Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 25.10.2010 | Mietminderung

    Verwirkung bei nachträglichen Mängeln

    von RiAG Axel Wetekamp, München

    Die Mietrechtsreform hat manche Vorschriften verändert und einige neu geschaffen. In einem wichtigen Fall blieb die maßgebliche Bestimmung fast unverändert, trotzdem haben sich erhebliche Veränderungen in der Rechtsprechung ergeben. Es ist der Fall des Ausschlusses der Minderung durch vorbehaltlose Weiterzahlung der Miete über einen gewissen Zeitraum hinweg trotz Kenntnis eines nach Vertragsabschluss aufgetretenen Mangels der Mieträume. Die Rechtslage ist dadurch unsicherer geworden.  

     

    Rechtslage vor der Mietrechtsreform

    Vor der Mietrechtsreform wendete die ganz h.M. bei nachträglichen Mängeln § 539 BGB a.F. analog an. Danach verlor der Mieter sein Recht zur Minderung, wenn er einen bekannten Mangel längere Zeit nicht gerügt und die Miete ungekürzt und vorbehaltlos weiter gezahlt hat (BGH NJW 97, 2674). Unterlassen des Einbehalts bei der Mietzahlung bzw. Nichtausübung eines Vorbehalts innerhalb des bezeichneten Zeitraums sollte zum Verlust des Minderungsrechts sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft führen (BGH GE 97, 1163). Begründet wurde dies mit einer ungewollten Gesetzeslücke. Die Rechtsprechung hatte meistens einen Verlust des Minderungsrechts bei vorbehaltloser Mietweiterzahlung für etwa sechs Monate nach Auftreten des Mangels angenommen (BGH NJW 97, 2674 und NZM 03, 355). Einige Grundsätze galten sowohl nach altem Recht als auch nach der Mietrechtsreform weiter:  

     

    Übersicht: Das muss der Mieter zur Erhaltung des Minderungsrechts beachten
    • Einbehalt: Von der Miete kann der angenommene Minderungsbetrag einbehalten werden.

     

    • Vorbehalt: Anstelle des Einbehalts kommt auch ein Vorbehalt der Minderung zur Erhaltung des Minderungsrechts in Betracht. Damit kann sich der Mieter das Minderungsrecht rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Vorbehalts erhalten.
    • Der Vorbehalt muss ausdrücklich bei der Mietzahlung selbst angebracht werden.
    • Nicht erforderlich ist, einen der zulässigen Minderungshöhe entsprechenden Teilbetrag der Miete zu bezeichnen, auf den sich der Vorbehalt beziehen sollte (LG Köln WuM 94, 429).

     

    • Beseitigungszusage: Einbehalt oder Vorbehalt sind nicht erforderlich, wenn der Vermieter die Mangelbeseitigung zugesagt hat und der Mieter auf diese Zusage vertrauen durfte (LG Düsseldorf WuM 87, 150).
    • Dies soll nicht der Fall sein, wenn der Mieter nach seinem Mangelbeseitigungsverlangen und der Zusage des Vermieters längere Zeit vergeblich auf die Beseitigung des Mangels gewartet hat (BGH MDR 76, 571).
    • Es muss also die aufgrund der Verhandlungen zwischen Mieter und Vermieter begründete Erwartung baldiger Mängelbeseitigung bestehen (OLG Düsseldorf WuM 95, 435).

    Rechtslage nach der Mietrechtsreform

    Der Gesetzgeber hat § 539 BGB a.F. mit lediglich kleinen redaktionellen Änderungen als § 536b BGB übernommen. In der Folge setzten die Gerichte ihre bisherige Rechtsprechung zum Verlust des Minderungsrechts - offenkundig entgegen der Vorstellung des Gesetzgebers - zunächst fort, nun durch analoge Anwendung des § 536b BGB auf nachträgliche Mängel (OLG Stuttgart NZM 03, 599). Entgegen dieser durch zahlreiche weitere Gerichte vertretenen Auffassung hat der VIII. Zivilsenat des BGH durch Urteil vom 16.7.03 (MK 03,136; Abruf-Nr. 031736) für den Bereich des Wohnraummietrechts entschieden, dass die bisherige Rechtsprechung hinsichtlich Einbehalt und Vorbehalt bei der Mietzahlung in analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. nur für bis zum 1.9.01 fällig gewordene Mieten gelte. Der Gesetzgeber der Mietrechtsreform habe nämlich das Problem gesehen und trotzdem keine Regelung getroffen. Bei dieser Sachlage sei kein Platz mehr für die bisherige Gesetzesanalogie.  

     

    Übersicht: Grundsätze des BGH
    • Fälligkeit vor der Reform: Hinsichtlich der bis zum 1.9.01 fällig gewordenen Mieten, soweit sie ungekürzt und vorbehaltlos für einen Zeitraum von etwa sechs Monaten weiter bezahlt worden sind, ist es bei dem Verlust des Minderungsrechts geblieben. Diese Minderungsrechte sollten auch nach den Bestimmungen des Mietrechtsreformgesetzes und den hierzu ergangenen Übergangsvorschriften nicht wieder aufleben.

     

    • Fälligkeit nach der Reform: Für nach dem 1.9.01 fällig gewordene Mieten scheidet eine analoge Anwendung des § 536b BGB aus. Die Frage der Minderungsberechtigung bei einem während der Mietzeit auftretenden Mangel bestimmt sich nur noch nach § 536c BGB, hat also als Voraussetzung die Mängelanzeige. Dies gilt auch für Mietverträge, die vor dem 1.9.01 abgeschlossen worden sind. Der für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (BGH MK 05, 76, Abruf-Nr. 051027).

    Verwirkung der Minderung und ihre Voraussetzungen