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  • · Haftung

    Patienten müssen auch bei Schnee und Glatteis sicher in die Physiopraxis kommen!

    Bild: © Darius Turek - Fotolia.de

    | Der Winter hat plötzlich Einzug gehalten. Für Passanten wird der Gang über unzureichend geräumte Bürgersteige aber leicht zum rutschigen Alptraum, der im Krankenhaus enden kann. Wegen des Durchgangsverkehrs ist ein gut funktionierender Winterdienst deshalb gerade für Physiopraxen besonders wichtig. PP erläutert die Winterdienstpflichten einer Praxis. |

    Winterdienstpflichten sind gesetzlich vorgegeben

    Winterdienstmaßnahmen wie Schneeräumen und Streuen sind nicht nur wichtig, sondern auch Pflicht:

     

    • Zum einen gehören sie zu den sog. Verkehrssicherungspflichten, also der Pflicht zur Sicherung von Gefahrenquellen (PP 12/2020, Seite 13). Bei einer Gefahrenquelle muss der Verkehrssicherungspflichtige Vorkehrungen treffen um zu verhindern, dass andere zu Schaden kommen können. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht kann zu Schadenersatzansprüchen führen.

     

    • Zum anderen sind die Winterdienstpflichten konkret in den Straßenreinigungs- und Wegegesetzen der Städte und Gemeinden verankert. Werden diese Vorschriften ignoriert, droht ein Bußgeld. Und nicht nur das: Stürzt z. B. ein Patient auf dem Zuweg zu Ihrer Praxis, der nicht vorschriftsgemäß von Schnee und Glätte befreit wurde, so kann er den für den Winterdienst Verantwortlichen auf Schadenersatz verklagen.

    Wer ist für das Schneeschippen und Streuen zuständig?

    Oft herrscht Unklarheit darüber, wer für das Schneebeseitigen zuständig ist: Gemeinde, Grundstückseigentümer, Hausverwaltung, Vermieter oder Mieter? Zunächst einmal liegt die Pflicht zur Räumung von Schnee und Eis und die Streupflicht bei den Städten und Gemeinden. Die Gemeinden entlasten sich jedoch dadurch, dass sie diese Verpflichtung auf die Anlieger (Grundstückseigentümer) übertragen. Diese sind dann nicht nur auf den wesentlichen Wegen innerhalb ihres Grundstücks, sondern auch für die öffentlichen an ihr Grundstück angrenzenden Wegabschnitte verantwortlich.

     

    MERKE | Wird das Grundstück vermietet, können die Vermieter diese Verpflichtung wiederum an ihre Mieter übertragen. Hier muss der Mieter oder die Mietergemeinschaft regelmäßig nach Vorschrift Schneeräumen und streuen.

     

    Was im Mietvertrag zu regeln ist

    Die Verpflichtung des Mieters zum Winterdienst darf sich nicht nur in der Hausordnung wiederfinden, sondern muss auch ausdrücklich im Mietvertrag geregelt sein. Überprüfen Sie daher sowohl als Mieter als auch als Vermieter, ob der Winterdienst im Mietvertrag (eindeutig und formfehlerfrei) geregelt ist. Bei mehreren Mietparteien (Mietergemeinschaft) muss geregelt werden, wer wann für welchen Bereich zuständig ist. Hierzu können die Mieter in Absprache mit dem Vermieter einen Reinigungsplan erstellen, der im Hausflur aufgehängt wird. Wer für den Winterdienst zuständig ist und diesen selbst ausführt, ist verpflichtet, im Urlaubs- oder Krankheitsfall für eine Vertretung zu sorgen.

     

    MERKE | Trotz Übertragung des Winterdienstes auf den Mieter steht der Vermieter weiterhin in einer Überwachungspflicht. Er hat Sorge dafür zu tragen, dass der Mieter den Winterdienst ordnungsgemäß zur rechten Zeit und in ausreichendem Umfang ausführt. Kommt er dieser Kontrolle nicht nach, so kann er im Schadensfall haftbar gemacht werden.

     

    Was gehört zu den Winterdienstpflichten?

    Der genaue Umfang und der Zeitrahmen der Räum- und Streupflicht variieren in den Bundesländern und Gemeinden. In den Gemeinde- bzw. lokalen Straßenreinigungssatzungen können Sie die jeweils örtlich geltenden Regelungen nachlesen. Auskunft gibt ebenfalls die zuständige Gemeindeverwaltung.

     

    Die Räumpflicht

    Die Räumpflicht beinhaltet die Beseitigung von Schnee und Eis auf öffentlichen grundstücksangrenzenden Gehwegen. Zudem müssen auf dem Grundstück alle wichtigen Wege geräumt werden (wie der Zuweg zum Hauseingang, zu Garage, Parkplatz und Mülltonne). Der Schnee darf nicht einfach auf die Straße geschoben werden, sondern ist an den Gehwegrand zu schaufeln. In der Regel sollte die Breite des geräumten Pfades mindestens einen Meter betragen (in Berlin jedoch für Hauptverkehrs- und Geschäftsstraßen 1,50 Meter). Einige Gemeindesatzungen ergänzen, dass mindestens zwei Personen aneinander vorbei passen sollten. Sonderregelungen kann es auch in Fußgängerzonen geben.

     

    Die Streupflicht

    Die Streupflicht zielt darauf, den Weg rutschfrei zu machen. Zum Streuen kommen sogenannte abstumpfende Mittel in Betracht, wobei nicht jedes Material erlaubt ist. Während Sand und Splitt gängige Streumittel sind, ist Streusalz aus Umweltgründen in vielen Ortschaften verboten. Ortssatzungen geben Auskunft über die erlaubten und empfohlenen Einsatzmittel.

     

    PRAXISTIPP | Die Räum- und Streupflicht besteht in vielen Gemeinden werktags zwischen 07:00 und 20:00 Uhr, sonn- und feiertags zwischen 9:00 und 20:00 Uhr. Ausnahmen gibt es bei Publikums- oder Patientenverkehr nach 20:00 Uhr. Des Weiteren muss je nach Wetterverhältnissen ‒ umgehend nach Beendigung des Schneefalls bzw. des Entstehens von Glätte ‒ mehrfach pro Tag Schnee oder Glätte beseitigt werden.

     

    Aktuelle Bestimmungen Ihrer Stadt oder Gemeinde prüfen

    Es gibt neben den unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer, Städte und Gemeinden eine Fülle von Gerichtsurteilen mit unterschiedlichen Rechtsprechungen. Zudem werden Satzungen und Verordnungen immer wieder aktualisiert. Daher ist es wichtig für Sie, sich über die aktuellen Bestimmungen in Ihrer Stadt oder Gemeinde zu informieren. Beherzigen Sie die Vorschriften und räumen Sie lieber einmal mehr als zu wenig. Ein gut geräumter und gestreuter Zuweg entspricht dem verantwortungsbewussten Image Ihrer Praxis, gibt Ihren Patienten ein Gefühl von Sicherheit und ist in diesem Sinne der Patientenbindung förderlich.

     

    • Tipps für die Organisation des Winterdienstes
    • Informieren Sie sich bei Ihrer Gemeinde über die aktuellen örtlichen Winterdienstvorschriften (genauer Umfang, Zeiten, Besonderheiten).
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    • Klären Sie, wer (nach Ihrem Praxismietvertrag bzw. der Hausordnung) verantwortlich ist, wer Räum- und Streuarbeiten nach Vorschrift ausführen muss und die Aufsichtspflicht hat.
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    • Sind Sie als Praxisinhaber selbst oder in der Mietgemeinschaft verantwortlich, stellen Sie einen Winterdienstplan auf. Dieser enthält Informationen über die zu reinigenden Wege innerhalb und außerhalb des Grundstücks. Der Plan bestimmt die für die Ausführung zuständigen Personen, die Vertretung im Urlaubs- oder Krankheitsfall, die Winterdienstzeiten und die einzelnen Aufgaben.
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    • Klären Sie, inwieweit Maßnahmen, die über die gesetzlichen Vorschriften hinaus gehen, speziell für Ihre Patienten wichtig und sinnvoll sind (z. B. für Rollstuhlfahrer).
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    • Besorgen Sie rechtzeitig Streugut sowie entsprechende Gerätschaften zum Schneebeseitigen (Ortssatzungen regeln erlaubte Einsatzmittel).
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    • Achten Sie in der Praxis auf einen trockenen und rutschfesten Boden. Schnell entsteht im Eingangsbereich eine Rutschgefahr durch geschmolzene Schneereste aus dem Schuhprofil der Patienten. Das Auslegen von Fußmatten und das regelmäßige Wischen des Bodens sind sinnvoll.
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    • Stellen Sie zudem ein Hinweis-Schild auf: „Achtung Rutschgefahr!“
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    • Prüfen Sie die Bestimmungen Ihrer Haftpflichtversicherung bzw. Ihrer Haus- und Gebäudeversicherung.
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    • Empfehlenswert ist es, Ihren Winterdienst in sogenannten Streubüchern zu dokumentieren. Hier werden die tatsächlich durchgeführten Winterdienstmaßnahmen notiert: Wer hat welche Maßnahmen wann und wo bei welchen Wetterverhältnissen (Schneefall, Temperatur) und mit welchem Streumittel durchgeführt? Kommt es zu einem Schadensfall, können Sie anhand der Dokumentation einen vorschriftsgemäß ausgeführten Winterdienst nachweisen.
     
    Quelle: ID 47138378