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  • 01.04.2010 | Arbeitsrecht

    EuGH: Gesetzliche Kündigungsfrist wegen Diskriminierung Jüngerer unwirksam

    von RA, FA Medizinrecht Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Die Kündigungsfristen im Arbeitsrecht bestimmen sich maßgeblich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Allerdings sind bei der Berechnung der Dauer der Betriebszugehörigkeit Zeiten, die vor dem 25. Lebensjahr liegen, nicht zu berücksichtigen (§ 622 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]). Diese Regelung stellt nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine unzulässige Altersdiskriminierung dar und ist daher wegen Verstoßes gegen europarechtliche Regelungen nicht zu beachten. Jede dem Verbot der Altersdiskriminierung entgegenstehende Regelung müsse unangewendet bleiben (EuGH, Urteil vom 19.1.2010, Az: C-555/07, Abruf-Nr: 100311).  

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Geklagt hatte eine 1978 geborene Arbeitnehmerin, die seit ihrem 18. Lebensjahr bei dem gleichen Arbeitgeber beschäftigt war. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis im Dezember 2006. Die Kündigungsfrist berechnete er aufgrund der vorbenannten Regelung unter Zugrundelegung einer Beschäftigungsdauer von drei Jahren, obwohl die Arbeitnehmerin tatsächlich seit zehn Jahren betriebszugehörig war. Dadurch betrug die Kündigungsfrist statt vier Monaten nur einen Monat zum Ende des Kalendermonats.  

     

    Dieses Vorgehen bewertete der EuGH als rechtswidrig. Die deutsche Regelung behandele Personen, die die gleiche Betriebszugehörigkeit aufweisen, unterschiedlich, je nachdem, in welchem Alter sie in den Betrieb eingetreten sind. Diese auf dem Kriterium des Alters beruhende Ungleichbehandlung verstoße gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung.  

    Kündigungsfristen können sich verlängern

    Die Entscheidung des EuGH bestätigt, was nationale Arbeitsgerichte teils schon umgesetzt haben. So hatte bereits das LAG Berlin-Brandenburg im Jahr 2007 rechtskräftig im gleichen Sinn entschieden (Urteil vom 24.7.2007, Az: 7 Sa 561/07, Abruf-Nr: 073698). Die Entscheidung des EuGH ist aber insoweit zu begrüßen, als nunmehr Rechtssicherheit in der Streitfrage besteht, wie Betriebszugehörigkeitszeiten, die vor dem 25. Lebensjahr liegen, bei Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigen sind. Arbeitgeber sollten daher bedenken, dass sie bei Ausspruch von Kündigungen zukünftig gegebenenfalls längere Kündigungsfristen einzuhalten haben.