· Fachbeitrag · Personalmanagement
Sieben teure Personalfehler vermeiden
von Zach Davis, Buchholz, simple-first.de
| Nicht immer sind es die großen Veränderungen, die eine Verbesserung herbeiführen. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen sieben häufige „Stolperfallen“ zeigen, die mir im Zusammenhang mit dem Personalmanagement immer wieder auffallen ‒ auf den ersten Blick eigentlich Kleinigkeiten, aber mitunter mit großen Auswirkungen. |
Fehler Nr. 1: Entwicklungspotenzial ungenutzt lassen
Manche Chefs sind der Meinung: „Meine Mitarbeiter wollen sich einfach nicht weiterentwickeln.“ Meiner Erfahrung nach möchten die meisten Mitarbeiter aber grundsätzlich wachsen. Die Herausforderung besteht darin, die Entwicklung so zu gestalten, dass sie weder überfordert noch unterfordert sind. Wenn das gelingt, macht der Fortschritt beiden Seiten Freude, da er realistisch und machbar ist. Ein einfacher und pragmatischer Ansatz, um Mitarbeiter unter diesen Bedingungen zu fördern, ist das Konzept des „nächsten machbaren Schritts“. Hierbei wird für jeden Mitarbeiter eine Entwicklungsdimension definiert, gefolgt von einem kleinen, realisierbaren Schritt. Dieser Schritt kann aus der Sicht der Führungskraft manchmal sehr klein wirken, doch er bringt die Sache und die Person in Bewegung. Das Prinzip dahinter ist, die Entwicklung in so kleine Schritte zu unterteilen, dass sie jeweils höchstens minimal außerhalb der Komfortzone des Mitarbeiters liegen. Viele kleine Schritte summieren sich über die Zeit zu einem großen Fortschritt.
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Fehler Nr. 2: Eigenständigkeit fordern, aber einschränken
Ein häufiger Wunsch an Mitarbeitende ist mehr Eigenständigkeit. Doch an der wahrgenommenen Unselbstständigkeit sind Führungskräfte oft nicht ganz unbeteiligt. Natürlich sagen Sie Ihrem Mitarbeiter nicht ausdrücklich, dass er weniger eigenständig denken und handeln soll. Doch an vielen Stellen machen Regeln, Anweisungen und Erwartungen ‒ implizit ‒ deutlich, dass ihm die Entscheidungsfähigkeit nicht zugetraut wird.
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Fehler Nr. 3: Unausgewogene Gehaltsstrukturen
Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, Gehälter sind spürbar gestiegen. Früher oder später wird das Gehaltsniveau des bestehenden Personals angehoben werden müssen. Gehaltsungerechtigkeiten lassen sich oft nicht sofort beheben, aber sie können einen Plan entwickeln, um diese im Laufe der Zeit abzubauen. Es zahlt sich in der Regel aus, marktkonforme Gehälter zu zahlen und gleichzeitig ein überdurchschnittlich gutes Arbeitsumfeld zu bieten ‒ sei es durch ein positives Miteinander, Entwicklungsmöglichkeiten oder das Berücksichtigen individueller Bedürfnisse. Andererseits ist es ratsam, sich beim Thema Gehalt nicht erpressen zu lassen. Jemand, der nur wegen einer erfüllten Gehaltsforderung bleibt (vorausgesetzt, die Person war nicht unterbezahlt), neigt auch in Zukunft mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einem Wechsel. Dasselbe gilt auch für diejenigen, die nur des Geldes wegen kommen. Sie verlassen das Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus finanziellen Gründen wieder.
Fehler Nr. 4: Unter Druck die falsche Wahl treffen
Wenn dringend Verstärkung gebraucht wird, ist die Versuchung groß, jemanden einzustellen, der eigentlich nicht richtig passt. Warnsignale (wie häufiger Stellenwechsel) werden großzügig übersehen. Hier ist die Lösung, den Druck erst gar nicht entstehen zu lassen, z. B. durch eine vorausschauende Personalpolitik. Das ermöglicht auch, Persönlichkeitstests einzusetzen, um zu prüfen, ob die Stelle und der Kandidat überhaupt zueinander passen. Einstellungsentscheidungen müssen auch nicht nur von einer Person getroffen werden. Oft ist es empfehlenswert, mehrere Personen in den Rekrutierungsprozess einzubeziehen, nicht nur die Chefin oder den Chef. Mitarbeitende können z. B. mit dem Kandidaten über fachliche Themen sprechen und seine Arbeitsweise bei einer Arbeitsprobe erkennen.
Fehler Nr. 5: Im Wettstreit um Talente den Kürzeren ziehen
Gute Kandidaten haben mehrere Optionen. In diesem Wettbewerb reicht der zweite Platz leider nicht aus. Neben ein paar wenigen, meist unveränderlichen Faktoren wie der Entfernung zum Wohnort, entscheidet vor allem eines: Welche Praxis spricht die Motive des Kandidaten am besten an ‒ aus dessen Sicht? Hier ist es entscheidend, die Beweggründe des Kandidaten zu verstehen. Doch der Kandidat spricht nicht immer offen über seine wahren (Wechsel-)Motive, z. B. weil er nicht den Eindruck hinterlassen möchte, schlecht über den aktuellen Arbeitgeber zu sprechen.
PRAXISTIPP | Beginnen Sie Fragen nach den Motiven des Wechsels positiv. Fragen Sie zuerst, was dem Kandidaten an seiner aktuellen Situation besonders gut gefällt. Das gibt Ihnen z. B. die Möglichkeit, hervorzuheben, dass auch Ihnen diese Punkte wichtig sind. Wenn Sie so im Gespräch Vertrauen aufgebaut haben, können Sie nach den Punkten fragen, bei denen der Kandidat sich eine Veränderung wünscht. Sollten Sie die genannten Punkte nicht erfüllen können, sollten Sie natürlich ehrlich bleiben. Wenn Sie jedoch in der Lage sind, diese Wünsche zu bedienen, können Sie dies auf elegante Weise zum Ausdruck bringen. |
Fehler Nr. 6: Kurz vor dem Vertragsabschluss scheitern
Nachdem Sie mit dem Kandidaten grundsätzlich eine Zusammenarbeit anstreben und die Eckdaten mündlich besprochen haben, braucht es einen Arbeitsvertrag. Diesen schicken Sie ihm im Entwurf zu. Wenn jetzt Änderungswünsche kommen, die aus Ihrer Sicht mehr als nur Kleinigkeiten sind, dann klären Sie die Motivation dahinter nicht per E-Mail. Laden Sie den Kandidaten zu einem erneuten persönlichen Gespräch ein. Falls das nicht möglich ist, greifen Sie zum Telefon oder führen Sie ein Videogespräch. Viele Anliegen lassen sich so einfach klären. So verlangte eine Kandidatin schriftlich „unbegrenztes Homeoffice“. Es stellt sich heraus: Sie wollte nur flexibel arbeiten können, wenn beispielsweise ihr Kind krank ist. Ein anderer Kandidat forderte acht Wochen Urlaub. Tatsächlich ging es um ein „Workation“ über den Sommer.
Fehler Nr. 7: Die Zeit bis zum Arbeitsstart ungenutzt lassen
Zwischen der Vertragsunterschrift und dem ersten Arbeitstag vergeht oft einige Zeit ‒ in der Regel mehrere Wochen, oft Monate. Während dieser Zeit geht das Leben auf beiden Seiten weiter, doch für den neuen Mitarbeiter ist es oft eine Phase der Veränderung, die Unsicherheit und Fragen aufwerfen kann. In dieser Phase unternehmen Arbeitgeber meistens wenig, abgesehen von einigen organisatorischen Absprachen. Das können Sie einfach ändern.
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Hier sind einige Ideen: Gratulieren Sie zum Geburtstag, wenn er in diesen Zeitraum fällt. Oder wie wäre es mit einer Willkommenskarte von der Praxisleitung und dem Team? Wenn Sie etwas über die Interessen des neuen Mitarbeiters erfahren haben oder dies auf Social Media sichtbar ist, schicken Sie ein Buch zu diesem Thema. Schicken Sie Fotos vom neu eingerichteten Arbeitsplatz oder ein kleines Willkommensvideo vom Mentor. Treffen Sie sich auf ein Abendessen im kleinen Kreis oder mit dem Team. Der Mentor könnte ein kurzes Video mit einer freundlichen Botschaft aufnehmen. |
ZUM AUTOR | Zach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung sowie Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH.