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  • · Fachbeitrag · Privatpatienten

    Stressfrei Preise durchsetzen

    von RA, FA Medizinrecht Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen, Kaufmann & Kollegen (Hannover) und Silke Jäger, Marburg

    | Es könnte so einfach sein: Ein Privatpatient kommt in Ihre Praxis, Sie behandeln, stellen im Anschluss an die Behandlung eine Rechnung, der Patient zahlt pünktlich und ist rundum zufrieden, weil seine private Krankenversicherung - wie versprochen - 100 Prozent der Kosten erstattet. Nicht oft erlebt? Dann sind Sie nicht allein. Viele Therapeuten bleiben entweder auf unbezahlten Rechnungen sitzen oder müssen sich die Beschwerden von Patienten anhören, deren Kassen behaupten, dass die Behandlung zu teuer war. |

    Welche Preise sind rechtens?

    Wie kann aber die Krankenkasse behaupten, dass Ihre Preise zu hoch sind? Fakt ist: Es gibt kein rechtsverbindliches Gebührenverzeichnis für therapeutische Leistungen, die gegenüber Privatpatienten erbracht werden. Sie können also Ihre Preise innerhalb der rechtlichen Grenzen von Sittenwidrigkeit, Wucher und gesetzlicher Verbote frei mit dem Patienten verhandeln.

     

    Wenn Sie mit dem Patienten keine ausdrückliche Vereinbarung treffen, gilt gemäß § 612 Abs. 2 BGB die „übliche“ Vergütung als vereinbart. Was „üblich“ in diesem Sinne ist, kann regional sehr unterschiedlich sein. So kann etwa in einer teuren Großstadtlage ein höherer Preis verlangt werden als in eher strukturschwachen Regionen.

    PRAXISHINWEIS |  Wenn Sie vorab einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten schließen, in dem auch der Preis festgelegt ist, kann sich die Krankenkasse nicht mit dem Argument herausreden, dass der Preis unüblich sei. Da der Patient seinen Therapeuten frei wählen darf - also auch grundsätzlich einen teureren Therapeuten einem billigeren vorziehen darf (in den oben beschriebenen Grenzen!) -, muss die Krankenkasse die Kosten erstatten.

    Was das Landgericht Köln dazu sagt

    Wenn Sie keine Honorarvereinbarung mit dem Patienten abgeschlossen haben und die Privatversicherung Stress macht, können Sie folgende Argumentationshilfe heranziehen: In einem Urteil des Landgerichts Köln vom 14. Oktober 2009 hat das Gericht ausdrücklich klargestellt, dass sich die übliche Vergütung physiotherapeutischer Behandlungen nicht nach den beihilfefähigen Höchstsätzen richte (Az: 23 O 424/08). Zudem sei für Versicherungsnehmer der Privatversicherung regelmäßig nicht ersichtlich, dass lediglich das Preisniveau der gesetzlichen Krankenversicherung gelten solle. Hierzu hob das Gericht ergänzend hervor, dass private Krankenversicherer damit werben würden, eine bessere Versorgung als die der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen.

     

    Preise sollen üblich und angemessen sein

    Eine regional als üblich einzustufende, angemessene Vergütung kann der Physiotherapeut vom Privatpatienten verlangen. Damit hat der Patient grundsätzlich einen Erstattungsanspruch gegenüber seiner privaten Krankenversicherung in voller Höhe. Wenn sich Versicherer dem verweigern, muss man nicht klein beigeben. Hiergegen können rechtliche Schritte eingeleitet werden bis hin zu einer Klage des Patienten vor dem zuständigen Zivilgericht.

     

    Das Gericht wird wahrscheinlich im Zuge dieser Klage ein Sachverständigengutachten anfordern, aus dem hervorgehen soll, welche Vergütung regional üblich ist. Dabei wird auch eine Rolle spielen, welche Leistung genau erbracht wurde, wie lange sie erbracht wurde und welche Qualifikation und Berufserfahrung der Therapeut hatte. Denn Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wäre hier nicht angebracht.

    Was bedeutet das für Sie?

    Sie müssen Ihre Preise so ansetzen, dass die Kosten für die Behandlung gedeckt sind. Dazu gehören auch die anteiligen Kosten für Marketing, Personal, Miete, etc. Außerdem muss die Gewinnspanne so hoch sein, dass Sie Ihre täglichen Ausgaben damit bestreiten können. Diesem Preis muss der Patient zustimmen. Tut er das nicht, müssen Sie ihn entweder ziehen lassen oder überlegen, an welcher Stelle Sie einen vertretbaren Nachlass geben können. Haben Sie sich mit dem Patienten auf einen Preis geeinigt, sollten Sie das schriftlich festhalten (einen Musterbehandlungsvertrag finden Sie online unter www.pp.iww.de > Downloads > Musterverträge/-schreiben). Tun Sie das nicht, gilt der übliche Preis in der Region. Wie Sie diesen ermitteln, dazu gibt es kein empfohlenes Verfahren. Sind Sie gut vernetzt, können Sie erfragen, was Ihre Kollegen für vergleichbare Behandlungen verlangen. Außerdem können Sie Ihren Verband um Hilfe bitten.

     

    PRAXISHINWEIS |   Wenn Sie sich an den Beihilfesätzen oder den GKV-Preisen orientieren, arbeiten Sie unter Umständen nicht kostendeckend. Privatpatienten haben oft genaue Vorstellungen von den medizinischen Leistungen, die sie erhalten wollen. Das heißt, für Sie entsteht dadurch ein höherer Aufwand. Außerdem konkurrieren Sie mit Ihren Mitbewerbern stärker um privat Versicherte und haben deshalb höhere Ausgaben für Qualifizierung, Marketing und Ausstattung.

     

    Weiterhin können Sie den Patienten fragen, welche Preise sein Tarif als Höchstgrenze angibt. Problem dabei: Viele Privatpatienten kennen diese Grenzen nicht. Außerdem sagt das Landgericht Köln dazu, dass private Krankenversicherungen mit einer höherwertigen Versorgung werben und diese deshalb auch ermöglichen müssen. Ob Sie eine solch hochwertigere Leistung zu GKV-Preisen oder Beihilfesätzen erbringen können, sollten Sie vorab durchrechnen.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 8 | ID 39166820