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  • · Fachbeitrag · Legal Tech

    „weniger-miete.de“: Mieters Freund und Anwalts Feind?

    von RA und FAMuW Norbert Slomian, Heilbronn

    | Inkassodienstleister dürfen die Rechte von Mietern ohne Kostenrisiko und sogar erfolgsabhängig prüfen und durchsetzen, so aktuell der BGH ‒ zumindest bei bestimmten Fragen des Wohnraummietrechts. Goldene Zeiten für Mieter. Und für Anwälte? |

     

    1. Verlockendes Angebot für Mieter

    Der Inkassodienstleister (weniger-miete.de) wirbt im Internet damit, für Mieter einfach, kosten- und risikolos Ansprüche aus der „Mietpreisbremse“ zu prüfen und durchzusetzen. Er macht aus abgetretenem Recht des Mieters gegenüber dem jeweiligen Vermieter behauptete Ansprüche auf Auskunft und Rückzahlung zu viel gezahlter Miete gemäß § 556d BGB geltend. Im Erfolgsfall erhält der Inkassodienstleister ein Honorar. Das sei zulässig, so der BGH (27.11.19, VII ZR 285/18, Abruf-Nr. 212591).

     

    2. Vorteil für die Legal-Tech-Branche?

    Der BGH begründet auf 99 Seiten (!) die Zulässigkeit dieser Art der Rechtsverfolgung. Insbesondere den Einwand, das Inkassounternehmen schaffe durch seine Tätigkeit (Rüge des § 556d BGB) erst die Voraussetzungen für einen Anspruchstatbestand, lässt der BGH nicht gelten. Die Relevanz dieser Entscheidung kann ‒ ausgehend von der weiten Auslegung der zulässigen Tätigkeit des Inkassodienstleisters in diesem Bereich ‒ kaum hoch genug angesetzt werden.

     

    Die nun zulässige Möglichkeit, die Miethöhe bei Vertragsabschluss schnell, kostenlos und risikolos prüfen zu lassen und bestehende Ansprüche für die Zukunft ohne weiteren Aufwand zu sichern, dürfte für jeden Mieter verlockend sein. Ob Mietervereine ebenfalls einen derartigen Service 24 Stunden an sieben Tagen die Woche anbieten können, bleibt abzuwarten. Spezialisierte Rechtsanwälte dürfen berufsrechtlich weder entsprechend werben noch reine Erfolgshonorare vereinbaren. Die RVG-Honorare werden üblicherweise nicht kostendeckend sein.

     

    So stellt sich die Frage, welche weiteren Mietrechtsbereiche in naher Zukunft der Anwaltschaft entgleiten und die Gerichte beschäftigen werden: Schönheitsreparaturen und Betriebskostenabrechnungen sind neben der Erhöhung von Bestandsmieten sicher ebenso schnell standardisiert prüfbar. Allein die Möglichkeit, jährlich deutlich über 20 Mio. Betriebskostenabrechnungen zu prüfen, dürfte für die Legal-Tech-Branche Anreiz genug sein.

     

    FAZIT | Discounter sind anfangs wegen des Preises interessant. Merkt der Kunde, dass das „teurere Fachgeschäft nebenan“ nicht stets die bessere Qualität bietet, wird die Masse an Mandaten entscheiden, ob risikoloser Erfolg oder umfassende Beratung zu Mindestpreisen interessanter ist. Eine echte Herausforderung für uns alle ‒ nicht nur im Mietrecht!

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 55 | ID 46351764