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  • · Fachbeitrag · Patientenführung

    Sport nach Corona ‒ fünf Tipps für den Umgang mit Patienten

    von Dr. Marc Weitl, CEO cardioscan GmbH, Hamburg, cardioscan.de

    | Seit einem guten Jahr sehen sich Physiotherapeuten vermehrt mit Patienten konfrontiert, die an Corona erkrankt waren oder nicht genau wissen, ob sie das Virus hatten. Was muss ich beachten, wenn ich nach einer Infektion oder auch nach einer längeren Lockdown-Pause sportlich wieder einsteigen will? In Zeiten der großen Verunsicherung können Physiotherapeuten einen sicheren Rahmen schaffen ‒ hier einige Tipps für die Praxis. |

    1. Es gibt kein Schema F für den Wiedereinstieg

    Dass Sport während des akuten Infekts und solange der eigene Gesundheitszustand als schwach empfunden wird tabu ist, sollte jedem klar sein. Darüber hinaus sind pauschale Empfehlungen à la „sechs Wochen nach Corona keinen Sport machen“ jedoch unseriös. Einige Menschen sind vielleicht früher wieder belastbar, andere brauchen viel mehr Zeit für ihre Regeneration. Jeder kennt die besorgniserregenden Geschichten von Menschen, die nach einer Grippe sportlich zu früh durchgestartet sind und dann dem Herztod erlagen. Um eine sichere individuelle Trainingsempfehlung geben zu können, ist die richtige Eingangsdiagnostik wichtig.

    2. Herzmuskelentzündung: Kalkulieren Sie das Risiko ein

    Eine Coronainfektion ist ein bisschen mit einem grippalen Infekt vergleichbar, was die Beeinträchtigung des Herzens betrifft. Mit jedem Herzschlag werden die Viren durchs Herz gepumpt und daraus können sich ausgewachsene Herzmuskelentzündungen entwickeln. Besonders tückisch ist, dass eine Herzmuskelentzündung häufig unbemerkt bleibt und ohne Symptome ausheilt. Die Entzündung jedoch kann im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen. Es gibt Sportler, die sich nach einem Infekt fit fühlen und mitten im Wettkampf einen Herzstillstand erleiden. Absolut vermeidbar.

    3. Messen Sie die Herzfrequenzvariabilität des Sportlers

    Es empfiehlt sich für jeden Sportler nach überstandener oder möglicher Coronainfektion und auch nach einer längeren Lockdown-Sportpause zumindest und dringend eine Messung der Herzfrequenzvariabilität, auch Herzratenvariabilität (HRV) genannt. Ein gesundes Herz schlägt nicht gleichmäßig wie ein Metronom, sondern reagiert flexibel auf unterschiedliche Stresssituationen des Alltags. Das können z. B. Belastungen im Job sein, aber eben auch körperlicher Stress, zu dem auch Sport zählt. Liegt eine Herzstörung vor und ist die HRV zu niedrig, kann eine zu hohe Belastung des Herzens dramatische Folgen haben. Wer sein Training an seiner HRV orientiert, kann solche gefährlichen Überbelastungen verhindern und sicher zurück in die Aktivität kommen.

     

    Die HRV kann mittels EKG, aber auch durch Fitness-Tracker mit daran gekoppelten Apps bestimmt werden. Moderne Tools zeigen z. B. auf einer Rot-Grün-Skala an, wann die HRV normal oder außerhalb der Norm ist. Bei zu niedriger HRV sollte man zunächst nur im Regenerativbereich trainieren oder pausieren. Stellt sich bei Wiederholungsmessungen innerhalb von zwei Wochen keine Besserung ein, sollten ganzheitliche Maßnahmen zum Stressabbau eingeleitet werden (PP 02/2020, Seite 8). Sollte dann immer noch keine Besserung eintreten, ist ein Arztbesuch empfehlenswert.

    4. Nutzen Sie Körperdaten-Tools!

    Neben der HRV gibt es weitere Körperdaten, die zum einen dabei helfen, Patientinnen und Patienten individuellere Empfehlungen zu geben, und zum anderen den Therapieerfolg belegen können, wie z. B.:

     

    • Ruhe-EKG (als Risiko-Screening)
    • Körperzusammensetzung als Erhebung des Status quo und Grundlage zur Erfolgsdokumentation
    • Stoffwechselanalyse

     

    Die Investition in Körperdaten-Tools ‒ von kleinen mobilen Lösungen bis hin zu Hightech-Körperscannern ‒ stärkt auch die Positionierung einer Physiopraxis im Medical-Fitness-Bereich (siehe weiterführenden Hinweis).

    5. Bauen Sie Ihren Selbstzahlerbereich aus

    Die Pandemie kann für physiotherapeutische Praxen eine Chance sein, den Selbstzahlerbereich auszubauen: Training unter kontrollierten Bedingungen mit dem Angebot der regelmäßigen Erfassung und Auswertung von Körperdaten wird von vielen Patienten als echter Benefit wahrgenommen. In regelmäßigen Checks können die Fortschritte der Patienten und damit die Effizienz der physiotherapeutischen Sitzungen schwarz auf weiß dokumentiert werden.

     

    MERKE | Das um Körperdaten erweiterte Angebot stärkt auch die Rolle physiotherapeutischer Praxen als Sparringspartner in Sachen Vorsorge. Und ganz nebenbei werden Physiopraxen ‒ sofern sie entsprechende Trainingsgeräte vorhalten ‒ durch den stärkeren Fokus auf Sport und Körperdaten unter Umständen sogar als gute (Lockdown-)Alternative zu Fitnessstudios wahrgenommen.

     

    zum Autor | Marc Weitl war Kunstturner, hat in Sportmedizin promoviert mit dem erklärten Ziel, den plötzlichen Herztod bei Sportlern zu bekämpfen. Aus dieser Motivation heraus gründete er 2001 nach vielen Jahren in Klinik und Forschung in Hamburg die cardioscan GmbH für eine bessere Diagnostik von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dem cardioscan-Team vertrauen mehr als 10.000 Health Professionals großer Kliniken und Unternehmen. Millionen Menschen werden weltweit jährlich mit der patentierten cardioscan-Technologie untersucht. Dr. Marc Weitl ist CEO von cardioscan.

    Weiterführender Hinweis

    • PP-Sonderausgabe „Umsatzplus mit Medical Fitness“, online unter iww.de/pp, Abruf-Nr. 46119174
    Quelle: Ausgabe 04 / 2021 | Seite 12 | ID 47281939