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AU, weil sich frisch gestochenes Tattoo entzündet ‒ Arbeitgeber muss kein Entgelt fortzahlen
| Tattoos sind heute ein typischer Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Sichtbare Tattoos werden im Arbeitsleben immer normaler. Aber haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Themenspezial in PP 01/2024, Seite 20 ), wenn beim Stechen des Tattoos etwas schiefläuft? Dazu liegt nun ein aktuelles Gerichtsurteil vor: Wer sich tätowieren lässt, erhält bei Komplikationen keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Landesarbeitsgericht [LAG] Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.05.2025, Az. Az. 5 Sa 278 a/24). |

Entgeltfortzahlung nach verunglücktem Tattoo abgelehnt ‒ Klage scheitert
Eine Pflegehilfskraft ließ sich am Unterarm tätowieren. Wenig später entzündete sich die tätowierte Stelle. Die Pflegehilfskraft wurde daraufhin für mehrere Tage krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin lehnte die Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum ab. Dagegen klagte die Pflegehilfskraft.
Vor Gericht führte die Klägerin aus, dass sie keine Entgeltfortzahlung für den Tätowierungsvorgang geltend mache, sondern für die davon zu trennende zeitlich nachfolgende Entzündung der Haut. Ihr sei kein Verschulden vorzuwerfen. Es sei ein sehr geringes Risiko eingetreten, das nur bei 1‒5 Prozent der Tattoos aufträte. Tattoos seien als Teil der privaten Lebensführung geschützt und mittlerweile weit verbreitet. Die Arbeitgeberin entgegnete, die Klägerin habe bei dem Tattoo in eine Körperverletzung eingewilligt. Das Risiko einer sich anschließenden Infektion gehöre deshalb nicht zum normalen Krankheitsrisiko und sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten. Wie auch das Arbeitsgericht Flensburg (Az. 2 Ca 278/24) wies das LAG die Klage der Arbeitnehmerin ab.
Darum sah das LAG keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Das LAG folgte der Argumentation der Klägerin nicht. Diese war zwar arbeitsunfähig krank, hatte die Arbeitsunfähigkeit (AU) i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) aber verschuldet. Nach dieser Vorschrift handelt ein Arbeitnehmer immer dann schuldhaft, wenn er in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt.
Die Klägerin habe bei der Tätowierung damit rechnen müssen, dass sich ihr Unterarm entzündet. Dieses Verhalten sei ein grober Verstoß gegen ihr eigenes Gesundheitsinteresse. Sie habe selbst vorgetragen, in bis zu 5 Prozent der Fälle komme es nach Tätowierungen zu Entzündungsreaktionen der Haut. Dies sei keine völlig fernliegende Komplikation. Bei Medikamenten werde eine Nebenwirkung als „häufig“ angegeben, wenn diese in mehr als 1 Prozent aber weniger als 10 Prozent der Fälle auftritt. Zudem sei die Komplikation in der Hautverletzung durch die Tätowierung selbst angelegt.
Quelle | Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein zum Urteil vom 22.05.2025, Az. 5 Sa 278 a/24, redaktionell bearbeitet.