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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Erfassung der Arbeitszeit ‒ nun doch nicht?

    von RA Michael Röcken, Bonn, ra-roecken.de

    | Seit dem sog. Arbeitszeit-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH; PP 06/2019, Seite 15 ) sind auch selbstständige Physiotherapeuten unsicher, ob sie die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter generell erfassen müssen: Während das Arbeitsgericht (ArbG) Emden von einer Dokumentationspflicht des Arbeitgebers ausgeht ( PP 07/2020, Seite 13 ), sieht das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen diese Pflicht beim Arbeitnehmer ( Urteil vom 06.05.2021, Az. 5 Sa 1292/20, Abruf-Nr. 222315 ). Auf welcher Grundlage die Abgeltung und Bezahlung von Überstunden beruht und welche Schlüsse Sie aus dem Urteil des LAG Niedersachsen ziehen sollten, zeigt dieser Beitrag. |

    Pflicht zur Abgeltung (und Bezahlung) von Überstunden

    Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeit oder dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es nicht. Ohne eindeutige und wirksame Vergütungsregelung müssen Sie geleistete Überstunden gemäß § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur zusätzlich vergüten, wenn diese Überstunden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind. Das ist z. B. der Fall, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes (Anm. d. Red.: besonders hohes) Entgelt bezieht (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 22.02.2012, Az. 5 AZR 765/10, Abruf-Nr. 120650). Allerdings kann sich eine Vergütungspflicht für Überstunden auch aus dem Arbeits- oder einem Tarifvertrag ergeben.

     

    In Arbeitsverträgen findet sich oft eine Abgeltungsklausel mit etwa folgendem Wortlaut: „Durch die Bruttovergütung ist eine etwaige Über- oder Mehrarbeit abgegolten“. Diese Klausel bringt Ihnen als Arbeitgeber nichts, wenn sich nicht klar ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem Umfang von der Klausel erfasst werden sollen (BAG, Urteil vom 17.08.2011, Az. 5 AZR 406/10, Abruf-Nr. 114254). Sie müssen hier sorgfältig formulieren.