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  • 01.03.2004 | Berufsrecht

    Oft unterschätzt: Auch Physiotherapeuten haben Aufklärungspflichten

    von Rechtsanwalt Sören Kleinke und Rechtsanwältin Dr. Marion Wille, Kanzlei Kleinke, Osnabrück; www.kanzlei-kleinke.de

    So wie Ärzte sind auch Sie als Physiotherapeut verpflichtet, Ihre Patienten aufzuklären. Dabei ist zwischen der therapeutischen und der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht zu unterscheiden.

    Therapeutische Aufklärungspflicht

    Die therapeutische Aufklärungspflicht liegt in erster Linie bei dem Arzt, der die Verordnung ausstellt und bei dem in der Regel die Behandlung beginnt. Der Arzt ist dabei verpflichtet, über die mit der Behandlung verbundenen Risiken aufzuklären. Dies beinhaltet eine umfassende Grundaufklärung, die dem Patienten Einblick in die vorgesehene Behandlungsmethode und die gegebenenfalls hierdurch entstehenden Belastungen vermittelt. Außerdem ist eine Diagnoseaufklärung vom Arzt vorzunehmen - zumindest wenn erkennbar ist, dass der Patient darauf Wert legt.

    Nach §  3 der "Berufsordnung", die sich der ZVK im Rahmen seiner Satzung auferlegt hat, sind die Mitglieder verpflichtet, alle Patienten über Risiken zu informieren, die aus der Therapie resultieren können. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn mehrere Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dennoch ist Ihre Aufklärungspflicht nicht so weitgehend wie die des verordnenden Arztes. Denn Ihre Aufgaben sind in einem engeren Rahmen abgesteckt. Außerdem müssen Sie sich an die Verordnung und gegebenenfalls nähere Anweisungen des Arztes halten. Folglich gibt die Aufklärungspflicht von Physiotherapeuten nur selten Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. (ZVK-Berufsordnung: www.zvk.org/img/dokumente/doc_15.pdf ).

    Zwischen den verordnenden Ärzten und den Physiotherapeuten gilt die horizontale Arbeitsteilung. Die entsprechenden Grundlagen bilden die modifizierten Regeln über das Zusammenwirken mehrerer selbstständig behandelnder Ärzte. Deren Zweck ist es, zusätzlichen Sachverstand in das Behandlungsgeschehen einzubringen.

    Als arbeitsteilig hinzugezogener Physiotherapeut müssen Sie die vom Arzt gestellte Indikation zu einer Verordnung nicht überprüfen und auch nicht darüber aufklären. Allerdings haben Sie sich zu vergewissern, dass eine Aufklärung stattgefunden hat. Außerdem sind Sie in der Pflicht, zu prüfen, ob die Anamnese Anlass zu einer ergänzenden Fragestellung und Aufklärung gibt (OLG Zweibrücken, Urteil vom 2. November 1999, Az: 5 U 12/99). Sobald fachliche Bedenken auftreten, ist denen nachzugehen. Gibt es jedoch keine Anhaltspunkte für Besonderheiten, müssen Sie sich auch nicht wegen jedes Patienten bei dessen Arzt erkundigen, ob das Standardprogramm Anwendung finden soll oder nicht. Gibt der Arzt keine speziellen Hinweise, dürfen Sie die üblichen Standardübungen vornehmen - beispielsweise den Einsatz eines Therapiekreisels bei der krankengymnastischen Behandlung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. Juli 1999, Az: 8 U 67/98).

    Wirtschaftliche Aufklärungspflicht

    Gerade in Zeiten eingeschränkter Leistungskataloge der Krankenversicherungen sollten Sie auch die wirtschaftliche Aufklärungspflicht nicht unterschätzen. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Schutz- und Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag. Das heißt: Weil viele Patienten über den Umfang der Versicherungsleistungen nicht genau Bescheid wissen, laufen sie schneller Gefahr, eine nicht erstattungsfähige Leistung in Anspruch zu nehmen - im Glauben, die Kasse werde die Kosten übernehmen. Da Sie als Therapeut im Vergleich zu Ihren Patienten ein "überlegenes Herrschaftswissen" besitzen, sind Sie zur Aufklärung verpflichtet. Das gilt auch, wenn Sie grundsätzlich nur auf Verordnung eines Arztes tätig werden.