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  • 06.02.2013

    Landesarbeitsgericht: Urteil vom 10.10.2012 – 5 Sa 389/12

    1.Aus § 51 BZRG folgt, dass ein Arbeitgeber Bewerber nicht nach im Bundeszentralregister getilgten Vorstrafen fragen darf. Der Bewerber ist auch nicht zur Offenbarung verpflichtet.

    2.Der Arbeitgeber darf den Bewerber nicht nach eingestellten Ermittlungsverfahren fragen. Der Bewerber ist auch nicht zur Offenbarung verpflichtet.

    3.Dies gilt auch für eine vorgesehene Tätigkeit als Justizvollzugsbediensteter.


    Tenor:

    1.

    Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28. Februar 2012 - 11 Ca 10449/10 - wird zurückgewiesen.

    2.

    Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    3.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie die Anfechtung eines Arbeitsvertrages.

    Der am    1982 geborene Kläger ist bei dem beklagten L   seit dem 1. Juni 2010 als Justizvollzugsbediensteter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sieht die Verpflichtung des Klägers vor, sich innerhalb von drei Jahren in das Beamtenverhältnis übernehmen zu lassen.

    Der Kläger wurde am 29. Juli 2003 vom A   K   zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten wegen Körperverletzung und Betrugs verurteilt. Die Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Für eine derartige Strafe sieht § 46 Abs. 1 Nr. 1 d BRZG vor, dass sie nach fünf Jahren aus dem Bundeszentralregister zu tilgen ist. Ein für den Kläger am 28. April 2010 zur Vorlage bei einer Behörde erstelltes Führungszeugnis weist demnach keine Eintragung auf.

    Gegen den Kläger waren wegen möglicher Straftaten mit Tatzeiten zwischen dem 13. August 2007 und dem 28. Januar 2009 acht Ermittlungsverfahren anhängig, die alle eingestellt wurden. Die letzte Einstellung erfolgte am 24. August 2009. In zwei Fällen wurden die Anzeigenerstatter auf den Privatklageweg verwiesen, in den übrigen Fällen erfolgte die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO.

    Der Kläger bewarb sich am 13. Januar 2010 um eine Anwärterstelle im allgemeinen Vollzugsdienst bei der Justizvollzugsanstalt Köln. Zu den angeforderten Beerbungsunterlagen gehörte u.a. die Erklärung über Straftaten und anhängige Straftaten. Der Kläger gab an, dass er nicht vorbestraft sei. Weiterhin erklärte er, dass gegen ihn kein gerichtliches Strafverfahren und kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei.

    Im Rahmen des am 19. und 20. April 2010 durchgeführten Eignungsfeststellungsverfahrens wurde der Kläger erneut nach gerichtlichen Bestrafungen und Ermittlungsverfahren in der Vergangenheit befragt. Der Kläger antwortete wie zuvor.

    Am 1. Juni 2010 gab der Kläger in einer vorformulierten Erklärung erneut an, nicht vorbestraft zu sein. Er versicherte weiterhin, dass gegen ihn ein gerichtliches Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren nicht anhängig sei. In der Erklärung heißt es weiter, er sei darüber belehrt worden, dass er alle noch nicht getilgten oder noch nicht tilgungsreifen Verurteilungen anzugeben habe und nach § 53 Abs. 2 i.V.m. § 41 Abs. 1  Nr. 1 BZRG verpflichtet sei, gegen Justizvollzugsbehörden auch über diejenigen Verurteilungen Auskunft zu geben, die nicht in ein Führungszeugnis oder nur in ein solches für Behörden aufzunehmen seien.

    Über ein ebenfalls am 1. Juni 2010 mit dem Kläger geführtes Einstellungsgespräch wurde ein Protokoll erstellt, welches der Kläger unterschrieb. In dem Protokoll ist ausgeführt: "Gegen mich ist weder ein Strafverfahren noch ein Ermittlungsverfahren anhängig oder in den letzten drei Jahren anhängig gewesen. Auf die möglichen Folgen, die sich aus dem Verschweigen solcher Verfahren ergeben könnten, bin ich hingewiesen worden".

    Nachdem das beklagte L   von der Verurteilung des Klägers und den Ermittlungsverfahren erfahren hatte, kündigte es das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 zum 31. Januar 2011. Mit Schreiben vom 19. Januar 2011 focht das beklagte Land "den Arbeitsvertrag zusätzlich und höchst vorsorglich wegen arglistiger Täuschung an". Die Erklärung hat das beklagte Land in der Güteverhandlung vom 20. Januar 2011 wiederholt.

    Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei nicht verpflichtet gewesen, das beklagte Land über die Vorstrafe und die Ermittlungsverfahren zu unterrichten. Dies ergebe sich aus § 53 Abs. 2 sowie § 41 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BZRG. Er hat die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats bestritten.

    Der Kläger hat beantragt,

    1.

    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die  Kündigung vom 17.12.2010 aufgelöst worden ist;

    2. 

    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die im Gütetermin vom 20.1.2011 erklärte Anfechtung und/oder durch die schriftliche Anfechtungserklärung vom 19.1.2011 aufgelöst worden ist;

    3.

    das beklagte Land für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. oder 2. zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als JVA -Bediensteter zu im Übrigen unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen;

    4. 

    die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

    5.

    hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

                  Das beklagte Land hat beantragt,

                                  die Klage abzuweisen.

    Es hat geltend gemacht, es sei berechtigt gewesen, nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren zu fragen. Dem stünden die Vorschriften des BZRG nicht entgegen. Der Kläger könne aus § 53 BRZG keine Rechte herleiten, weil Justizvollzugsbehörden gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG ein unbeschränktes Auskunftsrecht hätten. Zudem folge aus § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG, dass entgegen § 51 Abs. 1 BZRG die frühere Tat ausnahmsweise berücksichtigt werden dürfe. Die Kündigung sei gerechtfertigt, weil der Kläger aus charakterlichen Gründen nicht für eine Tätigkeit im allgemeinen Vollzugsdienst geeignet sei. Dies zeigten die Anzahl der Ermittlungsverfahren sowie die Tatvorwürfe (Körperverletzung und Beleidigung). Der Personalrat sei ordnungsgemäß angehört worde

    Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 28. Februar 2012 stattgegeben. Gegen das am 21. März 2012 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat das beklagte Land am 11. April 2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. Juni 2012 am 20. Juni 2012 begründet.

    Das beklagte Land ist nach wie vor der Auffassung, es habe ein Kündigungs- bzw. Anfechtungsgrund bestanden. Zu berücksichtigen sei, dass sich der Kläger Anfang 2009 selbst angezeigt habe, weil er seine Ehefrau geschlagen habe. Das Verfahren sei nur eingestellt worden, weil seine Ehefrau offensichtlich in die Türkei zurückgekehrt und zu weiteren Vernehmungen nicht erschienen sei. Das Fragerecht folge aus den besonderen Treuepflichten eines Angestellten im öffentlichen Dienst und aus der konkret beabsichtigten Beschäftigung des Klägers im allgemeinen Vollzugsdienst einer Justizvollzugsanstalt.

    Das beklagte Land beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.02.2012 - 11 Ca 10449/10 - teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als den Anträgen zu 1) bis 3) stattgegeben worden ist.

    Der Kläger beantragt,

                           die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.

    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.

    II.

    Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gekommen, dass Anfechtung und Kündigung unwirksam sind. Der Kläger hat die Fragen nach einer Vorstrafe zutreffend beantwortet. Er ist nur nach Vorstrafen gefragt worden, die nicht länger als drei Jahre zurückliegen. Seine Vorstrafe liegt indes länger als drei Jahre zurück. Zudem folgt aus § 51 BZRG, dass das beklagte Land nicht nach der im Bundeszentralregister getilgten Vorstrafe des Klägers fragen durfte. Der Kläger war auch nicht zu einer Offenbarung seiner Vorstrafe verpflichtet. Dies gilt schon deswegen, weil er sich darauf verlassen konnte, dass das beklagte Land zum Themenkomplex Vorstrafen nur das wissen wollte, wonach es ausdrücklich gefragt hat. Darüber hinaus ist auch insoweit auf § 51 BZRG zu verweisen. Nach den eingestellten Ermittlungsverfahren durfte das beklagte Land nicht fragen. Der Kläger war daher auch nicht verpflichtet, diesen Umstand zu offenbaren. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die ordentliche Kündigung als unwirksam. Dem Kläger steht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu.

    1.
    Die Klageanträge sind zulässig.

                 Dies gilt auch für den Antrag zu 2), mit dem sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Anfechtungserklärungen wendet. Auch wenn der Klageantrag wie ein Kündigungsschutzantrag (mit beschränktem Streitgegenstand) formuliert ist, handelt es sich der Sache nach um einen allgemeinen Feststellungsantrag, mit dem der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 19. bzw. 20. Januar 2011 hinaus geltend macht. 

                  Für diesen Feststellungsantrag ist das nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Dieses ergibt sich daraus, dass das Land aufgrund der Anfechtungserklärungen von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeht.

    2.
    Das beklagte Land hat die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung nicht wirksam angefochten. Der Kläger hat das beklagte Land nicht arglistig getäuscht.

    a)
    Die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung zulässigerweise gestellten Frage kann den Arbeitgeber nach § 123 Abs. 1 BGB dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten(vgl. nur BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - NZA 2012, 34).

    Zur Anfechtung gemäß § 123 Abs. 1 BGB berechtigt lediglich die wahrheitswidrige Beantwortung einer in zulässiger Weise gestellten Frage; eine solche setzt ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung voraus; fehlt es hieran, ist die wahrheitswidrige Beantwortung nicht rechtswidrig(BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349).

    Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach bestimmten Umständen nicht befragt, kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet war, diese von sich aus mitzuteilen. Eine Offenbarungspflicht des Bewerbers besteht indes nur ausnahmsweise. Sie setzt voraus, dass die verschwiegenen Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder sonst für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind(BAG 21. Februar 1991 - 2 AZR 449/90 - NZA 1991, 719; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 288).

    b)
    Danach ist die Anfechtung unwirksam. Der Kläger hat das beklagte Land nicht arglistig getäuscht.

    aa)
    Zur Anfechtung berechtigt nicht die Antwort des Klägers auf die Frage nach einer Vorstrafe.

    aaa)
    Dies gilt bereits deswegen, weil der Kläger die diesbezügliche Frage des beklagten Landes nicht falsch, sondern zutreffend beantwortet hat.

    Zunächst beinhaltet die Erklärung vom 13. Januar 2010, in der der Kläger angegeben hat, nicht vorbestraft zu sein, keine falsche Angabe. Hierzu war er nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG berechtigt. Danach darf sich der Verurteilte als unbestraft bezeichnen, wenn die Verurteilung zu tilgen ist.

    Vorliegend war die Verurteilung nicht nur zu tilgen, sie war nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 e BZRG bereits getilgt. Vor diesem Hintergrund konnte sich der Kläger erst recht als unbestraft bezeichnen.

    In den von ihm am 1. Juni 2010 abgegebenen Erklärungen hat der Kläger wahrheitsgemäß dargelegt, dass gegen ihn kein gerichtliches Strafverfahren anhängig ist bzw., dass gegen ihn in den letzten drei Jahren kein Strafverfahren anhängig gewesen ist.

    bbb)
    Selbst wenn der Kläger die Frage nach einer Vorstrafe falsch beantwortet hätte, ergäbe sich kein Anfechtungsrecht des beklagten Landes. Dies folgt aus dem BZRG.              

    (1)
    Nach Vorstrafen darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Einstellung fragen, wenn und soweit die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies erfordert. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Einstellung des Arbeitgebers an, welche Vorstrafen er als einschlägig ansieht; entscheidend ist vielmehr ein objektiver Maßstab. Dies gilt grundsätzlich auch für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. An dieser Rechtsprechung hat das BAG  auch nach Inkrafttreten des Bundeszentralregistergesetzes grundsätzlich festgehalten(BAG 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - BAGE 115, 296; 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349).

    Nicht vollständig geklärt ist, ob sich aus den §§ 51 ff. BZRG eine Schranke für das Fragerecht des Arbeitgebers nach Vorstrafen und/oder anhängigen Strafverfahren sowie Ermittlungsverfahren ergibt(vgl. LAG Baden-Württemberg 22. März 2011 - 15 Sa 64/10 - [...]; die Entscheidungsgründe des hierzu ergangenen Revisionsurteils des BAG vom 6. September 2012 - 2 AZR 270/11 - waren bei der Entscheidungsfindung der Kammer nicht veröffentlicht). Einerseits hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in einem Urteil vom 21.02.1991(2 AZR 449/90 - AP § 123 BGB Nr. 35 = [...] Rn. 21)angenommen, Vorstrafen müssten nach § 51 BZRG nicht offenbart werden, wenn sie gemäß § 30 BZRG nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis aufzunehmen seien. Andererseits hat es der Siebte Senat in einem Urteil vom 27. Juli 2005 dahin stehen lassen, ob die Vorschriften des BZRG auch für das Fragerecht des Arbeitgebers und die Pflicht des Arbeitnehmers zur wahrheitsgemäßen Beantwortung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen oder deren Anbahnung gelten(BAG 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - BAGE 115, 296).

                 Nach Auffassung der Kammer sind bei der Prüfung, ob der Arbeitgeber bei der Einstellung nach Vorstrafen fragen darf, die Bestimmungen des BZRG zu beachten. Nur wenn diese die Verwertung erlauben, ist die Frage zulässig. Eine weitere Ausnahme dahingehend, dass der Arbeitgeber unabhängig von den Vorgaben des BZRG nach Vorstrafen fragen darf, die in einem Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Tätigkeit stehen, ist nicht zu machen(ebenso wohl LAG Hamm 10. März 2011 - 11 Sa 2266/10 - [...]; Ehrich DB 2000, 421, 422; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn 281 und 354; a.A. LAG Düsseldorf 24. April 2008 - 11 Sa 2101/07 -  LAGE Art. 33 GG Nr. 17).

    Dabei ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf § 41 BZRG abzustellen. Diese Vorschrift ist Bestandteil des Dritten Abschnitts des BZRG, welcher die Überschrift "Auskunft aus dem Register" trägt. Hierum geht es vorliegend nicht, weil das Register die Jugendstrafe des Klägers nicht mehr erfasst.

                  Einschlägig ist vielmehr der Fünfte Abschnitt des BZRG (§§ 51 ff.), welcher mit "Rechtswirkungen der Tilgung" überschrieben ist. Konkret sind     §§ 51, 52 BZRG maßgeblich.

    Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ist auch nicht § 53 Abs. 2 BZRG heranzuziehen. Danach darf der Verurteilte gegenüber Gerichten oder Behörden keine Rechte aus Abs. 1 Nr. 1 herleiten, wenn Gerichte oder Behörden ein Recht auf unbeschränkte Auskunft haben und der Verurteilte hierüber belehrt haben. § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG befasst sich mit Verurteilungen, die nicht in das Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3, 4 BZRG aufzunehmen sind. Die Verurteilung des Klägers war indes nach § 4 BZRG in das Zentralregister einzutragen. Dies ist auch erfolgt. Die Eintragung ist  getilgt worden. Diesen Fall erfasst die Vorschrift des § 53 Abs. 2 BZRG nicht.

    § 51 Abs. 1 BZRG regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Verwertungsverbot besteht. Danach gilt, dass die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen, wenn die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder zu tilgen ist.

    Die weite Fassung des Verwertungsverbotes spiegelt dessen Zweck wider, den Betroffenen von einem Strafmakel zu befreien und dadurch seine Resozialisierung zu begünstigen. Ziel der von dem Gedanken der Rehabilitation geprägten Regelung war die Schaffung eines umfassenden Verwertungsverbotes, das von allen staatlichen Stellen Beachtung verlangt und von dem nur abschließend aufgezählte Ausnahmen zulässig sein sollen. Soweit der Gesetzgeber einzelne Bereiche des Rechts ausnehmen wollte, hat er dies abschließend in § 51 Abs. 2 und § 52 BZRG geregelt(BVerwG 20. März 2012 - 5 C 1/11 - DVBl. 2012, 843).

    Gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG darf eine frühere Tat abweichend von § 51 Abs. 1 BZRG nur berücksichtigt werden, wenn der Betroffene die Einstellung in den öffentlichen Dienst beantragt, falls die Einstellung sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Danach müssen schwerwiegende Gründen vorliegen. Das Vorhandensein einer getilgten Verurteilung ist nicht ausreichend. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es insbesondere um Fälle gehen, in denen zwischen der früheren Tat und dem späteren Verhalten des Betroffenen ein Zusammenhang besteht(vgl. BT-Drucks. 6/1550 S. 23 f.; BeckOK/Bücherl § 52 BZRG Rn. 7).

    Ein derartiger Zusammenhang ist vorliegend nicht erkennbar. Es ist nicht zu befürchten, dass die Einstellung des Klägers in den Justizvollzugsdienst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Die Tat, wegen derer der Kläger verurteilt worden ist, lag bei seiner Einstellung mehr als sieben Jahre zurück. Seitdem hat sich der Kläger nicht mehr strafbar gemacht. Die Ermittlungsverfahren können in diesem Zusammenhang nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden, weil sie nicht zu einer Verurteilung geführt haben, sondern eingestellt worden sind.

    bb)
    Der Kläger war nicht dazu verpflichtet, von sich aus auf die strafrechtliche Verurteilung hinzuweisen.

    Dies gilt schon deswegen, weil das beklagte Land dem Kläger ausdrückliche Fragen zu dem Themenkomplex Vorstrafen gestellt hat. Er konnte sich darauf verlassen, dass das Land zu diesem Themenkomplex nur dasjenige wissen wollte, wonach es gefragt hat.

    Auch insoweit greift zudem das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG.

    cc)
    Die Anfechtung erweist sich nicht wegen der Falschbeantwortung der Fragen nach Ermittlungsverfahren als wirksam. Der Kläger war berechtigt, die Unwahrheit zu sagen.

    aaa)
    Je nach den Umständen kann es zulässig sein, nachanhängigenErmittlungsverfahren zu fragen. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Frage ist dann zu bejahen, wenn auch ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen kann. Dem steht die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen; diese bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat. Dagegen lässt sich aus der Unschuldsvermutung nicht der Schluss ziehen, dass dem Betroffenen aus der Tatsache, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig ist, überhaupt keine Nachteile entstehen dürfen(BAG 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - BAGE 115, 296; 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349).

                  Dagegen ist es generell unzulässig, nachabgeschlossenenErmittlungsverfahren zu fragen (LAG Hamm 10. März 2011 - 11 Sa 2266/10 - [...]). Zu beachten ist, dass ein Ermittlungsverfahren, das nicht zu einer Verurteilung geführt hat, nicht in das Bundeszentralregister und nicht in ein Führungszeugnis  aufzunehmen ist. Insoweit gelten die obigen Erwägungen zu § 51 BZRG erst recht. Darüber hinaus folgt aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen und insbesondere der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK), dass an dem Betroffenen kein "Makel" hängen bleiben bedarf.

                 Ob eine Ausnahme zu machen ist, wenn eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO erfolgt ist(so HWK/Thüsing 5. Aufl. 2012 § 123 BGB Rn. 13), bedarf keiner Erörterung. Keines der gegen den Kläger gerichteten Ermittlungsverfahren ist nach diesen Vorschriften eingestellt worden. Im Hinblick auf die dargestellten rechtsstaatlichen Erwägungen ist jedenfalls für die Einstellung, die mit einem Verweis auf den Privatklageweg einhergegangen ist, keine andere Betrachtung vorzunehmen.

    bbb)
    Danach liegt in der Angabe des Klägers zu den Ermittlungsverfahren keine arglistige Täuschung des beklagten Landes. Er war insoweit berechtigt, die Unwahrheit zu sagen.

    3.
    Die Kündigung ist rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG).

    Die Kündigung ist nicht durch Gründe, die in der Person des Klägers oder in seinem Verhalten liegen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG), bedingt. Dies ergibt sich aus den Ausführungen zur Anfechtung, auf die Bezug genommen wird.

    4.
    Der Kläger hat einen Anspruch gegen das beklagte Land, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterbeschäftigt zu werden. Dies folgt aus der Unwirksamkeit der Anfechtungserklärungen und der Kündigung.

    III.          

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

    IV.             

    Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen, weil es den entscheidungserheblichen Rechtsfragen zur Reichweite des Fragerechts des Arbeitgebers bzw. der Offenbarungspflicht des Bewerbers in Bezug auf strafrechtliche Verurteilungen und staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren grundsätzliche Bedeutung beimisst.

    Vorschriften§§ 51 ff. BZRG, § 123 BGB, § 1 Abs. 2 KSchG