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  • 01.06.2006 | Mehrwertsteuer

    Muss der Jagdpächter MwSt auf Pacht und Wildschadensverhütungspauschale zahlen?

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Der Jagdpächter ist verpflichtet, bei einem mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts geschlossenen Jagdpachtvertrag anfallende Mehrwertsteuer auf Pacht und Wildschadensverhütungspauschale zu zahlen (BGH 2.3.06, III ZR 383/02, n.v., Abruf-Nr. 060928).

     

    Sachverhalt

    Das beklagte Land verpachtete dem Kläger die Jagdnutzung auf den zu einem staatlichen Eigenjagdbezirk gehörenden Grundstücken gegen Zahlung einer jährlichen Pacht einschließlich Wildschadensverhütungspauschale. Der Jagdpachtvertrag enthält folgende Regelung: „Zurzeit ist weder auf die Flächenpacht noch auf die Wildschadensverhütungspauschale eine Mehrwertsteuer zu erheben. Sollte sich die Rechtslage ändern, wird rückwirkend (frühestens ab Pachtbeginn) die Mehrwertsteuer in der gesetzlichen Höhe erhoben“. Auf die Aufforderung des Beklagten, rückwirkend ab dem Jagdjahr 00/01 die Zahlung von 16 Prozent Mehrwertsteuer auf Pacht und Wildschadensverhütungspauschale zu zahlen, leistete der Kläger unter Vorbehalt. Die in den Instanzen erfolgreiche negative Feststellungsklage des Klägers, dass er keine Umsatzsteuer schulde, hat der BGH auf Revision der Beklagten abgewiesen.  

     

    Praxishinweis

    Das AG hat die o.g. Mehrwertsteuerklausel dahin ausgelegt, die Parteien hätten die Erstattung von Mehrwertsteuer von der tatsächlich bestehenden Umsatzsteuerpflicht abhängig gemacht und dabei auch eine geänderte, jedoch objektiv zutreffende Rechtsansicht als „Änderung der Rechtslage“ ausreichen lassen. Zweck der Klausel sei es, eine etwa später vom Verpächter zu zahlende Mehrwertsteuer in jedem Fall an den Jagdpächter weiterzugeben. Der BGH hat diese Auslegung gebilligt. Mithin schuldete der Beklagte die Mehrwertsteuer auf Pacht und Wildschadensverhütungspauschale von Vertragsbeginn an, sofern es sich insoweit um einen steuerpflichtigen Tatbestand nach den Vorschriften des UStG handelt.  

     

    Durch das mit europäischem Recht (EuGH DStRE 05, 841) in Einklang stehende Urteil des BFH (DStR 05, 2123) ist geklärt, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Verpachtung ihrer Eigenjagd im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG gewerblich oder beruflich tätig wird. Sie ist daher nach den allgemeinen Vorschriften des UStG – und nicht entsprechend den Durchschnittssätzen des § 24 UStG – zu besteuern, wenn – wie hier – der Grund und Boden, der den Eigenjagdbezirk bildet, zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört. Der BGH schließt sich dieser Beurteilung des BFH an und erstreckt die Steuerpflicht auch auf die als Teil des Leistungsaustauschs anzusehende Wildschadensverhütungspauschale. Sie dient zur Abdeckung von Aufwendungen des Landes und ist – im Gegensatz möglicherweise zur Wildschadenspauschale (Vfg. der OFD Koblenz 25.5.95, UR 1996, 27) – keine Schadenersatzleistung. Der Pächter wird dadurch nicht unzumutbar belastet, da er mit einer solchen Verpflichtung nach dem Vertragstext – unabhängig von den Bedingungen der Ausschreibung – von vornherein rechnen musste. Hierin liegt weder eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung von Steuergesetzen noch eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes im Hinblick auf eine unterschiedliche Umsatzsteuerbelastung bei der Verpachtung von Jagden, je nachdem, ob der Verpächter i.S.d. § 2 UStG als Unternehmer gilt.