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  • 24.09.2010 | Tod des Mieters

    Unbekannte Erben: Vermieter kann ohne Vorschuss Nachlasspflegschaft beantragen

    von RA Holger Glaser, Nordkirchen

    Auf Antrag des Vermieters des Verstorbenen kann eine Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung der unbekannten Erben bei der Beendigung und Abwicklung des Wohnraummietverhältnisses mit dem Erblasser angeordnet werden. Die Anordnung darf nicht von der Zahlung eines Vorschusses für die Vergütung und Auslagen des Nachlasspflegers abhängig gemacht werden (OLG Hamm 22.6.10, I-15 W 308/10, Abruf-Nr. 102985).

     

    Sachverhalt

    Der Mieter des Vermieters ist verstorben. Trotz intensiver Bemühungen lassen sich Erben nicht feststellen. Wegen der Mietrückstände, vor allem aber wegen der Kündigung und Räumung der Wohnung beantragt der Vermieter Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Das AG hat die Anordnung der Nachlasspflegschaft abgelehnt, weil der Vermieter keinen Vorschuss für die Vergütung und Auslagen des Nachlasspflegers eingezahlt hat. Das OLG hat den Beschluss abgeändert und eine Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung der unbekannten Erben bei der Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses mit dem Gläubiger angeordnet.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG schließt sich der überwiegenden Rechtsauffassung an. Danach darf die Anordnung der Nachlasspflegschaft bei einem bedürftigen Nachlass nicht davon abhängig gemacht werden, dass der antragstellende Gläubiger die Gerichtskosten vorschießt. Für die Annahme einer Vorschusspflicht fehlt die erforderliche gesetzliche Grundlage. § 8 KostO lässt sich nicht heranziehen, denn der Gläubiger ist nicht Kostenschuldner i.S. dieser Vorschrift. Vielmehr haften nach § 6 S. 1 KostO „nur“ die Erben für die Kosten der Nachlasspflegschaft. Eine Vorschusspflicht kann mangels gesetzlicher Grundlage auch nicht damit begründet werden, dass diese Kosten nicht dem kostenrechtlichen Begriff der Gebühren und Auslagen (§ 1 Abs. 1 S. 1, §§ 136 ff. KostO) unterfallen. § 6 S. 1 KostO verdrängt insoweit die allgemeinen Regelungen der §§ 2, 3 KostO (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 6 KostO, Rn. 11).  

     

    Die weiteren Voraussetzungen des § 1961 BGB liegen vor. Der Vermieter erhebt keine offensichtlich unbegründeten Ansprüche gegen den Nachlass. Dies gilt in jedem Fall für die aufgelaufene Miete, die eine Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 1967 BGB ist. Dahinstehen kann deshalb hier die Frage, ob dies in gleicher Weise für den Räumungsanspruch gilt, der in seiner schuldrechtlichen Grundlage zwar schon angelegt ist, zu seiner Entstehung jedoch noch der Kündigung bedarf. Gleiches gilt entgegen der Auffassung des AG für die Frage, ob die Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB auch zum Zwecke der Entgegennahme einer materiell-rechtlichen Willenserklärung (hier der Kündigung) angeordnet werden darf. Denn: Muss der Nachlasspfleger aufgrund der Nachlassverbindlichkeiten - hier Mietrückstände - bestellt werden, wird er durch seine Bestellung zum gesetzlichen Vertreter der unbekannten Erben in Bezug auf den Nachlass (Palandt/Edenhofer, BGB, 69. Aufl., § 1961, Rn. 3). Damit ist er auch befugt, die Kündigung entgegen zu nehmen und über die Art und Weise der Räumung zu verhandeln.