· Fachbeitrag · Betriebswirtschaft
Verkauf von Wirtschaftsgütern an Mitarbeiter: So gehen Sie rechtskonform und transparent vor
von Dipl.-Kfm. Thomas Schneider, Essen
| Werden in einer Physiopraxis bestimmte betriebliche Anlagegüter (Trainingsgeräte, Computer, Praxis-Pkw) nicht mehr benötigt oder haben ihre wirtschaftliche Nutzungsdauer überschritten, können diese u. U. für die Beschäftigten noch von Interesse sein. Verkaufen statt entsorgen scheint wirtschaftlicher und ‒ was heute immer wichtiger wird ‒ auch nachhaltiger. Auch Einsatzstoffe für die Patienten (Kinesiotapes, Massageöl, Nahrungsergänzungsmittel) können gleichermaßen für Angestellte privat von Nutzen sein. Verkauft ein Praxisinhaber Wirtschaftsgüter an seine Mitarbeiter, ergeben sich allerdings steuerliche Auswirkungen. Selbst ein Verschenken wäre relevant, da meistens ein sog. geldwerter Vorteil beim Empfänger entsteht, auf welchen Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Unabhängig davon ist auf ein faires und transparentes Vergabeverfahren zu achten. |
So ermitteln Sie den geldwerten Vorteil
§ 8 Abs. 2 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) definiert den üblichen Marktpreis als den „um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort“. Übliche Preisnachlässe dürfen pauschal mit 4 Prozent zur Vereinfachung zum Ansatz gelangen (R 8.1 Abs. 2 S. 3 Lohnsteuerrichtlinie [LStR]). Wird anstatt des Endpreises der ebenfalls zulässige günstigere Marktpreis angesetzt, darf kein 4-prozentiger Abschlag erfolgen. Die vereinbarten Preise sind zu dokumentieren, damit im Rahmen einer möglichen Prüfung der Sozialversicherungsträger oder der Finanzbehörden dargelegt werden kann, wie der Preis und ggf. der geldwerte Vorteil gebildet wurden.
Die Ermittlung von Preisen wird keine große Hürde darstellen, da es für fast alle Dienstleistungen und Waren geeignete Verkaufsplattformen gibt. Bei hochpreisigen Anlagegütern kommt die Erstellung eines Wertgutachtens in Betracht.
Bei Verbrauchsartikeln gilt ein Rabattfreibetrag von 1.080 Euro
Bei den üblichen Endpreisen von Verbrauchsartikeln muss es sich um Verkaufspreise an Endverbraucher handeln, die nicht den Einkaufspreisen des Praxisinhabers entsprechen. Bei Waren, die eine Praxis auch für Dritte an Dritte vertreibt und nicht nur überwiegend seinen Arbeitnehmern zur Verfügung stellt (z. B. Therabänder, Massagebälle), gibt es eine weitere Besonderheit. Dies betrifft Fälle, in denen der Vertrieb dieser Wirtschaftsgüter das originäre Geschäft darstellen. Die Preisermittlung ist identisch, allerdings gibt es je Kalenderjahr einen Freibetrag in Höhe von 1.080 Euro, bis zu welchem der Vorteil aus einer günstigeren Überlassung steuer- und beitragsfrei ist (§ 8 Abs. 3 EStG). Dieser sogenannte Rabattfreibetrag kann nur angewandt werden, sofern keine Lohnsteuerpauschalierung vorgenommen wird (s. u.).
Der Wert von E-Bikes darf pauschal angesetzt werden ...
Weiterhin gibt es besondere Regelungen bei E-Bikes, welche über den Arbeitgeber gefördert bzw. beschafft werden. Hier erlaubt die Finanzverwaltung (Bundesfinanzministerium [BMF] v. 17.11.2017 ‒ IV C 5 - S 2334/12/10002-04 Bundessteuerblatt [BStBl] 2017 I S. 1546), dass der Wert nach einer Nutzungsdauer von 36 Monaten pauschal mit 40 Prozent auf die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des E-Bikes (einschließlich Umsatzsteuer) angesetzt wird.
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Bei einem E-Bike mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 3.000 Euro inkl. Umsatzsteuer läge der Wert nach 36 Monaten bei 1.200 Euro. Kann ein niedrigerer Wert nachgewiesen werden, darf dieser berechnet werden. Wird das E-Bike z. B. für 700 Euro verkauft, ergibt sich ein geldwerter Vorteil von 500 Euro. Dieser Vorteil kann pauschal mit 25 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) versteuert werden (§ 40 Abs. 2 Nr. 7 EStG). In der Sozialversicherung ist der pauschal besteuerte geldwerte Vorteil beitragsfrei. |
... ebenso wie der Wert von Datenverarbeitungsgeräten und Zubehör!
Vergleichbares gilt für die vergünstigte Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten, wo die Möglichkeit zur Pauschalierung mit 25 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) ebenfalls besteht (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG). Unter die diese Geräte fallen Smartphones, Tablets, Laptops, Computer wie auch Zubehörgeräte wie Monitore oder Drucker.
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So gehen Sie beim Verkauf transparent vor
Wer welches Gut zu welchem Preis erwerben darf, wird in der Praxis aufmerksam verfolgt. Deshalb sollten Sie ein objektives, nachvollziehbares Verfahren gewährleisten, selbst wenn die monetäre Betrachtung scheinbar geringe Bedeutung des Sachverhaltes signalisiert.
Geben Sie den Beschäftigten Zeit, Ihr Angebot zur prüfen
Der potenzielle Kauf eines Praxisguts unterscheidet sich vom „normalen“ Einkaufsverhalten, da bis zum Bekanntwerden des Angebotes häufig Unklarheit über den potenziellen Nutzen herrscht. Will ein Mitarbeiter privat einen neuen Laptop kaufen, wird er Angebote einholen, vergleichen und das bevorzugte Objekt erwerben. Bietet die Praxis einen speziellen Laptop zum Verkauf an, werden Mitarbeiter ihren Bedarf prüfen und abwägen, ob das angebotene Objekt ihren Bedürfnissen entspricht. Daher ist eine gewisse Zeitspanne zwischen der Bekanntgabe des Verkaufs und der möglichen Angebotsabgabe ratsam. Empfehlenswert sind mindestens zwei Wochen, auch weil Angebote möglicherweise für Angehörige oder Freunde interessant sind.
Vermeiden Sie Insiderinfos und Begutachtungen während der Arbeit
Ob Begutachtungen möglich sind, ist im Einzelfall abzuwägen. Zu vermeiden ist eine Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe, wenn z. B. ein Fahrzeug verkauft werden soll, können potenzielle Käufer nicht Probefahrten während der Arbeitszeit durchführen. Außerdem sind „Insiderinformationen“ zu vermeiden. So wird der Nutzer eines bestimmten Gutes im Zweifel mehr über die Gebrauchsfähigkeit und mögliche Einschränkungen wissen, bspw. aufgrund der langen Einsatzdauer oder notwendiger Reparaturen. Bei Ankündigung des Verkaufs werden Mängel schriftlich aufgeführt, schon um Missverständnisse auszuschließen.
Verkaufen oder verschenken? ‒ Entscheiden Sie sich!
Nachdem die Interessenten die Möglichkeit der Inaugenscheinnahme erhalten haben, erfolgt der Verkauf. Der Buchwert gibt kaum Hinweise auf den Marktwert. Ältere Betriebsgüter wurden oft auf den Erinnerungsbuchwert von einem Euro abgeschrieben. Entweder wird unter wirtschaftlichen Bedingungen verkauft oder vollständig verschenkt. Vermengungen erfüllen weder den Zweck der Begünstigung der Mitarbeiter noch des wirtschaftlichen Gewinnstrebens vollständig.
Ermitteln Sie den Preis auf transparente Weise
Eine Preisfestlegung durch den Praxisinhaber wird nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten beitragen. Entweder ist der Preis zu hoch und niemand erwirbt das Gut oder der Preis ist zu niedrig und zahlreiche Nachfragen entstehen, wobei nur einer zum Zuge kommt. Das Prozedere „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ führt oft zu Mutmaßungen über persönliche Vorteilsnahme.
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Stellen Sie eine reibungslose Übergabe sicher!
Mit dem Zuschlag möchten die Käufer in den Besitz des erworbenen Gutes gelangen. Deshalb sollte das zu veräußernde Wirtschaftsgut beim Kauf einsatzbereit sein. Je nach Wirtschaftsgut ist eine Aufstellung zu erstellen und die Verantwortlichkeit festzulegen. Bei IT-Geräten müssen sämtliche Daten und Programme gelöscht sein. Ggf. andernorts gelagerte Gebrauchsanweisungen und Zubehör sind beizufügen. Ebenso ist festzulegen, wie lange ein Gegenstand noch in der Praxis verbleiben kann, bis er spätestens abzuholen ist.
Binden Sie Auszubildende bzw. Therapeutenschüler ein!
Eine interessante Möglichkeit der Abwicklung besteht in der Übertragung auf Auszubildende bzw. Therapeutenschüler. Diese können den gesamten Prozess, vom Angebot bis zur Rechnungsstellung und Ausbuchung begleiten.