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  • · Fachbeitrag · Betriebskostenabrechnung

    Totgesagte leben länger: Verwirkung ist zurück

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Das Rechtsinstitut der Verwirkung bleibt auch nach der durch das Mietrechtsreformgesetz eingeführten Ausschlussfrist (§ 556 Abs. 3 S. 2, 3 BGB) anwendbar (BGH 21.2.12, VIII ZR 146/11, Abruf-Nr. 122076).

    Sachverhalt

    Der Beklagte musste als Mieter Vorauszahlungen für Heiz- und Nebenkosten leisten, über die jährlich abzurechnen war. Nach Abrechnung der Nebenkosten 01 durch die 600 km von der Mietwohnung entfernt ansässige Hausverwaltung der Kläger monierte der Beklagte mit Anwaltsschreiben elf Positionen und bat um Übersendung bestimmter Kopien und bot an, 0,30 EUR pro Kopie zu ersetzen. Darauf reagierte die Vermieterseite bzw. die Hausverwaltung nicht. In gleicher Weise verfuhr der Beklagte hinsichtlich der jeweils in den Folgejahren erstellten Nebenkostenabrechnungen 02 bis 05. Seit 6.3.07 ist der Beklagte Eigentümer der Wohnung (ZVG-Erwerb). Die Beanstandungen der nach Eigentumswechsel erstellten Nebenkostenabrechnung 06 blieben ebenfalls unbeantwortet. Die Instanzgerichte haben die vor Ablauf der Verjährung eingereichte Klage auf Zahlung des Saldos aus der Nebenkostenabrechnung 05 wegen Verwirkung abgewiesen. Die Revision ist nach Hinweis des BGH zurückgenommen.

     

    Praxishinweis

    Der Rechtsgedanke der Verwirkung, der auch im Miet- und Pachtrecht gilt, ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Das heißt: Verwirkung setzt kumulativ neben dem Zeitablauf (Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände (Umstandsmoment) voraus (BGH MK 08, 185, Abruf-Nr. 081906). Dabei ist zu beachten, dass umso seltener Raum für eine Verwirkung sein wird, je kürzer die Verjährungsfrist ist. Das heißt: Eine Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist entsteht nur aus ganz besonderen Gründen (BGH 20.6.01, XII ZR 20/99). Wann diese Voraussetzungen vorliegen, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung. Maßgebend sind die vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umstände des Einzelfalls. Hieran hält der VIII. Senat fest.