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  • 05.06.2009 | Alternative Therapien

    Die Alexander-Technik: Hilfe zur Selbsthilfe

    von Sebastian Schnabel, Medienbüro Medizin, Hamburg

    Rückenschmerzen sind einer der häufigsten Gründe, warum sich Patienten in physiotherapeutische Behandlung begeben. Um Ihren Patienten ein breites Spektrum an Behandlungsalternativen bieten zu können, kann sich eine Schulung zum Lehrer der Alexander-Technik (AT) lohnen. Eine neue wissenschaftliche Untersuchung belegt die Wirkung dieser alternativen Methode.  

    Schädliches Verhalten vermeiden lernen

    Die AT ist keine Behandlung im eigentlichen Sinn. Ziel ist es, Patienten für ihren Körper zu sensibilisieren, damit sie schädliche Verhaltensmuster ablegen. Die Patienten sollen lernen, ungesunde Körperhaltungen bei sich selbst zu erkennen und abzustellen. Den Kopf bewusst zu neigen oder zu heben, den Rücken zu entspannen, die Schultern zu lockern - diese Inhalte werden Patienten nahegebracht. In typischen Alltagssituationen werden sie eingeübt: beim Stehen, Gehen, Setzen und Sitzen. Die Teilnehmer von AT-Kursen müssen dabei immer wieder innehalten und sich ihres Körpers bewusst werden: Warum ist der Nacken verkrampft? Wie kann ich ihn entspannen? Welche Situationen haben zu den Verspannungen geführt?  

    Wissenschaft beweist Wirkung

    Die AT wurde vom Australier Frederick Matthias Alexander Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt. Im vergangenen Jahr bewies erstmals eine klinische Studie des Britischen Medical Research Council die Wirkung der Technik. Teilgenommen hatten 579 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, die ein Jahr lang unterschiedliche Therapien erhielten. Anschließend wurde vier Wochen lang abgefragt, an wie vielen Tagen sie noch Rückenschmerzen hatten. Bei AT-Patienten, die 24 Sitzungen besucht hatten, waren es 3 Schmerztage, bei der Kontrollgruppe hingegen 21. Schon sechs Sitzungen der AT sorgten dafür, dass Patienten nur noch an elf Tagen Schmerzen hatten. Massagen und herkömmliche Therapien sorgten hingegen für 14 Tage Wohlfühlen und 14 Tage Rückenprobleme. Die gesamte Studie finden Sie im Online-Service von „Praxisführung professionell“ in der Rubrik „Online-Beiträge“.  

    Ausbildung dauert drei Jahre

    Die Schulung zum Lehrer der AT ist sehr umfangreich und relativ kostenintensiv. Sie umfasst 1.600 Zeitstunden und dauert drei Jahre. In Deutschland bildet die G.L.A.T. (Gesellschaft der Lehrer/innen der F.M. Alexander-Technik) die Lehrer aus. Der wöchentliche Unterricht umfasst 12 bis 20 Stunden und muss an 4 bis 5 Tagen stattfinden. Eine volle Stelle als Physiotherapeut ist damit nur schwer zu vereinbaren. Die Ausbildung findet an privaten Schulen statt - entsprechend hoch sind die Kosten. Insgesamt ist mit rund 14.000 Euro für drei Jahre zu rechnen, je nach Schule variiert der Preis. Die 15 deutschen Schulen der G.L.A.T. liegen unter anderem in Hamburg, Berlin, Köln und München (www.alexandertechnik.org).  

    Verspannungen anzeigen durch Handauflegen

    Physiotherapeuten werden in der Ausbildung einige Inhalte bekannt vorkommen. Die Möglichkeit, einen Schnellkurs zu besuchen, gibt es jedoch nicht. Physiologische und anatomische Grundlagen gehören ebenso wie Psychologie zum theoretischen Unterricht. Grundlage der Theoriestunden bilden jedoch die „vier Bücher Alexanders“, in denen er seine Techniken erläutert. Zentraler Inhalt der Ausbildung ist die Selbsterfahrung durch praktische Übungen. Der „Arbeit an sich selbst“ wird entsprechend viel Platz eingeräumt. Die Teilnehmer beobachten eigene körperliche Prozesse, sowohl im Unterricht als auch in der Freizeit, und lernen, die Prinzipien der AT in den Alltag zu übernehmen. Um die Technik selbst unterrichten zu können, lernen die Teilnehmer die „Hands-on“-Arbeit. Durch leichte Berührungen soll den Patienten aufgezeigt werden, wo sie verkrampft sind. Dazu werden die Hände in der Ausbildung speziell geschult. Anfangs erproben die Teilnehmer diese Techniken an den Mitschülern, im dritten Jahr unterrichten sie auch selbst unter Supervision eines Ausbilders.  

    Zertifikat ohne staatliche Anerkennung

    Eine vorgeschriebene Abschlussprüfung mit vereinheitlichten Qualitätsstandards gibt es bei der deutschen AT-Ausbildung nicht. So sind auch keine Hausarbeiten, Klausuren oder praktische Tests erforderlich. Die Ausbildung beruht nach Angaben der G.L.A.T. auf dem Prinzip des „continual assessment“, also der fortwährenden Einschätzung und Beurteilung durch die Ausbilder. Von diesen erhalten die Teilnehmer nach der letzten Sitzung ein Zertifikat. Eine staatliche Anerkennung des Abschlusses gibt es nicht.