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  • 03.01.2011 | Rechtsverfolgungskosten

    Muss der Mieter bei unberechtigter Mängelanzeige Schadenersatz leisten?

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Bleibt bei der Mängelanzeige ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, darf der Mieter Mängelrechte geltend machen, ohne Schadenersatzansprüche befürchten zu müssen, auch wenn sich das Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (BGH 22.9.10, VIII ZR 285/09, Abruf-Nr. 103601).

     

    Sachverhalt

    Die Mieter hatten den Vermieter zur Zahlung von 10.000 EUR wegen Minderung aufgefordert. Ihre Vermessung der Wohnung habe statt der im Mietvertrag angegebenen „ca. 150 m2“ lediglich eine Wohnfläche von 127 m2 ergeben. Da die Wohnung mit vielen Schrägen und Winkeln versehen sei, könne die exakte Wohnfläche erst durch eine gutachterliche Vermessung festgestellt werden. Nachdem der Kläger die Forderung anwaltlich zurückweisen ließ, haben die Beklagten ihre Minderungsansprüche fallen gelassen. Der Vermieter klagt auf Erstattung seiner Anwaltskosten.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH verneint einen Anspruch des Vermieters aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB auf Ersatz seiner Rechtsverfolgungskosten. Grund: Die Beklagten haben die Wohnung selbst vermessen und damit im Rahmen ihrer Möglichkeiten geprüft, ob eine Wohnflächenabweichung vorliegt. Gleichzeitig haben sie darauf hingewiesen, dass die exakte Wohnungsgröße wegen der Schwierigkeiten bei der Vermessung (Schrägen, Winkel) erst durch einen Gutachter festgestellt werden könne. Das heißt: Von einem Mieter eine weitergehende Überprüfung der von ihm vermuteten Wohnflächenabweichung zu verlangen, würde die an einen nicht mit der Rechtslage vertrauten Mieter zu stellenden Sorgfaltsanforderungen überspannen. Die aufgrund des Mietverhältnisses gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen des Vermieters erfordert nicht, dass sich der Mieter vor der Mängelanzeige über die komplizierte Wohnflächenberechnung bei Dachgeschosswohnungen kundig macht oder gar ein mit erheblichen Kosten verbundenes Gutachten einholt. Grund: Die Durchsetzung von Mängelrechten wäre in nicht hinnehmbarer Weise erschwert, wenn der Mieter einen behaupteten Mangel vorab zweifelsfrei feststellen müsste. Folge: Bleibt - wie hier - bei der Mängelanzeige ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, ergibt sich die im Leitsatz genannte Rechtsfolge.  

     

    Das gilt auch, wenn der Vermieter - wie hier durch ein in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten zur Wohnfläche - erhebliche Kosten für die Mängelprüfung aufgewendet hat. Nachdem der Kläger das von ihm eingeholte Gutachten vorgelegt hatte, erklärten die Beklagten schriftsätzlich, sie wollten davon Abstand nehmen, „die nun vorgelegte Wohnflächenberechnung substanziiert zu bestreiten“.