09.04.2025 · IWW-Abrufnummer 247516
Oberlandesgericht Hamburg: Urteil vom 05.02.2025 – 4 U 95/24
1. Stellt der Vermieter von Büroräumlichkeiten in einem laufenden Räumungsprozess die Wasserversorgung ab, kann der Mieter hiergegen in der Regel im Wege der einstweiligen Verfügung auf Grundlage von nachvertraglichen Pflichten aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vorgehen, wenn er sowohl den Mietzins, als auch die Betriebskostenvorauszahlungen weiterhin leistet.
2. Gibt der Mieter in diesem Verfügungsprozess den Besitz aufgrund angedrohter Zwangsvollstreckung jedenfalls vorübergehend auf, kann er den Rechtsstreit teilweise nur für die Zukunft für erledigt erklären und die Zulässigkeit sowie Begründetheit seines Verfügungsantrages bis zur Besitzaufgabe feststellen lassen, wenn eine bereits erlassene einstweilige Verfügung für die Vergangenheit Gültigkeit behalten soll, etwa weil aus ihr bereits vollstreckt worden ist oder noch vollstreckt werden soll.
2. Es wird festgestellt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 18.07.2024 bis zur Besitzaufgabe am 06.12.2024 zulässig und begründet war und sich das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 06.12.2024 erledigt hat.
3. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 24.312,00 €. Der Streitwert für das Verfahren I. Instanz wird unter Abänderung des Tenors zu Ziff. 4 des Urteils des Landgerichts vom 23.08.2024 festgesetzt auf 24.312,00 €.
Gründe
I.
Die Verfügungsklägerin begehrt von der Verfügungsbeklagten die Wiederherstellung der Wasserversorgung in einem Mietobjekt in [...] Hamburg, 1. OG.
Der Mietvertrag war bis zum 30.04.2020 befristet, sah eine Verlängerungsoption um 4 Jahre vor, die unstreitig wirksam ausgeübt wurde, und eine weitere Verlängerungsoption um 5 Jahre, deren wirksame Ausübung zwischen den Parteien im Streit steht. Für die weiteren Einzelheiten zu den vertraglichen Regelungen des Mietvertrages wird auf die Anlage Ast/K 1 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 28.09.2021 (Anlage AG 8) erklärte die Verfügungsbeklagte die ordentliche Kündigung zum 31.03.2022 und mahnte die Verfügungsklägerin wegen behaupteter Vertragsverstöße ab. Anschließend erklärte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 19.10.2021 und nochmals mit Schreiben vom 07.12.2021 die außerordentliche Kündigung. Die Verfügungsklägerin zahlte weiterhin den Mietzins und die Betriebskostenvorauszahlungen.
Über die Beendigung des Mietverhältnisses streiten die Parteien zugleich in einem Parallelrechtsstreit zum Az. 316 O 295/21 des Landgerichts bzw. zum Az. 4 U 6/24 des Senats. Dort steht insbesondere im Streit, ob das der Verfügungsklägerin vorliegende Mietvertragsexemplar (Anlage Ast/K 1) von beiden Gesellschaftern der A & B GbR unterzeichnet wurde; dieses Mietvertragsexemplar trägt beide Unterschriften, auch die des Gesellschafters A, deren Echtheit streitig ist. Das der Verfügungsbeklagten vorliegende Mietvertragsexemplar (Anlage BB 1) trägt nur die Unterschrift des Gesellschafters B. Das Landgericht wies die dortige Räumungsklage der Verfügungsbeklagten nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 11.01.2024 ab. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten verurteilte der Senat die Verfügungsklägerin inzwischen mit Berufungsurteil vom 22.10.2024 (Anlage BB 5) nach weiterer Beweisaufnahme zur Räumung. Hiergegen ist Nichtzulassungsbeschwerde anhängig.
Am 11.07.2024 stellte die Verfügungsbeklagte im Mietobjekt das Wasser ab, nachdem man im Keller des Objekts eine Pfütze auf dem Boden bemerkt hatte. Trotz Fristsetzung durch die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 16.07.2024 stellte die Verfügungsbeklagte die Wasserversorgung nicht wieder her.
Mit Datum vom 01.07.2024 untersagte das Landgericht Hamburg in einem Parallelverfahren zum Az. 316 O 153/24 (Az. des Senats 4 U 83/24) auf Antrag der Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Durchführung lärmintensiver Bauarbeiten in bestimmten Gebäudeteilen.
Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat das Landgericht am 22.07.2024 im vorliegenden Verfahren eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der es die Verfügungsbeklagte verpflichtet hat, die Wasserversorgung wieder herzustellen und ihr untersagt hat, die Wasserversorgung zu unterbrechen.
Dagegen hat die Verfügungsbeklagte am 23.07.2024 Widerspruch eingelegt.
Mit Urteil vom 23.08.2024, auf das wegen des Tatbestands, der Anträge der Parteien und der näheren Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht die einstweilige Verfügung aufrechterhalten.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Wiederherstellung der Wasserversorgung folge aus dem Mietvertrag. Der Mietvertrag sei jedenfalls nicht offensichtlich beendet. Die unzulänglichen Aufklärungsmöglichkeiten im einstweiligen Verfügungsverfahren gingen zu Lasten des für die Vertragsbeendigung beweispflichtigen Vermieters. Die Verlängerungsoption sei wirksam ausgeübt worden, da die Übermittlung per beA über das Gericht den Anforderungen gemäß § 127 BGB genüge. Die Verfügungsbeklagte habe auch keine Umstände glaubhaft gemacht, die die Wiederherstellung der Wasserversorgung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich mache. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 01.07.2024 stehe der Wiederherstellung der Wasserversorgung nicht entgegen, weil die Verfügungsklägerin für erforderliche Reparaturmaßnahmen auf die Rechte aus dieser einstweiligen Verfügung verzichtet hat. Hingegen könne das Landgericht auf Grundlage der von der Verfügungsbeklagten in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherungen nicht feststellen, dass die behauptete Legionellenbelastung des Rohrleitungssystems einer Wiederinbetriebnahme entgegensteht. Daran ändere auch der von der Verfügungsbeklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22.08.2024 eingereichte Prüfbericht (Anlage B 14) nichts. Soweit dort an lediglich einer von mehreren Entnahmestellen Legionellen nachgewiesen wurden, besage dies weder, dass dieser Legionellenwert an sich einer erneuten Inbetriebnahme der Wasserversorgung für die streitgegenständliche Mietfläche entgegensteht, noch dass einer etwaigen Legionellenbelastung nicht mit geeigneten Maßnahmen begegnet werden könnte. Zur Klärung dieser streitigen Fragen sei die Erhebung von Sachverständigenbeweis notwendig und auch insoweit gingen die unzulänglichen Aufklärungsmöglichkeiten im einstweiligen Verfügungsverfahren zu Lasten der diesbezüglich beweisbelasteten Verfügungsbeklagten. Aus den gleichen Gründen könne ein Verstoß gegen § 71 TrinkwV ebenfalls nicht festgestellt werden, wodurch es zugleich an einer Grundlage für die Untersagung der Wiederherstellung der Wasserversorgung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft fehle. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 823, 1004 BGB, da ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin vorliege. Ein Verfügungsgrund bestehe ebenfalls, da die Verfügungsklägerin für ihren Geschäftsbetrieb auf die Wasserversorgung angewiesen sei.
Gegen das ihr am 23.08.2024 zugestellte Urteil hat die Verfügungsbeklagte am 23.09.2024 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 25.11.2024 begründet.
Zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil vom 22.10.2024 zum Az. 4 U 6/24, die Zwangsräumung war für den 12.12.2024 angekündigt, räumte die Verfügungsklägerin nunmehr am 06.12.2024 das Mietobjekt und gab ihren Besitz auf.
Im Berufungsverfahren macht die Verfügungsbeklagte weiterhin geltend, der Mietvertrag sei beendet und ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liege nicht vor. Jedenfalls könne sich die Verfügungsklägerin gemäß § 242 BGB hierauf nicht berufen, da sie nur durch manipulierte Unterlagen ein klageabweisendes Urteil erster Instanz im Räumungsverfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Az. 316 O 295/21 erstritten und damit einen Räumungstitel verhindert habe.
Insoweit trägt die Verfügungsbeklagte aus dem Räumungsverfahren vor dem Senat zum Az. 4 U 6/24 vor. Sie behauptet, die Verfügungsklägerin habe zur Jahreswende 2019/2020 von der Verkaufsabsicht der vermietenden GbR Kenntnis erlangt und den Entschluss gefasst, für eine Räumung des Mietobjektes einen hohen sechsstelligen oder gar siebenstelligen Betrag von der neuen Eigentümerin zu erlösen. Sie habe sich daher mit E-Mail vom 04.02.2020 an die Rechtsanwältin C gewandt und sich erkundigt, ob ihr ordentlich gekündigt werden könne. In der Folgezeit habe sich die Verfügungsklägerin der Kündigung widersetzt und sämtliche baulichen Maßnahmen blockiert. Im Räumungsverfahren vor dem Landgericht und vor dem Senat habe sie falsch vorgetragen, eine manipulierte Version des Mietvertrages (mit Unterschriften beider Gesellschafter der A & B GbR) und eine manipulierte (geweißte) Version der E-Mail vom 04.02.2020 vorgelegt sowie Zeugen - zu den Unterschriften des Mietvertrages - falsch aussagen lassen. Dies ergebe sich aus der Würdigung des Berufungsurteils vom 22.10.2024 zum Az. 4 U 6/24 (Anlage BB 5).
Außerdem macht die Verfügungsbeklagte weiterhin geltend, die Wohnungseigentümergemeinschaft [...] habe die Arbeiten an der Frischwasserinstallation mit Schreiben vom 06.08.2024 an sich gezogen und der Beklagten jedwede Maßnahme an den Leitungen untersagt. Dies habe das Landgericht nicht berücksichtigt und daher den Anspruch der Verfügungsbeklagten auf rechtliches Gehör verletzt.
Die Verfügungsklägerin hat das Verfahren für die Zeit nach der Besitzaufgabe am 06.12.2024 für erledigt erklärt und beantragt nunmehr
festzustellen, dass der Verfügungsantrag bis zum 06.12.2024 zulässig und begründet war.
Die Verfügungsbeklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen und beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 417 HKO 69/24 vom 22.07.2024 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen sowie
den Feststellungsantrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Einwände der Berufungsbegründung seien aus den im Urteil des Landgerichts genannten Gründen unerheblich.
Ihr Feststellungsantrag sei zulässig. Das Feststellungsinteresse resultiere daraus, dass die Verfügungsbeklagte fortlaufend gegen die einstweilige Verfügung verstoßen habe und das Mietverhältnis fortbestehe. Eine Ahndung dieses rechtswidrigen Verhaltens durch entsprechende Verhängung von Ordnungsmitteln sei nicht mehr möglich, wenn sie den Rechtsstreit umfassend für erledigt erklären würde. Außerdem habe sie den Besitz nur bis zu einer Aufhebung des Berufungsurteils vom 22.10.2024 zum Az. 4 U 6/24 durch den Bundesgerichtshof vorübergehend aufgegeben. Daher bestehe eine Wiederholungsgefahr der Besitzstörungen.
Ergänzend wendet sich die Verfügungsklägerin zudem im Wesentlichen gegen die Behauptung, sie habe im Räumungsverfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Az. 316 O 295/21 und vor dem Senat zum Az. 4 U 6/24 falsch vorgetragen, manipulierte Unterlagen vorgelegt und Zeugen falsch aussagen lassen. Insoweit trägt sie zudem vor, die Klägerin habe keine Gelegenheit gehabt, die Unterschrift des zweiten Gesellschafters A zu fälschen, weil ihr diese bis zum 27.08.2020 nur aus dem streitgegenständlichen Mietvertrag bekannt gewesen sei.
Und schließlich trägt sie unbestritten vor, die Verfügungsbeklagte sei inzwischen das einzige Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft [...].
Zur Ergänzung des Vortrags der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Da die Verfügungsklägerin den Verfahrensantrag zulässigerweise geändert hat (dazu 1.) und der geänderte Antrag sowohl zulässig (dazu 2.), als auch begründet ist (dazu 3.), war die Berufung zurückzuweisen (stRspr., vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04 -, Rn. 9 m.w.N.) und dem geänderten Verfahrensantrag stattzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 -, Rn. 10; KG Berlin, Beschluss vom 28. Oktober 2021 - 12 U 143/19).
1. Die Änderung des Verfahrensantrags war im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO zulässig.
In der neuen Antragstellung, mit welcher Feststellung anstelle von Unterlassung begehrt wird, liegt eine qualitative Klagebeschränkung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 35. Auflage 2024, § 264, Rn. 3b), die nicht dem Erfordernis der Einwilligung oder Sachdienlichkeit des § 533 Nr. 1 ZPO unterliegt (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 533, Rn. 3). Insbesondere die einseitige Erledigungserklärung bildet eine gemäß § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung, durch die nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreicht werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 -, Rn. 8, juris). Auch wird die Antragsänderung insgesamt nur auf Tatsachen gestützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat, § 533 Nr. 2 ZPO.
2. Der neue Feststellungsantrag ist auch im Übrigen insgesamt zulässig, insbesondere hat die Verfügungsklägerin ein nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse.
Soweit der Antrag im Rahmen der einseitigen Erledigungserklärung die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits zum Gegenstand hat (vgl. Zöller/Althammer, a.a.O., § 91a, Rn. 37), besteht ein Feststellungsinteresse, da die Klägerseite aufgrund des erledigenden Ereignisses keine andere Möglichkeit hat, von den Kosten des Rechtsstreits befreit zu werden, wenn sich die Beklagtenseite weigert, sich der Erklärung der Klägerseite anzuschließen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 10. Oktober 2024 - 10 U 80/23 -, Rn. 29, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. November 2024 - I-12 U 14/24 -, Rn. 31, juris).
Für das weitergehende auf die Feststellung der Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglichen Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zum 06.12.2024 gerichtete Antragsbegehren ergibt sich ein Feststellungsinteresse aus dem fortbestehenden Vollstreckungsinteresse der Verfügungsklägerin. Eine solche teilweise Erledigungserklärung nur für die Zukunft, verbunden mit einem Feststellungsantrag bis zu dem erledigenden Ereignis, ist zulässig, wenn ein Vollstreckungstitel für die Vergangenheit Gültigkeit behalten soll, etwa weil aus ihm bereits vollstreckt worden ist oder noch vollstreckt werden soll (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 - I ZB 102/14 -, Rn. 25; Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 -, BGHZ 156, 335 = NJW 2004, 506, Rn. 34 ff.; BeckOK ZPO/Jaspersen, 55. Ed. 1.12.2024, ZPO § 91a Rn. 21, beck-online). Im Falle einer vollständigen Erledigungserklärung wäre die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung hingegen nicht mehr möglich (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 -, BGHZ 156, 335 = NJW 2004, 506, Rn. 30; BeckOK ZPO/Stürner, a.a.O., ZPO § 890 Rn. 41). Das Rechtsschutzinteresse für Ordnungsmittel entfällt nicht, wenn weitere Zuwiderhandlungen ausgeschlossen sind (BeckOK ZPO/Stürner, a.a.O., ZPO § 890 Rn. 40). Die Ordnungsmittel dienen nämlich sowohl der Verhinderung künftiger Verstöße als auch der Bestrafung für begangene Verstöße (KG Berlin, Beschluss vom 2. Januar 2024 - 5 W 140/23 -, Rn. 22, juris).
So liegt der Fall auch hier. Jedenfalls der Unterlassungstitel aus der einstweiligen Verfügung vom 22.07.2024 kann weiterhin gemäß § 890 ZPO vollstreckt werden, soweit die Verfügungsbeklagte bis zur Besitzaufgabe am 06.12.2024 hiergegen verstoßen haben sollte, was nicht im vorliegenden Verfahren, sondern erst in einem etwaigen Ordnungsmittelverfahren zu klären wäre.
3. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Zum einen war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zum 06.12.2024 zulässig und begründet und zum anderen hat sich der Rechtsstreit erledigt, sodass beides auf Antrag der Verfügungsklägerin festzustellen war.
Die Erledigung ist festzustellen, wenn die Hauptsache erledigt ist, also der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig sowie begründet war und aufgrund eines nach Rechtshängigkeit eingetretenen Ereignisses gegenstandslos geworden ist (Zöller/Althammer, a.a.O., § 91a ZPO, Rn. 44).
3.1 Bis zum Auszug am 06.12.2024 bestand ein Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin.
Die Verfügungsklägerin konnte bis zum Auszug am 06.12.2024 von der Verfügungsbeklagten die Wiederherstellung der Wasserversorgung und Unterlassung der Versorgungssperre verlangen.
Der sich grundsätzlich aus dem Mietvertrag selbst ergebende Anspruch bestünde auch im Falle der Beendigung des Mietvertrages fort und beruht sodann auf nachvertraglichen Pflichten der Verfügungsbeklagten, die sich aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergeben, sodass für die Entscheidung unerheblich ist, ob der Mietvertrag mangels wirksamer Ausübung der Verlängerungsoption oder durch Kündigung endete.
Zwar endet mit einer Beendigung des Mietvertrages grundsätzlich auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 Abs. 1 BGB. Allerdings können nach Treu und Glauben einzelne Verpflichtungen des Vermieters noch nach der Vertragsbeendigung bestehen, wozu auch die Pflicht zur Erbringung von Versorgungsleistungen gehören kann (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07 = NJW 2009, 1947, Rn. 16; Urteil vom 27. Mai 2015 - XII ZR 66/13 = NJW 2015, 2795; KG Berlin, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 U 2/11 = NZM 2011, 778, für die Wasserversorgung; KG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 8 U 178/14, MDR 2015, 19, für die Stromversorgung). Für Gewerberaummietverhältnisse können sich solche nachvertraglichen Pflichten im Einzelfall aus den besonderen Belangen des Mieters (z.B. eines durch eine Versorgungssperre drohenden, besonders hohen Schadens) ergeben. Darunter fällt auch die Situation, dass der Mieter im Streit um die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung mit nachvollziehbaren Erwägungen davon ausgehen durfte, weiter zum Besitz berechtigt zu sein (BGH, Urteil vom 27. Mai 2015 - XII ZR 66/13 = NJW 2015, 2795, Rn. 27). Auf der anderen Seite lässt sich eine solche Verpflichtung nur rechtfertigen, wenn sie zugleich den berechtigten Interessen des Vermieters nicht in einer Weise zuwiderläuft, die ihm die weitere Leistung unzumutbar macht, insbesondere wenn bereits die Beendigung des Mietverhältnisses auf dem Zahlungsverzug des Mieters beruht und der Vermieter die Versorgungsleistungen mangels Vorauszahlungen des Mieters auf eigene Kosten erbringen müsste (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07 -, BGHZ 180, 300 = NJW 2009, 1947, Rn. 18).
Auf Basis dieser Erwägungen des Bundesgerichtshofes ist nach Auffassung des Kammergerichts Berlin, welcher sich der Senat anschließt, im Rahmen einer Interessenabwägung nur das Interesse der Verfügungsklägerin an der Aufrechterhaltung der Wasserversorgung gegenüber dem Interesse des Verfügungsbeklagten an der Einstellung der Versorgungsleistungen abzuwägen, nicht hingegen das Interesse an der Aufrechterhaltung des Gebrauchs gegenüber dem Interesse auf Räumung (KG Berlin, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 U 2/11 -, Rn. 4, juris = NZM 2011, 778; a.A.: Guhling/Günter-Menn/Günter, Gewerberaummiete, 3. Aufl. 2024, BGB § 535 Rn. 318). Schließlich kann es dem Vermieter insbesondere bei streitiger Beendigung des Mietverhältnisses nicht freistehen, seinem Interesse an einer schnellen Räumung durch ein Abstellen der Versorgungsleistung zum Erfolg zu verhelfen, sondern maßgeblich ist lediglich, ob der Vermieter Gefahr läuft, auf den Kosten der Versorgungsleistung "sitzen zu bleiben" (so zutreffend KG Berlin, a.a.O., Rn. 6).
Diese Abwägung fällt vorliegend zugunsten der Verfügungsklägerin aus. Für diese besteht ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Wasserversorgung, da die Geschäftsräume ohne diese für die vorgesehene Nutzung des Betriebes einer Agentur nicht möglich ist. Insbesondere sind ohne Leitungswasser weder Handwaschbecken, noch die WC-Spülung oder die in der Mietfläche vorhandene Küche zu betreiben, sodass die Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten dort nicht zuverlässig arbeiten, Besprechungen abhalten oder gar Kunden empfangen können. Durch die hierdurch bedingte Einstellung des Betriebes drohen der Klägerin erhebliche Umsatzausfälle.
Auf der anderen Seite entsteht der Verfügungsbeklagten kein Schaden durch die Weiterversorgung, da die Verfügungsklägerin unstreitig sowohl den Mietzins, als auch die Betriebskostenvorauszahlungen trotz laufender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs unter Vorbehalt der Rückforderung, aber gleichwohl pünktlich und in voller Höhe zahlt. Ob der Verfügungsbeklagten dadurch ein Schaden entsteht, dass sie ihr Bauvorhaben im Falle der Weiterversorgung der Verfügungsklägerin und insbesondere der Fortsetzung der Nutzungsüberlassung an diese nicht vorantreiben kann, ist für die Abwägung unerheblich. Dieses begründet nicht ihr Interesse an der Einstellung der Versorgungsleistungen, sondern lediglich ihr Interesse an der Räumung, welches im Rahmen der Abwägung nicht zu berücksichtigen ist.
Aus dieser auf Treu und Glauben gemäß § 242 BGB beruhenden Pflicht zur Erbringung von Versorgungsleistungen folgt, dass es der Verfügungsbeklagten zum einen verboten war, die Wasserversorgung für längere Zeit als zur Durchführung einer etwaigen erforderlichen Notmaßnahme abzustellen, und sie in der Konsequenz zum anderen verpflichtet war, die Wasserversorgung nach Beendigung der Notmaßnahme aktiv wieder herzustellen.
Dass sich die Verfügungsklägerin ebenfalls gemäß § 242 BGB nicht auf etwaige vertragliche - oder nachvertragliche - Pflichten aus dem Mietverhältnis berufen könne, da sie nur durch manipulierte Unterlagen ein klageabweisendes Urteil erster Instanz im Räumungsverfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Az. 316 O 295/21 erstritten und damit einen Räumungstitel verhindert habe, macht die Verfügungsbeklagte mit der Berufung zu Unrecht geltend. Der Senat hat entgegen der Berufung im Räumungsverfahren zum Az. 4 U 6/24 mit Berufungsurteil vom 22.10.2024 nicht positiv festgestellt, dass die Verfügungsklägerin wissentlich falsch vorgetragen und ein gefälschtes Mietvertragsexemplar vorgelegt hat. Vielmehr hat der Senat lediglich nach der Beweislast der §§ 542 BGB, 440 ZPO entschieden und war nicht davon überzeugt, dass auch der zweite Gesellschafter der A & B GbR, der dortige Zeuge A, das Mietvertragsexemplar der Verfügungsklägerin unterzeichnet hat (vgl. S. 4 und 5 des Berufungsurteils vom 22.10.2024, 4 U 6/24, Anlage BB 5).
Nach Maßgabe des hiesigen Sach- und Streitstandes ist der Senat ebenfalls nicht davon überzeugt, dass die Verfügungsklägerin wissentlich falsch vorgetragen und ein gefälschtes Mietvertragsexemplar vorgelegt hat. Die Verfügungsbeklagte hat hierzu keine geeigneten Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt. Sie hat lediglich das Berufungsurteil vom 22.10.2024 - mit der vorstehend dargestellten Würdigung - als Anlage BB 5 und das dortige Sitzungsprotokoll vom 20.08.2024 als Anlage BB 6 eingereicht.
Schließlich war die Wiederherstellung der Wasserversorgung der Verfügungsbeklagten auch nicht unmöglich.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Verfügungsbeklagte keine Umstände glaubhaft gemacht hat, die die Wiederherstellung der Wasserversorgung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich mache. Insbesondere konnte das Landgericht auf Grundlage der von der Verfügungsbeklagten in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherungen nicht feststellen, dass die behauptete Legionellenbelastung des Rohrleitungssystems einer Wiederinbetriebnahme entgegensteht.
An der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Feststellungen im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens, die mit der Berufungsbegründung auch nicht näher angegriffen werden, bestehen keine Zweifel und es liegen insoweit auch keine Rechtsfehler vor, sodass diese der Berufungsentscheidung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen sind. Es kann dahinstehen, ob ein Rohrleitungsschaden festgestellt wurde. Es ist jedoch nicht ersichtlich und jedenfalls nicht überzeugend glaubhaft gemacht, warum dieser nicht durch übliche Reparaturmaßnahmen zügig beseitigt werden kann. Dass hierfür der gesamte Austausch des Rohrleitungssystems erforderlich ist, erscheint fernliegend und wird auch ausschließlich mit der behaupteten Legionellenbelastung begründet, die das Landgericht wiederum als Grund der Unmöglichkeit auf Grundlage der von der Verfügungsbeklagten in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherungen nicht festzustellen vermochte. Dass hier eine Spülung der Leitungen nicht ausreichend sei, erscheint nicht überzeugend. Mit der Berufungsbegründung werden dazu auch weder neue Tatsachen behauptet, noch neue Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt.
Soweit die Verfügungsbeklagte geltend macht, die Wohnungseigentümergemeinschaft habe die Arbeiten an der Frischwasserinstallation mit Schreiben vom 06.08.2024 an sich gezogen und der Beklagten jedwede Maßnahme an den Leitungen untersagt, steht auch dies auf Grundlage der - wie vorstehend - der Berufungsentscheidung zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts, wonach nicht festzustellen sei, dass die Arbeiten an den Rohrleitungen - etwa wegen einer Legionellenbelastung - derart aufwändig sei, dass eine Wiederherstellung der Wasserversorgung nicht kurzfristig möglich sei, dem Verfügungsanspruch nicht entgegen. Schon da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Verfügungsklägerin und zudem ausweislich ihres als Anlage B 8 vorgelegten Beschlusses ausschließlich noch die Verfügungsbeklagte als Mitglied hat, ist nicht ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte nicht entsprechend zeitnah auf die Wohnungseigentümergemeinschaft einwirken kann, um den Anspruch der Verfügungsklägerin zu erfüllen. Eine Unmöglichkeit ergibt sich daraus nicht.
3.2 Bis zum Auszug am 06.12.2024 bestand auch ein Verfügungsgrund.
Dieser ergibt sich aus dem dringenden Bedürfnis der Wasserversorgung (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 940 ZPO, Rn. 6 und 8.21), die auch in Geschäftsräumen besteht, etwa für Handwaschbecken, die WC-Spülung und die in der Mietfläche vorhandene Küche.
3.3 Mit dem Auszug am 06.12.2024 ist Erledigung eingetreten, da hiernach jedenfalls ein Verfügungsgrund nicht mehr besteht.
Da die Verfügungsklägerin das Mietobjekt geräumt hat, wird sie durch das Abstellen der Wasserversorgung derzeit auch nicht mehr gestört. Die Parteien tragen ausdrücklich vor, dass die Verfügungsklägerin den Besitz jedenfalls vorübergehend aufgegeben und aktuell keinen Besitz hat. Sie kann daher derzeit auch nicht gestört werden. Insoweit gehen beide Parteien davon aus, dass derzeit jedenfalls kein Verfügungsgrund mehr besteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, da das Urteil gemäß § 542 Abs. 2 ZPO nicht revisibel ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Dezember 2024 - I-20 U 33/24 -, Rn. 65, juris).
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO, für die Abänderung des Streitwerts der I. Instanz i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert in einstweiligen Verfügungsverfahren nach § 3 ZPO. Bei der Besitzstörung ist gemäß § 3 ZPO der Streitwert nach dem Unterlassungsinteresse des Klägers zu bemessen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. Mai 2023 - 3 W 31/23, Rn. 7; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. März 2012 - I-24 W 17/12 -, Rn. 3, juris; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. Februar 2010 - 1 W 7/10 -, Rn. 5, juris; Zöller/Herget, a.a.O., § 3 ZPO, Rn. 16.46), wobei im Falle einer Besitzstörungsklage eines Mieters der Rechtsgedanke des § 41 Abs. 5 GKG zur Anwendung gebracht werden kann (so OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. September 2007 - 19 W 57/07, Rn. 3, juris).
Nach diesen Maßstäben kann das Unterlassungsinteresse auf Basis einer monatlichen Bruttomiete von 5.065,00 € bei einer Minderungsquote von 50 % auf 30.390,00 € geschätzt werden, da die Nutzbarkeit des Mietobjekts nach der Darstellung der Verfügungsklägerin für ihre gewerblichen Zwecke aufgrund der Unterbrechung der Wasserversorgung erheblich eingeschränkt ist.
Zwar gebietet ein einstweiliges Verfügungsverfahren in der Regel einen Abschlag (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 3 ZPO, Rn. 16.63). Da dem vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren aufgrund der massiven Besitzstörung für die Verfügungsklägerin eine kaum weniger wirtschaftliche Bedeutung beikommt als einem Hauptsacheverfahren (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. März 2012 - I-24 W 17/12 -, Rn. 4, juris), bemisst der Senat diesen Abschlag mit nur 20 %. Somit ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 30.390,00 € x 80 % = 24.312,00 €.