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  • · Fachbeitrag · Heilmittelverordnung

    WIdO-Bericht 2017: Ausgaben für Physiotherapien steigen langsamer als Gesamtausgaben

    von Alexandra Buba M. A., Wirtschaftsjournalistin, Fuchsmühl

    | Die gesetzlichen Krankenkassen haben im Jahr 2016 einen Betrag von insgesamt 223 Mrd. Euro für ihre Versicherten ausgegeben (2015 waren es noch 202,5 Mrd. Euro). Davon entfiel ein relativ kleiner Teil von 2,9 Prozent auf Ausgaben für Heilmittel. Absolut waren dies 6,5 Mrd. Euro (im Vorjahr 6,1 Mrd. Euro). Den größten Anteil davon machte die Physiotherapie aus. Die Ausgaben für die Physiotherapie sind allerdings weniger stark gestiegen als die Gesamtausgaben. Das sind einige Erkenntnisse aus dem aktuellen Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO-Bericht). |

    Heilmittel: Verteilung der Leistungsbereiche

    Der Anteil der Leistungsbereiche Physiotherapie, Ergotherapie, Sprachtherapie und Podologie an den Verordnungen und Umsätzen, die auf Heilmittel entfallen, ist unterschiedlich groß.

     

    • Heilmittel: Verordnungs- und Umsatzanteile
    Leistungsbereich
    Verordnungen (%)
    Umsatz (%)

    Physiotherapie

    84,3

    71,7

    Ergotherapie

    6,9

    14,7

    Sprachtherapie

    4,9

    10,7

    Podologie

    3,9

    2,8

     

    Es fällt auf, dass die Umsatzanteile bei Ergo- und Sprachtherapie im Vergleich zu den Verordnungsanteilen relativ hoch ausfallen. Grund dafür sind die vergleichsweise teuren therapeutischen Mittel. Dagegen werden in die physiotherapeutischen Leistungen auch die preiswerten, ergänzenden Maßnahmen wie Heißluft und Fangopackung miteingerechnet. Deshalb ist in der Physiotherapie der Umsatzanteil geringer als der Verordnungsanteil.

    Zahl der Heilmittelerbringer steigt

    Im Jahr 2016 gab es, bezogen auf die Statistik der AOK, 66.663 Leistungserbringer (65.328 niedergelassene Therapeuten und 1.024 Krankenhäuser).

     

    • Anzahl der Leistungserbringer nach Leistungsbereichen im Jahr 2016
    Leistungsbereich
    Anzahl
    Steigerung zum Vorjahr (%)
    Steigerung 2006 bis 2015 (%)

    Physiotherapie

    42.315

    0,8

    9,6

    Sprachtherapie

    9.965

    1,1

    35,9

    Ergotherapie

    9.156

    1,6

    42,1

    Podologie

    5.227

    4,5

    116,4

    Gesamt

    66.663

    1,3

    21,7

     

     

    Innerhalb des Leistungsbereichs Physiotherapie fällt auf, dass die Zahl der Physiotherapeuten und Krankengymnasten weiter steigt, während die der Bademeister und Masseure (4.491) weiter sinkt.

    Patientenzahl und -verteilung

    Im Jahr 2016 erhielten rund 5,06 Mio. AOK-Versicherte eine Heilmittelbehandlung. Dies entspricht einer Patientenrate von 19,8 Prozent. Sie liegt bei Männern mit 16,0 Prozent deutlich niedriger als bei Frauen (23,4 Prozent): Von den 5,06 Mio. AOK-Heilmittelpatienten waren nicht ganz zwei Drittel weiblich.

     

     

    Auch der aktuelle Bericht stellt große regionale Unterschiede fest: So wurden z. B. in den neuen Bundesländern, in Hamburg und in Berlin überdurchschnittlich viele Physiotherapien in Anspruch genommen. In Nordrhein-Westfalen dagegen liegt die Zahl der Behandlungen unter dem Bundesdurchschnitt.

    Physiotherapie: Mehrausgaben bei AOK überdurchschnittlich

    Im Durchschnitt sind es etwas mehr als 92 Euro, für deren Gegenwert ein gesetzlich Versicherter pro Jahr Heilmittelleistungen erhält. Dieser Wert kommt zustande, wenn man alle Versicherten in die Rechnung miteinbezieht ‒ unabhängig davon, ob sie tatsächlich eine Therapie erhalten oder nicht.

     

    Tatsächlich wurden demnach im Jahr 2016 insgesamt 37,4 Mio. Rezepte für Heilmittel ausgestellt. Die knapp 146.000 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verordneten etwa 44,9 Mio. Leistungen, davon 15,8 Mio. allein an AOK-Versicherte. Bei durchschnittlich rund sieben Behandlungssitzungen je Leistung wurden zusammen rund 310 Mio. einzelne Behandlungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht.

     

    MERKE | Für die Gesamtheit der physiotherapeutischen Maßnahmen gaben die Kassen 4,7 Mrd. Euro aus (im Vorjahr 4,4 Mrd. Euro). Davon entfielen auf die AOK 1,6 Mrd. Euro (im Vorjahr 1,5 Mrd. Euro). Die Ausgaben für physiotherapeutische Leistungen stiegen damit um 6,4 Prozent quer über alle Kassen hinweg, ein klein wenig stärker bei den AOK-Versicherten mit 6,7 Prozent.

     

    Physiotherapie: weniger Behandlungen pro Patient

    Aus dem Katalog der aktiven und passiven Maßnahmen der Physikalischen Therapie und Physiotherapie zur Förderung bzw. Wiederherstellung der motorischen Fähigkeiten haben die GKV-Versicherten insgesamt 37,9 Mio. Leistungen in Anspruch genommen. Zahlenmäßig am wichtigsten bleibt die Krankengymnastik (KG). Schon fast zwei Drittel (63,4 Prozent) aller Physio-Patienten erhielten diese Leistung, gefolgt von der Manuellen Therapie (MT) mit einem Anteil von 26 Prozent der Patienten.

     

    MERKE | Im Durchschnitt haben jeweils 1.000 GKV-Versicherte rund 530 physiotherapeutische Leistungen mit zusammen 3.642 Behandlungen erhalten. Die Kosten für jeden GKV-Patienten erreichten rein rechnerisch 66,14 Euro. Die durchschnittliche physiotherapeutische Leistung ohne Zusatzleistungen kostete in der GKV 115,16 Euro; bei der AOK war sie mit 113,57 Euro knapp zwei Euro günstiger.

     

    Bezogen auf die tatsächlichen Patienten haben insgesamt mehr als 4,46 Mio. Patienten (4,3 Mio. im Vorjahr) im Durchschnitt jeweils 2,9 Leistungen mit zusammen 20,14 Behandlungen erhalten. Die jährlichen Ausgaben je Patient summierten sich auf 365 Euro (im Vorjahr 349 Euro) Das entspricht einem Plus von nur 4,6 Prozent. Dabei wird deutlich, dass die Anzahl der Patienten stärker gestiegen ist als die Behandlungszahlen: Die Anzahl der Behandlungen pro Patient ist leicht gesunken: von 20,2 auf 20,14 Sitzungen.

    Häufigste Kombination: KG gegen Rückenschmerzen (M54)

    Die mit Abstand häufigste Einzeldiagnose als Verordnungsanlass in der Physiotherapie ist auch im aktuellen Bericht die unspezifische Rückenschmerz-Diagnose M54. Demnach wurde im Jahr 2016 bei 6,8 Mio. AOK-Versicherten im Rahmen der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung eine gesicherte ICD-Diagnose „M54 Rückenschmerzen“ dokumentiert. Ein durchschnittlicher Fall aufgrund der M54-Diagnose verursachte im Jahr 2016 etwa 12,2 Fehltage (AU-Tage.) Rund 1,4 Mio. Versicherte mit dieser Diagnose erhielten physiotherapeutische Leistungen. 77 Prozent davon bekamen eine einmalige, nur fünf Prozent eine dauerhafte Verordnung (in drei oder vier Quartalen).

     

    Insgesamt gehen auf die Diagnose M54 rund 2,7 Mio. Leistungen zurück. Gut die Hälfte (51,0 Prozent) davon war KG, knapp 30 Prozent waren MT (davon ein Viertel mit ergänzender Wärme- oder Kältetherapie) und knapp 15 Prozent Massagen. Alle weiteren aufgrund der Diagnose M54 verordneten physiotherapeutischen Maßnahmen hatten zusammen nur einen Anteil von unter fünf Prozent.

     

    Die physiotherapeutische Behandlungsrate aufgrund von M54 Rückenschmerzen liegt bei 5,4 Prozent (Frauen: 6,9 Prozent, Männer: 3,9 Prozent). Bei den Anfang Fünfzigjährigen ist durchschnittlich jeder zehnte Versicherte wegen Rückenschmerzen in physiotherapeutischer Behandlung. Bei den Versicherten, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, sinkt dann die Prävalenz- und Behandlungsrate zunächst ab, um bei den Anfang Siebzigjährigen erneut leicht anzusteigen.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wissenschaftliches Institut der AOK, WIdO (Hrsg.): Heilmittelbericht 2017. Ergotherapie. Sprachtherapie. Physiotherapie. Podologie. Berlin, Dezember 2017, als PDF online unter https://tinyurl.com/ycktyspk
    Quelle: Ausgabe 02 / 2018 | Seite 3 | ID 45088481