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  • 20.01.2011 | Zahlungsverzug

    Mieter aufgepasst: Ohne Mängelanzeige kein Zurückbehaltungsrecht

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Wegen eines Mangels der Wohnung, von dem der Vermieter keine Kenntnis hat, kann der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht erst an den Mieten geltend machen, die fällig werden, nachdem er dem Vermieter den Mangel angezeigt hat (BGH 3.11.10, VIII ZR 330/09, Abruf-Nr. 104126).

     

    Sachverhalt

    Die Beklagten zahlten die Mieten April, Juni und Juli 07 nicht und für Mai nur einen Teilbetrag. Wegen Zahlungsverzugs kündigte der Kläger das Wohnraummietverhältnis am 5.6.07 fristlos und nahm die Beklagten erstinstanzlich erfolgreich auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch. Das Berufungsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Grund: Den Beklagten habe wegen Schimmelpilzbefalls der Wohnung ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des 3 ½-fachen Minderungsbetrags zugestanden. Deshalb seien sie nicht in Zahlungsverzug geraten. Den Schimmelpilzbefall hatten die Beklagten dem Kläger nicht angezeigt. Der BGH hat das LG-Urteil aufgehoben und das amtsgerichtliche Räumungsurteil wiederhergestellt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Versäumt der Mieter seinem Vermieter einen während der Mietzeit auftretenden Mangel anzuzeigen und ist dieser deshalb nicht in der Lage, den Mangel zu beseitigen, kann er gemäß § 536c Abs. 2 BGB weder Minderung (§ 536 BGB) noch Schadenersatz nach § 536a Abs. 1 BGB verlangen oder das Mietverhältnis ohne Bestimmung einer angemessenen Abhilfefrist (§ 543 Abs. 3 BGB) kündigen. Der Ausschluss der Sekundäransprüche des Mieters nach §§ 536b und 536c BGB lässt dessen Erfüllungsanspruch aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch grundsätzlich unberührt (BGH MK 07, 142, Abruf-Nr. 071805). Das heißt: Dem Mieter bleibt der Primäranspruch auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache trotz des Verlusts der Sekundäransprüche erhalten und kann dem Vermieter nach § 320 BGB entgegengehalten werden. Folge: Die Einrede führt - bei Vorliegen des Herstellungsanspruchs - zur Verurteilung Zug um Zug und schließt darüber hinaus den Verzug des Mieters aus. Eine außerordentliche Kündigung wegen Verzugs ist nicht möglich (BGH NZM 03, 355).  

     

    Die danach streitentscheidende Frage, ob den Beklagten wegen des nicht angezeigten Schimmelpilzbefalls ihrer Wohnung gemäß § 320 BGB ein ihren Zahlungsverzug ausschließendes Zurückbehaltungsrecht zustand, entscheidet der BGH wie aus dem Leitsatz ersichtlich. Das heißt: Die Kündigung des Klägers war berechtigt. Der Verzug der Beklagten mit der Mietzahlung für den streitgegenständlichen Zeitraum war nicht durch ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen. Dieses erstreckt sich nicht auf Mietzahlungen, die der Mieter für einen vor der Anzeige des - dem Vermieter unbekannten - Mangels liegenden Zeitraum schuldet. Grund: Solange dem Vermieter ein Mangel nicht bekannt ist, kann ein Zurückbehaltungsrecht die ihm zukommende Funktion, auf den Schuldner Druck auszuüben, nicht erfüllen. Folge: Nach Treu und Glauben kommt ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters für einen Zeitraum, in dem er dem Vermieter den Mangel nicht angezeigt hatte und dieser dem Vermieter auch sonst nicht bekannt war, von vornherein nicht in Betracht (LG Berlin NZM 98, 475; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., III Rn. 127).