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  • · Fachbeitrag · Arbeitszufriedenheit

    Wie zufrieden sind Physiotherapeuten?

    von Alexandra Buba M. A., Wirtschaftsjournalistin, Fuchsmühl

    | Viele Therapeuten leiden zwar unter einem zu geringem Einkommen im Vergleich zu der Leistung, die sie erbringen. Doch das schlägt sich nicht unbedingt auf ihre Arbeitszufriedenheit nieder. So sind Physios genauso glücklich mit ihrem Tun wie Ärzte - und ziehen augenscheinlich nicht nur aus finanziellen Dingen Befriedigung. |

    Arbeit ist das halbe Leben

    Die Deutschen arbeiten gern - und sind mit ihrem Tun zufrieden. Dies hat sich in den vergangenen 20 Jahren nicht verändert, konstatiert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW). Nach dessen regelmäßigen Umfragen ist etwa nur jeder achte Berufstätige unzufrieden mit seinem Job. Es gebe kaum Unterschiede im Ausmaß der Zufriedenheit zwischen den Geschlechtern, den Beschäftigten in Westdeutschland und Ostdeutschland sowie zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Auch die Höhe der Entlohnung sowie die Art der ausgeübten Tätigkeit hätten keinen starken Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Arbeitsstelle, so die Wissenschaftler. Allerdings sind Selbstständige etwas zufriedener als Angestellte.

     

    Das ist ein erstaunlicher Befund - denn gerade bestimmte Berufsgruppen gelten als notorisch unglücklich mit den Arbeitsbedingungen, die sie akzeptieren müssen. Gemeinhin wird das auch den Therapeuten zugeschrieben, doch erstreckt sich hier die Kritik häufig auf die Faktoren Bezahlung und Bürokratie. Wie können Therapeuten also dennoch rundweg zufrieden sein? Tatsächlich gibt es keine einheitliche Definition dessen, was Arbeitszufriedenheit überhaupt sein soll.

    Zufriedenheit ist nicht nur Geld

    Auf jeden Fall soll derjenige in seiner Arbeit zufriedener sein, der es auch sonst ist, ängstliche und leicht verärgerbare Menschen seien häufiger unglücklich im Job, so das DIW. Unabhängig von dieser Untersuchung gelten in der Personalwissenschaft, als Faktoren, die generell zur Zufriedenheit beitragen: herausfordernde Aufgaben, Erfolgserlebnisse, die Weiterentwicklung des Könnens, wertschätzende Chefs und die Zubilligung von Verantwortung und Eigeninitiative. Natürlich spielt auch das Einkommen am Ende eine Rolle.

     

    Während letzteres möglicherweise nicht immer in erfreulich üppigem Maße zur Verfügung steht - weder bei den Angestellten noch bei den selbstständigen Therapeuten, gibt es die anderen Dinge in großer Fülle. Denn Erfolgserlebnisse stellen sich in einem medizinischen Beruf zwangsläufig ein, herausfordernd ist er allemal. Wertschätzung erfahren Therapeuten von Patienten ebenso wie von Kollegen und Vorgesetzten. Das erklärt viel vom Glück der täglichen Arbeitswelt in der Praxis.

    ZVK: Arbeitsbedingungen für Physios verschlechtert

    Dennoch beklagen vor allem angestellte Therapeuten, dass sich die Arbeitsbedingungen zuletzt verschlechtert hätten. Nach einer Umfrage des Deutschen Verbands für Physiotherapie (ZVK) sind das mehr als die Hälfte der Befragten. 77,5 Prozent der Therapeuten leisten regelmäßig Überstunden, allerdings arbeiten drei Viertel von ihnen nie an Wochenenden oder Feiertagen. 41,1 Prozent gehen zudem einer Nebentätigkeit nach.

     

    Betrachtet man nur die Teilnehmer aus Praxen, so ergibt sich ein ähnliches Bild: 79 Prozent der Befragten müssen regelmäßig mehr arbeiten, aber nur 14 Prozent auch an Wochenenden und Feiertagen. 35 Prozent haben einen Nebenjob, meist im Gesundheitsbereich. Immerhin ein Viertel der Angestellten trägt das Risiko bei Therapieausfall selbst, bei drei Vierteln kommt der Praxisinhaber dafür auf.

    Physiotherapeuten zufriedener als Krankenpfleger

    Unglücklich ist die Mehrheit dabei aber nicht, ein tieferer Blick in das Sozio-oekonomische Panel des DIW erlaubt, die Arbeitszufriedenheit von Physiotherapeuten mit der anderer Berufsgruppen zu vergleichen. Dabei stellt sich heraus, dass sich Therapeuten in der oberen Hälfte der Zufriedenheitswerte wiederfinden. Auf einer Skala von 1-10 Punkten vergeben sie im Schnitt 7,67 Punkte - der Durchschnitt aller Berufsgruppen liegt bei 7,22.

     

    Damit sind Therapeuten etwa nicht signifikant weniger zufrieden mit ihrer Arbeitssituation als Ärzte. Auch zu den Altenpflegern besteht kein signifikanter Unterschied. Allerdings sind Therapeuten zufriedener als in der Gesundheits- und Krankenpflege Tätige. Unzufriedener als Therapeuten sind außerdem Angestellte in der Sozialverwaltung und -versicherung. Auch Post, Gastronomie, Finanzamt und Hotellerie rangieren als gefragte Arbeitsorte hinter den Physiotherapiepraxen.

     

    Insofern liegt es nahe, dass Therapeuten nicht tauschen würden - wie im Übrigen auch die meisten anderen Berufstätigen nicht. Nach einer Umfrage von mymarktforschung.de zu einzelnen Faktoren der Arbeitszufriedenheit würde die Mehrheit der Deutschen den Beruf nicht tauschen wollen - eher schon die Kollegen. Mit diesen sind nur 70 Prozent zufrieden.

    Motivierte Mitarbeiter machen glücklich

    Das zeigt, welche wesentliche Rolle das Umfeld spielt. Klassische Theorien zur Arbeitszufriedenheit nehmen vor allen Dingen in den Blick, wie Chefs ihre Mitarbeiter besser führen und motivieren können, sodass diese zufriedener und leistungsfähiger und -williger sind. Wie aber umgekehrt die Beziehung zum Team die Zufriedenheit von Praxisinhabern beeinflusst, ist seltener Gegenstand der Diskussion, aber umso wichtiger. Eine aktuelle Studie der Universitäten Mainz, Marburg und Västerås hat jetzt herausgefunden, dass ein motiviertes Team mittelfristig für eine steigende Zufriedenheit des Chefs sorgt.

     

    Zufriedenheit im Job ist demnach quasi ansteckend. Insofern gilt es doch wieder, die Mitarbeiter zu motivieren. Was diese im Job bei guter Laune hält, hat eine Studie des Personaldienstleisters Manpower herausgefunden. Nicht alles davon lässt sich 1 : 1 auf die Physiotherapie übertragen, als Anregung aber taugt es allemal:

     

    • So rangiert ein gutes Arbeitsverhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten ganz vorne: 77 Prozent der Befragten haben mehr Freude im Job, wenn sie mit Kollegen und Chefs gut klarkommen. Auch flexible Arbeitszeiten sind wichtig. Modelle wie Gleitzeit oder ein Arbeitszeitkonto sorgen bei 67 Prozent für mehr Arbeitsmotivation.

     

    • Fast die Hälfte der Befragten wünscht sich auch ein angenehmes Verhältnis zu Kollegen über die Arbeitszeit hinaus: Für 45 Prozent ist es wichtig, nach Feierabend einen guten Draht zu anderen Mitarbeitern zu haben. 38 Prozent der Befragten sind motivierter, wenn das Unternehmen die Gesundheit der Angestellten fördert.

    Auch Äußerlichkeiten sind wichtig

    Für Therapeuten vielleicht nicht überraschend ist die Tatsache, dass auch die Atmosphäre am Arbeitsplatz Einfluss auf Motivation und Zufriedenheit hat. 35 Prozent der von Manpower Befragten geben an, dass ihre Arbeitsmoral auch dadurch beeinflusst wird, wie der Arbeitsplatz eingerichtet ist. Es lohnt sich für Arbeitgeber also durchaus, in einen frischen Anstrich und neue Möbel zu investieren.

     

    Weniger erwartet als dies hätte man sicher die Tatsache, dass nur 33 Prozent mehr Spaß im Job haben, wenn sie häufig in Gruppen arbeiten. Dies ist in der Praxis häufig ohnehin kein Thema, aber selbst in Büros empfinden immer mehr Arbeitnehmer Meetings als unproduktiv. Im stillen Kämmerlein allein arbeiten wollen allerdings auch die wenigsten.

     

    Für ein Drittel der Mitarbeiter spielt es eine Rolle, ob sie vom Unternehmen mit Getränken versorgt werden, 28 Prozent freuen sich außerdem, wenn Zimmerpflanzen die Optik und das Raumklima verbessern. Zudem vermittelt das Grün ein Gefühl von Natur in Büros, vor deren Fenster keine Bäume stehen. Wenn der Arbeitgeber durch kleine Geschenke hin und wieder seine Wertschätzung zeigt, zum Beispiel zu Ostern oder zum Muttertag, ist ein Viertel der Befragten noch motivierter. Für ebenso viele wird der Job angenehmer, wenn sie ihrem Arbeitsplatz eine persönliche Note geben dürfen.

     

    Entlohnung nicht völlig unwichtig

    All diese Wohlfühlfaktoren sollten allerdings nicht den Blick auf die Tatsache verstellen, dass selbstverständlich ein angemessenes Entgelt für das Geleistete notwendig ist, um den Beruf überhaupt weiter ausüben zu können. Dass dies in etlichen Fällen nicht (mehr) der Fall ist, soll unbestritten bleiben, ohne der generellen Zufriedenheit der Therapeutenschaft mit ihrem Tun zu widersprechen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • „Interview: Die Rahmenbedingungen für die Physiotherapie müssen besser werden“ (PP 04/2017, Seite 8)
    • „IFK Wirtschaftlichkeitsumfrage: Gewinne sinken, Arbeitszeit und Personalausgaben steigen“ (PP 03/2017, Seite 2)
    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 5 | ID 44723645