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  • · Fachbeitrag · Vermieter des Monats

    Das Geschäft mit dem Eigenbedarf

    von RiAG a. D. Axel Wetekamp, München

    | Der Vermieter schickte dem Mieter eine WhatsApp-Nachricht, wonach er ihm wegen Eigenbedarf für seine Nichte kündigen müsse. Wenige Tage später erhielt der Mieter eine zweite Nachricht, wonach der Vermieter für seine Nichte eine vergleichbare Wohnung gefunden habe, allerdings mit befristetem Mietvertrag und höherer Miete, als der Mieter sie zahle. Der Vermieter würde nun auf die Kündigung verzichten, wenn der Mieter bereit sei, eine zeitlich befristete Vertragsbindung auf drei Jahre mit höherer Miete (so wie die Nichte sie zahle) einzugehen. Muss der Mieter dies tun? |

     

    1. Ankündigung per WhatsApp ist keine Kündigung

    Nein. Die bloße Ankündigung einer Eigenbedarfskündigung, zumal per WhatsApp, löst allein noch keine Rechtswirkung aus.

     

    2. Der „Deal“

    Eine Nichte gehört zum privilegierten Personenkreis des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, für den ein Vermieter Eigenbedarf geltend machen kann. Für Verwandte in der Seitenlinie, wie Nichten und Neffen, hat der BGH (27.1.10, VIII ZR 159/09, Abruf-Nr. 100747) entschieden: Es kommt nicht darauf an, ob eine besondere persönliche Beziehung oder soziale Bindung zum Vermieter besteht. Der Vermieter kann also Eigenbedarf für die Nichte geltend machen.

     

    Die schlichte Vereinbarung einer Befristung ohne Begründung wäre aber nach § 575 Abs. 4 BGB unwirksam, da die Mitteilung eines Grundes zwingend ist (§ 575 Abs. 1 BGB). Wohnungsmietverträge können nur durch einen qualifizierten Zeitmietvertrag befristet werden. Mögliche Befristungsgründe sind:

     

    • im Vertrag enthaltener Eigennutzungswille nach Ablauf der Mietzeit,
    • Beseitigung oder wesentliche Veränderung der Mieträume und
    • der Wille, die Räume an einen Dienstleistenden zu vermieten.

     

    Die Vereinbarung einer höheren Miete ist zwar grundsätzlich zulässig (§ 557 Abs. 1 BGB). Die hier beabsichtigte Vereinbarung dürfte aber zum einen im Rahmen des § 575 Abs. 4 BGB unwirksam sein, zum anderen nach §§ 138, 242 BGB, da sie mit dem Verzicht des Vermieters auf die Eigenbedarfskündigung als Druckmittel verbunden ist. Sollte der Vermieter tatsächlich wegen Eigenbedarf für die Nichte kündigen, dürfte dies, selbst wenn er einen Eigenbedarfsgrund behaupten sollte, schon unwirksam sein, weil für die Nichte eine gleichwertige, wenn auch teurere Wohnung zur Verfügung steht.

     

    Auch die Ernsthaftigkeit des Kündigungswillens steht infrage, wenn der Vermieter gleichzeitig dem Mieter eine Vertragsverlängerung mit höherer Miete anbietet. Bedarf muss tatsächlich im Sinne eines vernünftigen Erlangungsinteresses bestehen. Die Rechtsprechung hat nur einen Eigenbedarfsgrund darin gesehen, dass der Vermieter oder die Bedarfsperson in einer unzumutbar teuren Wohnung wohnt und sie Bedarf an einer vermieteten billigeren Wohnung geltend macht (LG Karlsruhe WuM 82, 210).

    Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 56 | ID 46351763