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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Deutsche Ausbildung berechtigt dazu, in der EU zu arbeiten

    von Rechtsanwalt Manfred Weigt, Norden

    | Für viele ist es ein Traum, eine Zeit lang im Ausland zu arbeiten. Doch bevor man seine Sachen packt, sollte man sich erkundigen, ob die eigene Ausbildung im Traumland auch anerkannt wird. In der EU wird das Arbeiten im Ausland für Masseure und Physiotherapeuten nun einfacher. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stellte klar, dass deutsche Ausbildungen im EU-Ausland im Regelfall anerkannt werden müssen. |

    Der Fall

    Ein griechischer Staatsbürger hatte in Deutschland eine Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister erfolgreich abgeschlossen und war demnach berechtigt, diesen Beruf in Deutschland auszuüben. Als er seinen Wohnort nach Griechenland verlegte, beantragte er dort die Berufserlaubnis zum Physiotherapeuten, da es den Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters in Griechenland nicht gibt. Er begründete seinen Antrag damit, dass das Tätigkeitsprofil des Physiotherapeuten dem des Masseurs am nächsten kommt. Das Ministerium lehnte jedoch den Antrag mit der Begründung ab, dass der Beruf des Physiotherapeuten in Griechenland ein mindestens dreijähriges Studium mit dem Abschluss eines Hochschuldiploms voraussetzt.

     

    Gegen diese Entscheidung klagte der Masseur beim zuständigen griechischen Gericht. Er war der Ansicht, dass die Ablehnung gegen das System der Anerkennung von Berufsqualifikationen der EU verstoße und sein Recht auf freie Niederlassung nach Art. 49 AEUV verletze. Das zuständige Gericht legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor.

    Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

    Der EuGH entschied, dass ein in Deutschland ausgebildeter Masseur und medizinischer Bademeister seinen Beruf auch in Griechenland ausüben darf, auch wenn die Harmonisierung der Berufsbilder noch nicht erfolgt ist (Urteil vom 27.6.2013, Az. C-575/11). Damit stützt der EuGH die Sicht des Masseurs und stellt fest, dass die Bedingungen für den Zugang zum Beruf des Physiotherapeuten bisher nicht auf Unionsebene harmonisiert worden sind.

     

    • Hintergrund EU-Vertrag

    Die EU-Mitgliedstaaten müssen den Zugang zum Beruf des Physiotherapeuten vereinheitlichen. Dabei müssen die im EU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten der EU-Bürger garantiert werden. Eine Regelung, die den partiellen Zugang zu einem reglementierten Beruf ausschließt, ist nur dann gerechtfertigt, wenn zwingende Gründe zum Schutz des Allgemeinwohls dies erfordern.

     

    Die Urteilsbegründung

    Das Gericht ist der Ansicht, dass zur Sicherung des Allgemeinwohls Verbraucherschutz und Gesundheitsschutz zwingend zu beachten sind.

     

    Gewährleistung des Verbraucherschutzes

    Der Ausschluss auch eines partiellen Zugangs zum Beruf des Physiotherapeuten würde über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels des Verbraucherschutzes erforderlich sei. Der Verbraucherschutz könne nämlich mit weniger einschneidenden Mitteln als dem vollständigen Ausschluss erreicht werden. Der partielle Zugang zu einem Beruf - insbesondere wenn er mit der Verpflichtung verbunden sei, die ursprüngliche Berufsbezeichnung oder die Ausbildungsbezeichnung sowohl in der Sprache, in der sie erteilt wurde, als auch in der Amtssprache des Aufnahmemitgliedstaats zu führen - genüge somit den Anforderungen des Verbraucherschutzes.

     

    Gewährleistung des Gesundheitsschutzes

    Beim Gesundheitsschutz sieht das Gericht eine besondere Notwendigkeit, wachsam zu sein. Es weist darauf hin, dass der Beruf des Physiotherapeuten nicht zu den ärztlichen Berufen, sondern zu den Fachberufen im Gesundheitswesen gehört. Diese Berufe dürfen dem unionsrechtlichen System der gegenseitigen Anerkennung von reglementierten Berufen nicht entzogen werden.

     

    Zudem wird die erforderliche besondere Wachsamkeit in Bezug auf den Gesundheitsschutz dadurch erreicht, dass die Therapie in Griechenland nur auf der Grundlage einer von einem Arzt verschriebenen Therapie erfolgt, die Ausführung der Therapie damit unter ärztlicher Kontrolle stattfindet. Der Therapeut steht somit in einem engen Abstimmungs- und Abhängigkeitsverhältnis zum Arzt, was den Gesundheitsschutz des Patienten gewährleistet.

    Was bedeutet das für Sie?

    Wenn Sie als Physiotherapeut im EU-Ausland tätig werden möchten, muss Ihnen das jeweilige EU-Land (partiellen) Zugang zum Beruf des Physiotherapeuten gewähren. Das gilt selbst dann, wenn sich die Ausbildungsvoraussetzungen und -standards in Deutschland von denen im Ausland unterscheiden. Erkundigen Sie sich am besten vorher bei Konsulaten, Physiotherapieverbänden und -schulen, welche Institutionen zuständig sind.

     

     

    (© Fossilpopil - Fotolia.com)

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 15 | ID 42457885