3 | ID 44334731