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  • 20.01.2011 | Sonderkündigungsrecht

    Einliegerwohnung bleibt auch bei Nutzung durch Vermieter selbstständige Wohneinheit

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Ein Wohnhaus, in dem sich neben je einer Wohnung im EG und im OG eine selbstständig als Wohnung nutzbare Einliegerwohnung im Keller befindet, ist auch dann kein „Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen“ i.S. des § 573a Abs. 1 BGB, wenn der Vermieter neben der Erdgeschosswohnung auch die Einliegerwohnung nutzt (BGH 17.11.10, VIII ZR 90/10, Abruf-Nr. 104247).

     

    Sachverhalt

    Die Beklagten bewohnen das OG eines Hauses aufgrund eines Mietvertrags mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin. Bei Vertragsschluss waren die Wohnungen im EG und im OG sowie eine Einliegerwohnung im Keller (42 m2 großer Wohn-/Schlafraum mit Bad/Dusche und Küchenzeile) vermietet. Nach Erwerb des Hauses bezogen die Klägerin und ihr Ehemann die Wohnung im EG. Den ausgebauten Kellerraum nutzen sie seither als Besucherzimmer, Arbeitszimmer und Bügelraum. Die auf eine Kündigung nach § 573a Abs. 1 BGB gestützte Räumungsklage hat keinen Erfolg.  

    Entscheidungsgründe

    Eines berechtigten Interesses für die Kündigung bedarf es nach § 573a Abs. 1 S. 1 BGB ausnahmsweise nicht, wenn ein Mietverhältnis in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen gekündigt wird. Maßgebliches Beurteilungskriterium, ob mehr als zwei Wohnungen vorhanden sind, ist die Verkehrsanschauung (BGH MK 08, 205, Abruf-Nr. 082674). Unter einer Wohnung wird gemeinhin ein selbstständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich verstanden, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht (Nachweise Urteilsgründe Tz. 8). Abzustellen ist insoweit nicht auf die baurechtlich zulässige Nutzung, sondern auf den tatsächlichen Gebrauch als Wohnung. Dieser ist auch bei baurechtswidriger Errichtung möglich. Nach dem Sachverhalt erfüllen die Räumlichkeiten im Keller diese Anforderungen.  

     

    Die Besonderheit des Streitfalls besteht darin, dass die Klägerin die frühere Fremdnutzung der Wohneinheit im Keller seit Erwerb des Hauses in eine Eigennutzung umgewandelt hat. Während der BGH in MK 08, 205, die tatrichterliche Beurteilung, die Aufteilung einander ergänzender Räume auf zwei Stockwerke hindere nicht die Annahme einer (einzigen) Wohnung gebilligt hat, stellt er nun den Gesichtspunkt der Eigenständigkeit in den Vordergrund. Das heißt: Ungeachtet der Selbstnutzung durch die Klägerin haben die Räumlichkeiten im Keller ihren Charakter als eine eigenständige Wohneinheit nicht verloren. Sie werden durch die Eigennutzung nicht Teil der Vermieterwohnung. Folge: Die erleichterten Kündigungsvoraussetzungen des § 573a Abs. 1 BGB lagen weder zu Beginn des Mietverhältnisses noch bei Ausspruch der Kündigung vor.