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  • 02.06.2010 | Arbeitsrecht

    Zwei neue Urteile zur privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz

    von RA Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund

    Wer den an seinem Arbeitsplatz zur Verfügung gestellten Computer dazu nutzt, privat im Internet zu surfen, riskiert die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es durch die Internetnutzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung kommt. Dies verdeutlichen die aktuellen Urteile des Arbeitsgerichts (ArbG) Hamm (Urteil vom 12.3.2009, Az: 5 Ca 1757/08, Abruf-Nr: 100687) sowie des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 26.2.2010, Az: 6 Sa 682/09, Abruf-Nr: 101510).  

    ArbG Hamm: Kündigung eines Chefarztes rechtmäßig

    In dem vom ArbG Hamm entschiedenen Fall klagte ein Chefarzt gegen seine Kündigung. Anlass der Kündigung waren private Kontakte des Arztes via E-Mail zu von ihm zuvor behandelten Patientinnen. Die private Internetnutzung des Arztes hatte der Arbeitgeber bei der Auswertung von dessen E-Mail-Verkehr bemerkt. Dass die Internetnutzung kontrolliert werden würde, hatte der Arbeitgeber zuvor in einem Rundschreiben angekündigt, in dem ausdrücklich verboten wurde, Internetdienste am Arbeitsplatz für private Zwecke zu nutzen. Diese Dienstanweisung hatte der Chefarzt zur Kenntnis genommen und akzeptiert.  

     

    Die Klage des Arztes gegen die fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung hatte keinen Erfolg. Einem Arbeitgeber stehe es laut ArbG Hamm frei, die private Internetnutzung am Arbeitsplatz zu verbieten (etwa zur Geringhaltung der Betriebsmittelkosten oder zum Zwecke der Erhaltung der vollumfänglichen Arbeitsleistung der Angestellten). Einmal erfolgt, habe eine solche Untersagung auch dann Bestand, wenn der Arbeitgeber nicht sämtliche Verstöße dagegen ahnde. Da das Verbot, Internetdienste zu privaten Zwecken zu nutzen, auch den Empfang und Versand von E-Mails erfasse, habe der Kläger vielfach gegen die Anweisung der Beklagten verstoßen. Einer grundsätzlich notwendigen vorherigen Abmahnung des Klägers habe es hier nicht bedurft, weil der Arzt mit der Billigung seines konkreten Verhaltens nicht habe rechnen dürfen und damit tatsächlich auch nicht gerechnet habe.  

    LAG Rheinland-Pfalz: Arbeitgeber trägt Darlegungslast

    Das LAG Rheinland-Pfalz betont in seinem Urteil, dass der Arbeitgeber substantiiert eine erhebliche Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung durch den Arbeitnehmer darlegen müsse. So müssten die konkreten Verweilzeiten im Internet aufgeführt werden, um die Schwere der behaupteten Pflichtverletzung beurteilen zu können. Benötigt der betreffende Mitarbeiter den Internetzugang auch zur Erledigung dienstlicher Aufgaben, müsse eine private Nutzung nachgewiesen werden. Sofern auch weitere Mitarbeiter auf den betreffenden Rechner Zugriff haben, müsse konkret ausgeführt werden, dass die private Internetnutzung von dem Arbeitnehmer vorgenommen wurde, dem gekündigt worden ist. Diesen Anforderungen genügte der Arbeitgeber in dem vorliegenden Fall nicht, sodass die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers erfolgreich war.  

    Kündigung nur bei erheblicher Beeinträchtigung

    Die Entscheidungen belegen zunächst, dass die private Internetnutzung am Arbeitsplatz ein zunehmendes Problemfeld für die Praxis bedeutet. Die Rechtsprechung ist bemüht, diesbezüglich unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sachgerechte Kriterien zu ermitteln. Denn es liegt auf der Hand, dass nicht jede noch so beiläufige private Nutzung des Internets stets eine Kündigung rechtfertigen kann. Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits in seiner Entscheidung vom 27. April 2006 (Az: 2 AZR 386/05) ausgeführt, dass die private Nutzung des Internets die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nicht erheblich beeinträchtigen dürfe. Es bedarf daher stets einer Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls.  

    Grundsätzlich ist vor Kündigung eine Abmahnung erforderlich