20.05.2025 · IWW-Abrufnummer 248194
Bundesgerichtshof: Versaeumnisurteil vom 26.03.2025 – VIII ZR 280/23
Zur Feststellung der nachhaltigen Einsparung von Endenergie bei einer energetischen Modernisierung der Mietsache ( § 555b Nr. 1 BGB ; im Anschluss an Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 283/23, zur Veröffentlichung bestimmt).
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger, die Richter Kosziol und Dr. Schmidt sowie die Richterinnen Dr. Matussek und Dr. Böhm
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen - 2. Zivilkammer - vom 9. November 2023 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger ist seit Oktober 2000 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung der Beklagten in B. .
2
Mit Schreiben vom 12. Januar 2016 kündigte die Beklagte dem Kläger die Modernisierung der in dem Haus befindlichen Heizungsanlage durch den Austausch des vorhandenen Niedertemperaturkessels gegen einen modulierend geregelten Gas-Brennwertkessel sowie die Durchführung eines "hydraulischen Abgleichs" an und informierte diesen unter anderem über die Einzelheiten der geplanten Arbeiten. Nach der Durchführung der Arbeiten erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juli 2016 dem Kläger gegenüber eine Erhöhung der monatlichen Grundmiete ab dem 1. Oktober 2016 von 319,40 € um 20 € auf 339,40 €. Der Kläger zahlte diesen Erhöhungsbetrag bis einschließlich April 2018.
3
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Erstattung seiner Ansicht nach wegen der Modernisierungsmieterhöhung zu viel gezahlter Miete in Höhe von 380 € sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Grundmieterhöhung um 20 € monatlich nicht wirksam sei. Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht nach einer ergänzenden Begutachtung durch den Sachverständigen zurückgewiesen.
4
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
5
Die Revision hat Erfolg.
6
Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung.
I.
7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sowie auf die Feststellung, dass der Beklagten gegen ihn aus der Mieterhöhungserklärung kein Anspruch auf Zahlung einer monatlich um 20 € erhöhten Miete gemäß § 559 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung ab dem 1. Oktober 2016 zustehe, da das Modernisierungsmieterhöhungsverlangen materiell unwirksam sei.
9
Gemäß § 559 Abs. 1 BGB aF könne ein Vermieter die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchgeführt habe. Die hier lediglich in Betracht kommende energetische Modernisierung nach § 555b Nr. 1 BGB setze voraus, dass die Beklagte bauliche Veränderungen vorgenommen habe, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart werde ( § 555b Nr. 1 BGB ). Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt, da durch die bauliche Maßnahme keine Endenergie nachhaltig einspart worden sei.
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Dies stehe nach Durchführung der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest. Es habe in den Jahren nach der baulichen Maßnahme, also in den Jahren 2017 bis 2022, eine Einsparung von Endenergie gegenüber dem Zeitraum vor der Maßnahme, also den Jahren 2013 bis 2016, nicht feststellen können. Dies ergebe sich aus den jährlichen Verbrauchswerten, die der Sachverständige ermittelt habe.
11
An der Richtigkeit der Berechnung des Endenergieverbrauchs bestünden keine Zweifel. Soweit der Sachverständige den durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2004 bis 2017 demjenigen der Jahre 2018 bis 2022 gegenübergestellt habe, sei dies zum einen dahingehend zu korrigieren gewesen, dass der Verbrauch des Jahres 2017 aufgrund des bereits im Jahr 2016 stattgefundenen Austauschs der Heizungsanlage in den Durchschnittsverbrauch für den Zeitraum nach der Maßnahme habe eingerechnet werden müssen. Zum anderen sei die Berücksichtigung sämtlicher von der Beklagten mitgeteilten Jahresverbrauchswerte vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage nicht erforderlich gewesen. Das Berufungsgericht vertrete insoweit die Auffassung, dass erforderlich, aber auch ausreichend sei, den Durchschnittsverbrauch der vier bis fünf Jahre vor der Maßnahme mit demjenigen aus den vier bis fünf Jahren nach der Maßnahme zu vergleichen, um einen aussagkräftigen Vergleich anstellen zu können. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sei es angezeigt, einen annähernden Gleichlauf der Zeiträume herzustellen. Dies führe zudem nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
12
Dass der Verbrauch sowohl vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage als auch danach geschwankt und in einzelnen Jahren nach der Maßnahme niedriger als in einzelnen Jahren vor der Maßnahme gelegen habe, führe nicht zu der Annahme, dass eine nachhaltige Einsparung von Endenergie vorliege. Denn eine Einsparung sei nur dann nachhaltig, wenn überhaupt eine messbare Einsparung erzielt werde und diese auch dauerhaft sei.
13
Jedenfalls an dem Kriterium der Dauerhaftigkeit fehle es hier. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts könne für die Beurteilung, ob eine nachhaltige Einsparung von Endenergie vorliege, nicht allein der Verbrauch aus dem Jahr vor der Modernisierung als Referenzwert herangezogen werden, weil es dann je nachdem, ob es sich um ein Jahr mit besonders niedrigem oder hohem Jahresverbrauch gehandelt habe, zu der Bewertung der Modernisierungsmaßnahme als endenergieeinsparend oder nicht käme. Dies zeige sich im vorliegenden Fall, in dem es zu erheblichen Schwankungen im Verbrauch von Endenergie in den fünf Jahren vor der Maßnahme gekommen sei. Um derartige Zufälligkeiten möglichst zu vermeiden, sei ein Zeitraum von mehreren Jahren heranzuziehen, wobei sich aus einem Zeitraum von fünf Jahren jedenfalls ein verlässlicher Durchschnittswert ergebe. Auch für den Energieverbrauch nach Durchführung der Maßnahme erscheine ein Zeitraum von vier bis fünf Jahren angemessen, um einen verlässlichen Durchschnittswert des Energieverbrauchs zu ermitteln.
14
Das Vorliegen einer dauerhaften Endenergieeinsparung könne auch nicht allein deshalb bejaht werden, weil eine Energieeinsparung mit dem - hier erfolgten - Einbau eines Brennwertkessels grundsätzlich möglich sei und die prognostischen Berechnungen der Beklagten im Vorfeld der Maßnahme eine solche ergeben hätten, zumal - so die Annahme des Berufungsgerichts - die Beklagte "die Grundlagen" für die Berechnung der von ihr prognostizierten Energieeinsparung nicht "offengelegt" habe.
15
Der Sachverständige habe den erhöhten Verbrauch an Endenergie nach der Maßnahme anhand seiner Feststellungen im Ortstermin auch plausibel begründen können. So sei nach seinen Feststellungen zur Regelung der Heizleistung als Referenzraum der Heizungsraum ausgewählt und eine Raumtemperatur von 25 Grad vorgegeben worden, welche - da der Heizungsraum unbeheizt sei - nur durch die Abwärme des Heizkessels erreicht werden könne, was dazu führe, dass dieser dauerhaft heize.
II.
16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
17
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können weder die von dem Kläger begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der auf § 559 Abs. 1 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) gestützten Erhöhung der monatlichen Miete ab dem 1. Oktober 2016 um 20 € getroffen noch ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung bereits geleisteter Erhöhungsbeträge gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB und auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gemäß § 241 Abs. 2 , § 280 Abs. 1 BGB , jeweils nebst Zinsen, bejaht werden. Das Berufungsgericht hat der Prüfung, ob durch den von der Beklagten veranlassten Einbau eines Gas-Brennwertkessels nebst hydraulischem Abgleich nachhaltig Endenergie in Bezug auf die Mietsache eingespart wird und damit eine zu einer Mieterhöhung berechtigende Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung (inhaltlich identisch mit heutiger Fassung, daher im Folgenden: [aF]) vorliegt, einen falschen rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt.
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1. Das Berufungsgericht ist zunächst - unausgesprochen - rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Mieterhöhungsverlangen der Beklagten den formellen Begründungsanforderungen des § 559b BGB gerecht wird (vgl. zu den Anforderungen im Allgemeinen Senatsurteile vom 20. Juli 2022 - VIII ZR 361/21 , NJW-RR 2022, 1455 Rn. 16 ff., VIII ZR 337/21, juris Rn. 18 ff., und VIII ZR 339/21, juris Rn. 19 ff.). Insbesondere bedurfte es einer Aufschlüsselung der für die hier durchgeführte Modernisierungsmaßnahme ("Modernisierung der Heizungsanlage") entstandenen Gesamtkosten in der der Erhöhungserklärung beigefügten, als "Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung" bezeichneten Anlage nach einzelnen Gewerken nicht (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2022 - VIII ZR 361/21 , aaO Rn. 32; VIII ZR 337/21, aaO Rn. 35 und VIII ZR 339/21, aaO Rn. 33; vom 28. September 2022 - VIII ZR 336/21 , NJW 2022, 3705 Rn. 23, VIII ZR 338/21, VIII ZR 340/21 und VIII ZR 344/21, jeweils juris Rn. 23; vom 23. November 2022 - VIII ZR 59/21 , NJW 2023, 360 Rn. 25; vom 25. Januar 2023 - VIII ZR 29/22 , NJW-RR 2023, 371 Rn. 15).
19
2. Nicht frei von Rechtsfehlern sind hingegen die Feststellungen des Berufungsgerichts zur materiellen Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens der Beklagten.
20
a) Gemäß § 559 Abs. 1 BGB aF kann der Vermieter die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchgeführt hat. Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der Vorschrift des § 555b Nr. 1 BGB [aF] sind bauliche Veränderungen, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung).
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Die Beurteilung der Frage, ob eine solche Modernisierungsmaßnahme vorliegt, ist zwar das Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung, die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hinreichend beachtet hat oder ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, in dem es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 9. Oktober 2019 - VIII ZR 21/19 , NJW 2020, 835 Rn. 21; vom 28. April 2021 - VIII ZR 22/20 , NJW-RR 2021, 1017 Rn. 35; vom 24. Mai 2023 - VIII ZR 373/21 , NJW-RR 2023, 988 Rn. 24; jeweils mwN).
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b) Solche Fehler sind dem Berufungsgericht indes unterlaufen.
23
aa) Im Ausgangspunkt noch zutreffend hat das Berufungsgericht - wenn auch wiederum unausgesprochen - angenommen, dass der hier erfolgte erstmalige Einbau eines Gas-Brennwertkessels nebst Durchführung eines hydraulischen Abgleichs eine bauliche Veränderung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB [aF] darstellt. Denn der Begriff der baulichen Veränderungen ist weit auszulegen und erfasst nicht nur Eingriffe in die bauliche Substanz (vgl. Senatsurteile vom 17. Juni 2015 - VIII ZR 290/14 , NJW 2015, 2487 Rn. 12; vom 24. Mai 2023 - VIII ZR 213/21 , NJW-RR 2023, 1250 Rn. 22), sondern auch - wie hier - Veränderungen der Anlagentechnik des Gebäudes (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 18; siehe auch Senatsurteil vom 24. Mai 2023 - VIII ZR 213/21 , aaO).
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bb) Auch hat das Berufungsgericht noch zutreffend erkannt, dass es für die Einordnung einer Baumaßnahme als energetische Modernisierung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB und damit für eine nachhaltige Einsparung von Endenergie lediglich darauf ankommt, dass überhaupt eine messbare Einsparung erzielt wird und diese dauerhaft ist, nicht jedoch auf deren Größenordnung (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 23. November 2022 - VIII ZR 59/21 , NJW 2023, 360 Rn. 20; vom 3. März 2004 - VIII ZR 151/03 , WuM 2004, 288 unter II 2 b [für preisgebundenen Wohnraum]; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 10. April 2002 - VIII ARZ 3/01 , BGHZ 150, 277, 282 f. [zu § 3 MHG]; siehe auch BT-Drucks. 8/1782, S. 6 [zu § 3 MHG]).
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cc) Das Berufungsgericht hat jedoch mit seiner Annahme, eine nachhaltige Einsparung von Endenergie könne allein anhand des tatsächlichen Verbrauchs in dem Gebäude, in welchem sich das Mietobjekt befindet, innerhalb eines Zeitraums von vier bis fünf Jahren vor und nach der von dem Vermieter ergriffenen Maßnahme festgestellt werden, den Maßstab für die Ermittlung einer solchen Einsparung verkannt. Diese Annahme des Berufungsgerichts findet bereits im Wortlaut des Gesetzes ( § 555b Nr. 1 BGB ) keine Stütze. Sie steht überdies im Widerspruch sowohl zu der Gesetzessystematik der Vorschriften der §§ 555c , 559b BGB als auch zu der vom Gesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 555b ff. , 559 ff. BGB über die Duldung und die Umlegbarkeit von (energetischen) Modernisierungskosten verfolgten Zielsetzung.
26
Der Vermieter kann eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB aF in Verbindung mit § 555b Nr. 1 BGB [aF] vielmehr bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist.
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Bereits die von dem Berufungsgericht befürwortete generelle Anknüpfung (allein) an den tatsächlichen Energieverbrauch zur Feststellung der durch die Maßnahme verursachten Einsparung von Endenergie ist rechtsfehlerhaft (siehe hierzu nachfolgend unter (1)). Dies gilt erst recht hinsichtlich des vom Berufungsgericht herangezogenen Betrachtungszeitraums von vier bis fünf Jahren (siehe hierzu unter (2)). Überdies darf der Ermittlung tatsächlicher Verbrauchswerte nicht eine fehlerhafte Einstellung der Heizungsanlage zugrunde gelegt werden (siehe hierzu unter (3)).
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(1) Bei der Beurteilung, ob durch die bauliche Veränderung in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird ( § 555b Nr. 1 BGB ), kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts grundsätzlich nicht ausschließlich auf den tatsächlichen Energieverbrauch in dem Gebäude abgestellt werden (aA BeckOK-Mietrecht/Müller, Stand: 1. Februar 2025, § 555b BGB Rn. 14.1).
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(a) Der Begriff der Endenergie wird in § 555b BGB nicht näher bestimmt. Nach der Gesetzesbegründung ist hierunter die Menge an Energie zu verstehen, die der Anlagentechnik eines Gebäudes (Heizungsanlage, raumlufttechnische Anlage, Warmwasserbereitungsanlage) zur Verfügung stehen muss, um die für den "Endverbraucher" (also insbesondere den Mieter) erforderliche Nutzenergie sowie die Verluste der Anlagentechnik bei der Übergabe, der Verteilung, der Speicherung und der Erzeugung im Gebäude zu decken (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 19). Die zur Versorgung eines Gebäudes benötigte Endenergie wird an der "Schnittstelle" Gebäudehülle gemessen und dort etwa in Form von Heizöl, Erdgas, Braunkohlebriketts, Holzpellets, Strom oder Fernwärme übergeben. Der Begriff der Endenergie ist somit weiter als derjenige der Nutzenergie. Unter Nutzenergie wird diejenige Menge an Energie verstanden, die für eine bestimmte Energiedienstleistung am Ort des Verbrauchs (z.B. erwärmter Raum, warmes Wasser etc.) erforderlich ist, wobei hier weder die Umwandlungsverluste der Anlagentechnik (z.B. Heizkessel) und des Verteilungssystems (z.B. Leitungssystem einer Zentralheizung) noch die für den Betrieb der Anlagentechnik benötigte Hilfsenergie (z.B. Pumpenstrom) Berücksichtigung finden (vgl. BT-Drucks., aaO).
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(b) Eine Einsparung der so verstandenen Endenergie wird nach der Vorstellung des Gesetzgebers zum einen typischerweise dann erzielt, wenn zur Erbringung derselben Energiedienstleistung am Ort des Verbrauchs (vgl. zum Bezug der Einsparung zur Mietsache BT-Drucks. 17/10485, S. 14; siehe auch Hinz, NZM 2013, 209, 212; Spielbauer/Schneider/Ettl, Mietrecht, 2. Aufl., § 555b BGB Rn. 3) weniger Nutzenergie als vor der Modernisierung erforderlich ist (beispielsweise durch Wärmedämmung der Gebäudehülle oder einen Fenstertausch). Zum anderen ist eine solche Einsparung zu verzeichnen, wenn die Nutzenergie mit größerer Effizienz (beispielsweise durch Erneuerung des Heizkessels oder die Verringerung der Wärmeverluste zwischen Heizkessel und Heizkörpern) zur Verfügung gestellt wird (BT-Drucks., aaO), also für die gleiche Menge Nutzenergie weniger "zu bezahlende" Endenergie aufgewandt werden muss (vgl. BT-Drucks.; aaO; BeckOK-BGB/Schlosser, Stand: 1. Februar 2025, § 555b Rn. 10; MünchKommBGB/Artz, 9. Aufl., § 555b Rn. 5).
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(c) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 555b Nr. 1 BGB [aF] muss die Endenergieeinsparung "durch" die bauliche Veränderung herbeigeführt, also von dieser verursacht worden sein. Hingegen wird der vom Berufungsgericht als Maßstab herangezogene tatsächliche Energieverbrauch in einem Gebäude vor und nach einer solchen Maßnahme nicht allein durch die jeweilige bauliche Veränderung, sondern durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt (vgl. Börstinghaus/Meyer/Börstinghaus, Das neue GEG, 1. Aufl., § 3 Rn. 26 [zu den Angaben in der Modernisierungsankündigung]), die sich im Regelfall jedoch weder im Vorfeld sicher abschätzen (vgl. hierzu LG Berlin, Urteil vom 2. März 2021 - 67 S 108/19, juris Rn. 10 [zum Austausch von Fenstern]) noch im Nachhinein (vollständig) aufklären und feststellen lassen (vgl. hierzu LG Berlin, Urteil vom 12. Dezember 2018 - 64 S 119/17, juris Rn. 43 [zu Dämmmaßnahmen und dem Austausch von Fenstern]). So wird der tatsächliche Verbrauch von Endenergie in einem Gebäude - worauf die Revision zutreffend verweist - insbesondere auch durch das Wetter, den Leerstand einzelner Mietwohnungen, die Anzahl der Bewohner und deren Nutzerverhalten beeinflusst (vgl. Börstinghaus/Meyer/Börstinghaus, aaO; zum Verbrauchsverhalten des betroffenen Mieters siehe auch LG Berlin, Urteil vom 27. November 2006 - 67 S 285/05, juris Rn. 17 [zu § 554 Abs. 2 BGB aF]; vgl. auch jurisPK-BGB/Heilmann, Stand: 25. Juni 2024, § 555b Rn. 14). Allein durch den Vergleich des tatsächlichen Energieverbrauchs in dem Gebäude vor und nach der baulichen Veränderung lässt sich daher - auch bei Vornahme einer sogenannten Witterungsbereinigung, wie sie im vorliegenden Fall durch den von dem Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen durchgeführt worden ist - nicht sicher abschätzen, ob und inwieweit Endenergie gerade durch die bauliche Veränderung eingespart worden und ob diese Einsparung von Dauer ist.
32
(d) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber in den - unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten in den Blick zu nehmenden - Vorschriften der § 555c Abs. 3 und § 559b Abs. 1 Satz 3 BGB eine Erleichterung hinsichtlich der Darlegung der Energieeinsparung vorgenommen. Er hat - um die Darlegung der mit der Modernisierungsmaßnahme verbundenen Energieeinsparung für den Vermieter zu vereinfachen - bestimmt, dass der Vermieter sowohl bei deren Ankündigung gemäß § 555c Abs. 3 BGB in der hier anwendbaren, bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung (inhaltlich identisch mit heutiger Fassung, daher im Folgenden: [aF]) als auch im Rahmen der Mieterhöhungserklärung ( § 559b Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. § 555c Abs. 3 BGB [aF]) auf anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen kann (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 14, 17, 20 f., 25; MünchKommBGB/Artz, 9. Aufl., § 555c Rn. 22). Diese Bemühungen um eine Vereinfachung liefen aber ins Leere, wenn für die Bestimmung der Energieeinsparung letztlich doch der tatsächliche Verbrauch herangezogen werden müsste. Diesen anerkannten Pauschalwerten kann deshalb nicht mit Erfolg ein individuelles Nutzerverhalten entgegengesetzt werden (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 16. Aufl., § 555c BGB Rn. 58).
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(e) Die von dem Berufungsgericht befürwortete Anknüpfung an den tatsächlichen Energieverbrauch liefe demgegenüber auch dem Ziel des Gesetzgebers zuwider, durch die Neuregelung des Rechts der Duldung von Erhaltungsund Modernisierungsmaßnahmen in den §§ 555a ff. BGB unter Abstimmung mit dem Mieterhöhungsrecht nach Modernisierung ( §§ 559-559b BGB ) neben der bestmöglichen Entfaltung der Ziele der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes die Interessen von Vermietern und Mietern fair auszutarieren. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sollen einerseits die Mieter vor überzogenen Mieterhöhungen geschützt werden. Andererseits müssen für die Vermieter angemessene Bedingungen für die wirtschaftliche Verwertung ihres Eigentums bestehen (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 13 f.). An einem solchen angemessenen Interessenausgleich fehlte es jedoch, wenn - entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts - lediglich auf den tatsächlichen Verbrauch zur Bemessung der Einsparung von Endenergie abgestellt würde. Denn für den Vermieter besteht grundsätzlich keine Möglichkeit, das Nutzerverhalten der Mieter vor und nach der baulichen Maßnahme zu beeinflussen. Dies gilt auch für den einzelnen Mieter mit Blick auf das Nutzerverhalten der anderen Bewohner in dem von ihm bewohnten Gebäude.
34
(f) Der Vermieter könnte in Anbetracht dessen vor Beginn der von ihm geplanten Modernisierungsmaßnahme bei einem Abstellen auf den tatsächlichen Verbrauch nur schwer absehen, ob er deren Kosten im Wege einer Mieterhöhung zumindest teilweise auf die Mieter umlegen kann.
35
Aufgrund dieser Unwägbarkeiten bestünde für den Vermieter nicht der mit der Vorschrift des § 559 BGB bezweckte Anreiz, angesichts der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Umlage der auf eine Verbesserung der Mietsache entfallenden Kosten auf den Mieter diese Modernisierungsmaßnahmen vorzunehmen (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 58; BT-Drucks. 7/2011, S. 11 [zu § 3 MHG]; siehe auch Senatsurteile vom 17. Juni 2020 - VIII ZR 81/19 , WuM 2020, 493 Rn. 44; vom 16. Dezember 2020 - VIII ZR 367/18 , WuM 2021, 109 Rn. 25; vom 11. Mai 2022 - VIII ZR 379/20 , NJW-RR 2022, 877 Rn. 44).
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(2) Erst recht ist deshalb die Annahme des Berufungsgerichts, ein belastbarer Durchschnittswert für den jährlichen Energieverbrauch könne dadurch ermittelt werden, dass der tatsächliche Energieverbrauch innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor und nach der Maßnahme - den das Berufungsgericht mit jeweils vier bis fünf Jahren bemessen hat - zu der Bestimmung des Durchschnittswerts herangezogen wird, unzutreffend. Eine solche auf mehrere Jahre erstreckte Datengrundlage mag zwar Schwankungen aufgrund des Nutzerverhaltens ausgleichen (vgl. Theobald/Kühling/Söfker, Energierecht, Stand: 126. EL 2024, § 19 EnEV Rn. 15 [zu § 19 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 EnEV aF]). Der Vermieter hätte in diesem Fall aber erst nach Ablauf dieses Zeitraums Gewissheit, ob er eine Modernisierungsmieterhöhung gegenüber dem Mieter mit Erfolg geltend machen kann.
37
Eine solche "Sperrfrist" für die Geltendmachung der Modernisierungsmieterhöhung sieht das Gesetz - worauf die Revision zu Recht hinweist - indes nicht vor. Dem Wortlaut des § 559 Abs. 1 BGB aF lässt sich in zeitlicher Hinsicht lediglich entnehmen, dass der Vermieter eine Mieterhöhung nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahme, das heißt grundsätzlich nach Abschluss der Arbeiten (vgl. Senatsurteile vom 28. April 2021 - VIII ZR 5/20 , NJW-RR 2021, 735 Rn. 14; vom 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 , NJW 2015, 934 Rn. 39 [jeweils zu § 559b BGB ]), verlangen kann; eine über diesen Zeitpunkt hinausgehende Frist zur Geltendmachung der Mieterhöhung geht aus dieser Regelung ebenso wenig hervor wie aus der Bestimmung des § 559b BGB über die formellen Voraussetzungen der Mieterhöhungserklärung.
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Auch würde eine solche Frist zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Vermieters führen, wenn bei ihm zwar die Kosten der Modernisierung anfielen, er diese aber nach Abschluss der Arbeiten nicht zeitnah - wenigstens teilweise - auf den Mieter umlegen könnte, sondern bis zu fünf Jahre mit der Abgabe der Mieterhöhungserklärung warten müsste. Dies würde weder dem von dem Gesetzgeber angestrebten Ziel, die Interessen der Vermieter, Mieter sowie die gesamtgesellschaftlichen Interessen an einer (energetischen) Modernisierung von Gebäuden miteinander in Einklang zu bringen (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 13), noch dem - bereits unter II 2 b cc (1) (f) erwähnten - gesetzgeberischen Bestreben, dem Vermieter einen Anreiz für die Vornahme der Modernisierungsmaßnahme zu geben, gerecht.
39
(3) Das Berufungsgericht hat bei seiner rechtsfehlerhaften Sichtweise überdies verkannt, dass der Ermittlung tatsächlicher Verbrauchswerte nicht eine fehlerhafte Einstellung der Heizungsanlage zugrunde gelegt werden darf. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollen - wie bereits aufgezeigt - allein die durch eine - auf Dauer angelegte - bauliche Veränderung hervorgerufenen Einsparungen den Vermieter zu einer - ebenfalls dauerhaften - Erhöhung der Miete berechtigen (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 18, 24; siehe auch BeckOK-Mietrecht/Müller, Stand: 1. Februar 2025, § 555b BGB Rn. 22). Würde man für den vorzunehmenden Vergleich des Energieverbrauchs vor und nach der baulichen Maßnahme immer die tatsächlichen - möglicherweise wie hier nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen fehlerhaften - Einstellungen der Heizungsanlage zugrunde legen, liefe der Vermieter Gefahr, aufgrund der Auswirkungen eines - etwa erst nachträglich aufgetretenen - Bedienungsfehlers auf den Energieverbrauch dauerhaft auf eine Mieterhöhung verzichten zu müssen, obwohl es bei einer ordnungsgemäßen Bedienung der neu installierten Heizungsanlage zu einer nachhaltigen Einsparung von Endenergie gekommen wäre und bei einer Behebung des Fehlers auch jederzeit noch kommen könnte. Bei einem solchen Vergleich ist daher maßgeblich auf eine fehlerfrei eingestellte Heizungsanlage abzustellen.
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Auch ist der Mieter mit Blick auf einen solchen - hier festgestellten - Bedienungsfehler gegenüber dem Vermieter nicht schutzlos gestellt. Soweit hierin eine Pflichtverletzung liegt, kann der Mieter gegenüber seinem Vermieter jedenfalls einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 , § 241 Abs. 2 BGB geltend machen.
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(4) Dementsprechend kann der Vermieter - was das Berufungsgericht verkannt hat - eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB aF in Verbindung mit § 555b Nr. 1 BGB [aF] bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte - wie etwa diejenigen in der (zum hier maßgeblichen Zeitpunkt geltenden) Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand vom 7. April 2015 (BAnz AT vom 21. Mai 2015 B 2 [jetzt vom 8. Oktober 2020, BAnz AT vom 14. Dezember 2021 B 1]; siehe hierzu BT-Drucks. 10485, S. 20 f.; 25) - zurückgegriffen werden kann. Die Feststellung einer solchen Einsparung nur mit Hilfe eines Vergleichs der tatsächlichen Jahresverbrauchswerte vor und nach der Maßnahme kommt dagegen aus den vorstehend aufgezeigten Gründen grundsätzlich nicht in Betracht.
III.
42
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da es nach den obigen Ausführungen weiterer tatsächlicher Feststellungen zur materiellen Berechtigung der streitgegenständlichen Mieterhöhung bedarf, nicht entscheidungsreif und daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass das bereits eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Vorliegens einer energetischen Modernisierung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB [aF] nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats nicht geeignet ist.
Dr. Bünger Kosziol Dr. SchmidtDr. Matussek Dr. BöhmVon Rechts wegen