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  • · Fachbeitrag · Alternativtherapien

    Wie und was darf wer als Selbstzahlerleistung anbieten?

    von RA Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Mannheim/Nothweiler

    | (Noch) nicht durch den Heilmittelkatalog (HMK) anerkannte Therapien, Präventionsbehandlungen oder Wohlfühl- bzw. Wellnessbehandlungen haben eines gemeinsam: Der Patient muss sie selbst bezahlen. Genau dieser Punkt ist für Sie als staatlich anerkannter Therapeut interessant, um die Praxiseinnahmen zu steigern oder den Anteil an Kassenleistungen zu verringern, damit Sie unabhängiger von politischen Entscheidungen werden können. Doch: Dürfen Sie eigentlich alles anbieten? |

    In Gesellschaft mit selbsternannten „Therapeuten“

    Wenn Sie mit Angeboten für Selbstzahler an Ihre Patienten herantreten wollen, finden Sie sich allerdings plötzlich im Wettbewerb mit Praxen von nicht staatlich anerkannten Therapeuten - die sich beispielsweise als Wellnesstherapeut, Reiki-Meister oder Ähnliches bezeichnen - oder mit den Zusatzangeboten von Thermalbädern oder Saunen. Nicht nur die von den selbst ernannten Therapeuten verwendeten Berufsbezeichnungen sind vielfältig, sondern auch die von diesen angebotenen Behandlungen: Von der Hot-Stone-Behandlung über Kräuter-Stempel-Massage bis hin zur „einfachen“ Kopf-Schulter-Nacken-Gesichts-Massage ist alles im Angebot. Aber: Wo sind hier die Grenzen?

    Grenze 1: Keine Behandlung von kranken Patienten

    Die Grenzen sind auf jeden Fall dann erreicht, wenn der Patient krank im medizinischen Sinn ist und die Therapie der Behandlung dieser Krankheit dient.

    Nennt ein Patient Beschwerden, die eine ärztliche Diagnostik erfordern, wahrscheinlich erscheinen lassen oder auf eine Krankheit hindeuten, dann dürfen weder Sie als zugelassener Therapeut noch ein selbst ernannter Therapeut den Patienten behandeln. Behandlungen, die medizinisch notwendig sind, und damit eine Heilbehandlung darstellen, müssen ärztlich verordnet werden und dürfen - wegen der ärztlichen Verordnung - nur von zugelassenen Therapeuten erbracht werden.

     

    BEACHTEN SIE | Eine medizinische Leistung/Heilbehandlung ohne ärztliche Verordnung darf nur der Therapeut abgeben, der zusätzlich noch eine eingeschränkte Heilpraktikererlaubnis hat.

    Die Behandlung von gesunden Patienten oder die Weiterbehandlung von Patienten, die nach abgeschlossener Behandlungsserie aus ärztlicher bzw. medizinischer Sicht keiner Behandlung mehr bedürfen, ist auch ohne ärztliche Verordnung erlaubt. In diesem Fall handelt es sich um Präventionsleistungen und/oder Gesundheitsförderung.

    Sie als zugelassener Therapeut können grundsätzlich aufgrund Ihrer umfassenden Ausbildung eine ganze Palette von Leistungen anbieten, die nicht oder nur teilweise von der GKV übernommen werden. Im Bereich der Prävention, Gesundheitsförderung oder der Wellness ist die Abgabe der Therapien allerdings nicht den zugelassenen Therapeuten vorbehalten. Auch andere Personen, die über eine Ausbildung in einem dieser Bereiche verfügen, dürfen diese Behandlungen anbieten. Es ist Sache des Patienten

     

    • zu hinterfragen, über welche Ausbildung ein selbsternannter Therapeut verfügt.
    • sich zu vergewissern, ob die behauptete Ausbildung tatsächlich erfolgreich abgeschlossen wurde.
    • abzuwägen, ob er eine Wellness- oder sonstige alternative Behandlung von einem staatlich anerkannten Therapeuten will oder von einem selbst ernannten.

     

    © George Dolgikh - Fotolia.com

    Grenze 2: Berufsbezeichnung

    Nur wer die vorgeschriebene Ausbildung durchlaufen hat und staatlich anerkannt wurde, darf sich als Logopäde, Ergotherapeut oder Physiotherapeut bezeichnen. Selbsternannten Therapeuten ist die Verwendung dieser Begriffe oder ihnen ähnelnder Begriffe untersagt. Verwendet ein selbsternannter Therapeut eine Berufsbezeichnung, die zu Verwechslungen mit den genannten Begriffen führen kann, können Sie wettbewerbsrechtlich dagegen vorgehen.

     

    PRAXISHINWEIS | Ob und welche Berufsbezeichnungen unter Verwendung eines Namensbestandteils „Therapeut“ wettbewerbsrechtlich bedenklich sind, werden im Ergebnis die Gerichte entscheiden, da es keinen Katalog der zulässigen bzw. unzulässigen Berufsbezeichnungen in diesem Bereich gibt.

    Grenze 3: Anforderungen der GKV an die Praxis

    Diese Grenze gilt nur für die zugelassenen Therapeuten, die alternative Leistungen anbieten wollen.

     

    Aufgrund der Regelungen in den Rahmenverträgen muss die Praxis, in der gesetzlich versicherte Patienten behandelt werden, in sich abgeschlossen und unter anderem von anderen Praxen und gewerblichen Bereichen getrennt sein. Das Anbieten von Zusatzleistungen - zum Beispiel Fitnesskursen, Gedächtnistrainings oder Vorträgen - kann als gewerbliche Tätigkeit angesehen werden. Das heißt: Sie müssen - um keine Probleme mit der Krankenkasse zu bekommen - Zusatzleistungen zum Beispiel außerhalb der allgemeinen Öffnungszeiten oder in anderen Räumen (also in Räumen, in denen keine gesetzlich versicherten Patienten behandelt werden) anbieten.

    Grenze 4: Wettbewerbsrecht

    Weder Ihnen noch den selbsternannten Therapeuten ist Werbung für das Leistungsspektrum verboten. Die Werbung - auch der selbsternannten Therapeuten - darf aber nicht irreführend sein und den Verbraucher nicht täuschen.

     

    BEACHTEN SIE | Ihre Werbebotschaft muss so gestaltet sein, dass klar erkennbar ist, welche Leistungen von den Kassen bezahlt werden und welche nicht.

    Die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) gelten grundsätzlich auch für die selbsternannten Therapeuten, wenn und soweit die Werbung einen Bezug zur Linderung von Leiden herstellt. Ob und wann eine Irreführung oder Täuschung oder ein Verstoß gegen das HWG vorliegt, kann man allerdings immer nur im konkreten Einzelfall beurteilen. Haben Sie den Eindruck, dass die Werbung eines selbsternannten Therapeuten bedenklich ist, lassen Sie sie überprüfen. Bestätigt sich Ihr Eindruck, können Sie die Werbung mit rechtlichen Mitteln untersagen.

     

    Verhindern können Sie als staatlich anerkannter Therapeut es nicht, dass „Wohlfühlpraxen“ oder „selbsternannte Therapeuten“ wie Pilze aus dem Boden schießen. Sie können nur deren Werbung, Verhalten und - sofern Sie hierüber Erkenntnisse erlangen - deren Behandlungen prüfen und bei festgestellten Verstößen rechtliche Maßnahmen ergreifen.

     

    FAZIT | Sie selbst können und dürfen als staatlich anerkannter Therapeut alle Leistungen für Selbstzahler anbieten, die Sie aufgrund Ihrer Ausbildung fachlich erbringen können. Ihrer Fantasie, welche Zusatzangebote für Selbstzahler interessant sein können, sind zunächst erst einmal keine Grenzen gesetzt. Bei der Umsetzung Ihrer Ideen in den Praxisalltag sollten Sie aber zumindest die oben aufgeführten Punkte beachten.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 15 | ID 38075050