Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.08.2023 · IWW-Abrufnummer 236551

    Amtsgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 30.11.2022 – 33 C 2205/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    AG Frankfurt

    30.11.2022


    Tenor

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Auf die Widerklage werden die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen auf der nicht vermieteten Grünfläche vor dem Objekt …straße .. installierten Holzpfähle, welche auf dem Plan gemäß Anlage KE 1 im Beklagtenschriftsatz vom 24.08.2022 schwarz markiert sind, zu entfernen und den ursprünglichen Zustand der Grünfläche wiederherzustellen.
    3. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits gesamtschuldnerisch zu tragen.
    4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerseite kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 1.500,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 1.500,00 € leisten.
    5. Der Streitwert wird auf bis zu 4.000,00 € festgesetzt.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Mietminderung und Sichtschutzmaßnahmen.

    Mit Vertrag vom 24.02.2021 (Anl. K 2) mieteten die Kläger die streitgegenständliche EG-Wohnung von der Beklagten, wobei wegen des Inhalts des Mietvertrages auf Bl. 4ff. d.A. verwiesen wird.

    Vor 2 Zimmern der Wohnung (Kinderzimmer und Bürozimmer), direkt neben dem Haupteingang der Liegenschaft, befindet sich eine mit Kies bedeckte Fläche (Lichtbild auf Bl. 11f. d.A.) („Freifläche“). Die Freifläche ist nicht als entsprechende Terrasse vorgesehen oder Teil der Mietsache. Um die Freifläche wurden Sträucher gepflanzt, die sich allerdings noch in der Wachstumsphase (Neubau 2020) befinden. Die Wohnung liegt an einem Zufahrtsweg, was den Klägern aufgrund einer Besichtigung vor Vertragsabschluss bekannt war. Die Wohnung verfügt an der Rückseite auch über eine Terrasse,

    Die Kläger fragten mit Email vom 13.07.2021 an, ob sie die Freifläche mit Platten auslegen und als Fläche mitnutzen könnten (Anl. KE 4).

    Mit Schreiben vom 20.07.2021 versagte die Beklagte den Klägern auf der Freifläche Platten aufzulegen, bzw. diese exklusiv zu nutzen, gestattete aber ‒ nach Vortrag der Beklagten nur bzgl. der rückseitigen mitvermieteten Terrasse - die Aufstellung eines „Sichtschutzes“. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Anl. KE 5 (Bl. 28 d.A.) Bezug genommen.

    Mit Schreiben vom 20.07.2021 zeigten die Kläger der Beklagten vermeintliche Beeinträchtigungen und Störungen der Privatsphäre an, die von einem unbefugten Betreten dieser Freifläche durch Dritte entstehen würden.

    Zu einem unbekannten Zeitpunkt hatten die Kläger zwischenzeitlich Holzpfosten (Bl. 10Rf. d.A.) um die Freifläche herum aufgestellt, um im nächsten Schritt eine weiße hochwertige Kunststoffmatte (Schriftsatz vom 07.09.2022) als Sichtschutz daran anzubringen.

    Mit Schreiben vom 21.04.2022 (Anl. K 3) teilte die Beklagte mit, dass die Freifläche nicht zu der angemieteten Mietfläche gehöre und die Genehmigung von 20.07.2022 bezüglich einer Sichtschutzes ausschließlich für die angemietete Fläche gelte. Hierbei nahm sie Bezug auf einen Vermietungsgrundriss.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.05.2022 (Bl. 13ff. d.A.) forderten die Kläger die Beklagte zur vermeintlichen Mängelbeseitigung (Ruhe- und Privatsphärenstörung die von der Freifläche ausgehe) auf, wobei auch eine 15 %ige Mietminderung (238,50 €) geltend gemacht wurde.

    Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.05.2022 ab und forderte die Kläger ihrerseits dazu auf, die zwischenzeitlich angebrachten Holzpfosten binnen einer Frist bis zum 07.06.2022 zu entfernen bzw. die Grünanlage in den Ursprungszustand zu versetzen.

    Die Kläger behaupten, dass nahezu täglich fremde Personen die Freifläche betreten und ins Zimmer der Kläger spähen bzw. Müll auf die Fläche werfen würden. Wegen eines Störungsprotokolls wird auf Anl. K 5 (Bl. 73ff. d.A.) verwiesen. Diesen „Umfeldmangel“/Mietmangel bzw. die Störungen durch die Freifläche hätten die Kläger auch erst nach Einzug erkannt und der Beklagten sodann umgehend mitgeteilt. Die Wohnung der Kläger sei die einzige Wohnung in der Liegenschaft, die derart erheblichen Störungen durch Einsichtsmöglichkeiten ausgesetzt sei. Bereits vor der Anmietung sei ihnen von einem Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt worden, dass „sicherlich eine Bepflanzung als Hecke oder Ähnliches dort [Anmerkung: um die Freifläche] angebracht werden würde“. Alle anderen EG Wohnungen der Liegenschaft würden über entsprechende Bepflanzungen bzw. Hecken als Sichtschutz verfügen.

    Den Klägern sei nicht zuzumuten, ungehemmte Blicke in ihre Lebensgewohnheiten hinzunehmen. Jedenfalls bestehe Anspruch auf einen Sichtschutzzaun, da ein solcher die Eigentumsrechte der Beklagten nur unwesentlich beeinträchtige, gleichzeitig der Wohngebrauch aber stark eingeschränkt sei. Die Ablehnung der Gestattung sei rechtsmissbräuchlich

    Die Kläger beantragen,

    festzustellen, dass die Kläger zur Minderung des Bruttomietzinses i.H.v. 238,50 € (15 %) monatlich ab Juli 2021 berechtigt sind, sowie die Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 446,49 € der Kanzlei … nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.07.2022 freizustellen,

    hilfsweise

    die Beklagte zu verurteilen, den Klägern auf der Grünfläche vor der Liegenschaft in der …straße .. (Wohnung EG Rechts) die Anbringung einer Sichtschutzkonstruktion zu gestatten bzw. Erlaubnis zu erteilen

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    und widerklagend,

    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen auf der nicht vermieteten Grünfläche vor dem Objekt …straße .. installierten Holzpfähle, welche auf dem Plan gemäß Anlage KE 1 im Beklagtenschriftsatz vom 24.08.2022 schwarz markiert sind, zu entfernen und den ursprünglichen Zustand der Grünfläche wiederherzustellen.

    Die Kläger beantragen,

    die Widerklage abzuweisen.

    Wegen des weiteren Inhalts wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie deren Anlagen verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der klägerische Hauptsacheanspruch scheitert schon daran, dass den Klägern die örtlichen Gegebenheiten bei Mietvertragsschluss bekannt waren, sprich ein Minderungsanspruch selbst bei Unterstellung eines Mangels gemäß § 536b S. 1, 2 BGB nicht besteht.

    Zwar wenden die Kläger hierbei ein, dass die konkret von der Freifläche ausgehenden ‒ und bestrittenen - Beeinträchtigungen (Betreten von Dritten und Einsicht in die klägerische Wohnung, Vermüllung) erst nach Bezug erkennbar wurden. Allerdings liegt es auf der Hand, dass aufgrund der baulichen Beschaffenheit (Eingangsbereich, öffentlich zugängliche Freifläche direkt neben dem Eingangsbereich und davor bodentiefe Fenster in 2 Zimmern der klägerischen Wohnung) mit erhöhten „Zuschauerverkehr“ in diesem Bereich zu rechnen ist. Die Fenster befinden sich unmittelbar neben dem Zugangsweg zur Liegenschaft, die Freifläche ist offenkundig nicht privat und kann von jedermann betreten werden. Es ist nicht erkennbar, dass diese offenkundigen Tatsachen von der Klägerseite nicht erkannt werden konnten. Selbst wenn die ganz konkreten ‒ ggfs. auch immer mal wieder auftretenden ‒ hierdurch entstehenden Beeinträchtigungen für die Kläger nicht erkennbar gewesen sein sollten (was schon zweifelhaft erscheint), ist jedenfalls eine potentielle Beeinträchtigung durch bodentiefe Fenster im Eingangsbereich und keinerlei Möglichkeit eines Sichtschutzes an sich schon offenkundig. Selbst vom Eingangsweg aus kann man nach Aktenlage bzw. den vorgelegten Bildern ohne weiteres ‒ zumindest - in das näher am Eingangsweg gelegene Fenster gucken, hierzu bedarf es noch nicht einmal eines Betretens der Freifläche. Wenn die Kläger aber in Kenntnis dieser baulichen Anordnung die Wohnung dennoch mieten, ist ihnen ein Berufen auf die Rechte aus §§ 536, 536a BGB gem. § 536b BGB verwehrt.

    Aus den genannten Gründen scheitert auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch. Da kein Mangel vorliegt, kann die Ablehnung der Anbringung eines Sichtschutzes durch die Beklagte schon nicht rechtsmissbräuchlich sein.

    Irgendeine sonstige Rechtsgrundlage für die Anbringung eines Sichtschutzes ist ebenfalls nicht erkennbar. Es war für die Kläger aufgrund der getroffenen mietvertraglichen Vereinbarungen von Anfang an erkennbar, dass die Freifläche nicht Teil der mitvermieteten Grundfläche ist, was sich nicht zuletzt an ihrer Email vom 13.07.2021 zeigt. Denn in dieser fragten sie gerade an, ob sie die Freifläche mit Platten auslegen uns als ‒ weitere - Fläche mitnutzen könnten (was denklogisch voraussetzt, dass sie wussten, dass ihnen die Fläche nicht zur eigenen Nutzung mitvermietet worden war).

    Irgendeine Art von Anerkenntnis zur Mitnutzung dieser Fläche bzw. Genehmigung zur Anbringung eines Sichtschutzes hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt abgegeben. Selbst wenn ihr Schreiben vom 20.07.2021 im Hinblick auf die Genehmigung zur Anbringung eines Sichtschutzes etwas unklar formuliert ist (in diesem Schreiben wird nicht gänzlich klar, für welche Fläche die Genehmigung zur Anbringung eines Sichtschutzes erfolgt, bzw. wieso die Beklagte diesbezüglich unvermittelt auf die mitvermietete Terrassenfläche Bezug nimmt), stellt sie spätestens mit Schreiben vom 21.04.2022 klar, dass eine Anbringung eines Sichtschutzes nur die Terrassenfläche betrifft. Irgendeine vertragliche (Neben-)abrede im Hinblick auf die Freifläche lässt sich jedenfalls aus dem Beklagtenschreiben vom 20.07.2021 nicht ableiten.

    II.

    Die zulässige Widerklage ist begründet.

    Der Beklagten steht ein Beseitigungsanspruch der Holzpfähle gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zu.

    Aus den oben genannten Gründen ist kein Recht für die Kläger ersichtlich, welches ihnen die Befugnis geben würde, auf der im Eigentum der Beklagten stehenden Grünfläche um die Freifläche herum Holzpfähle bzw. eine Sichtschutzkonstruktion anzubringen.

    Ein solches (Gestattungs-)recht ergibt sich weder aus dem Mietvertrag bzw. außervertraglichen Nebenabreden, noch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Wie dargelegt ist die Beklagte nicht verpflichtet, für einen weitergehenden Sichtschutz der Kläger zu sorgen. Dies würde selbst dann gelten, wenn sie an anderen Stellen der Liegenschaft (was streitig ist) für mehr Bepflanzung gesorgt hätte, bzw. einen Sichtschutz durch bauliche Maßnahmen genehmigt hätte (was ebenfalls streitig ist). Hierbei sei darauf hingewiesen, dass die von Klägerseite vorgelegten Lichtbilder (Anlagenkonvolut K6 im Schriftsatz vom 28.10.2022, Bl. 65R f. d.A.) allenfalls zeigen, dass die Beklagte insbesondere auf den rückseitigen Terrassenflächen entsprechende Sichtkonstruktionen zulässt. Dies hatte sie zunächst auch den Klägern in Aussicht gestellt, wobei vorliegend die Freifläche und nicht die rückseitige Terrassenfläche streitgegenständlich ist. Angemerkt sei, ohne dass es darauf noch weiter ankommt, dass die Beeinträchtigung durch Anbringung eines Sichtschutzes um die Freifläche inklusive Holzpfählen entgegen der klägerischen Ansicht auch keinesfalls unerheblich erscheint. Es erscheint durchaus plausibel, dass ein solcher selbst angebrachter „Sichtschutzzaun“ die optische Wirkung der Liegenschaft nicht unerheblich verändern würde und naturgemäß Nachahmungseffekte anderer Mieter mit sich bringen könnte.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 108 ZPO.

    Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3ff. ZPO, § 45 Abs. 1 S. 2 GKG.

    RechtsgebietWohnraummieteVorschriften§ 536b BGB