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  • 23.04.2008 | Gewerberaummiete

    Schon jetzt wichtig: Kein Zugang fristgebundener Willenserklärungen am Silvesternachmittag

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Wird ein Schriftstück erst am 31. Dezember nachmittags in den Briefkasten eines Bürobetriebs geworfen, in dem branchenüblich Silvester nachmittags – auch wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt – nicht mehr gearbeitet wird, geht es erst am nächsten Werktag zu (BGH 5.12.07, XII ZR 148/05, n.v., Abruf-Nr. 080314).

     

    Sachverhalt/Praxishinweis

    Die beklagte Mieterin war berechtigt, spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit (hier: 30.6.04) die Verlängerung des Mietverhältnisses um fünf Jahre zu verlangen. Sie übte ihr Optionsrecht mit Schreiben vom 31.12.03 aus. Ein Bote warf das Schreiben am 31.12.03 (Mittwoch) um 15.50 Uhr in den Briefkasten der die Klägerin vertretenden Verwaltungsgesellschaft. Diese hatte auf ihren Briefbögen ihre Sprech- und Geschäftszeiten mit Montag bis Donnerstag (14.00 bis 17.00 Uhr) angegeben. Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin die Erklärung der Beklagten auf Verlängerung des zwischen ihnen bestehenden Mietvertrags rechtzeitig am 31.12.03 oder verspätet am 2.1.04 zugegangen ist. Die Klägerin hat die Beklagte vor dem AG erfolgreich auf Räumung in Anspruch genommen. Die Rechtsmittel der Beklagten hiergegen blieben erfolglos.  

     

    Nach § 130 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm zugeht. Das setzt voraus, dass die Willenserklärung so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von ihr Kenntnis zu nehmen. Vollendet ist der Zugang jedoch erst, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist (BGH MK 04, 127, Abruf-Nr. 040582). Der BGH verweist erneut darauf, dass die Zugangsfrage allein danach zu beantworten ist, ob im Zeitpunkt des Einwurfs des Briefs in den Briefkasten nach der Verkehrsanschauung, ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Empfängers, noch mit einer Leerung am selben Tag zu rechnen ist (BGH, a.a.O.). Das heißt: Die objektive Möglichkeit zur Kenntniserlangung ist abstrakt zu verstehen. Es genügt, dass die Willenserklärung so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass sie üblicherweise – nicht zufällig – alsbald wahrgenommen werden kann.  

     

    Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Mit einer Leerung des Briefkastens am selben Tag kann nicht mehr gerechnet werden, wenn er nach Schluss der Geschäftszeiten eines Betriebs eingeworfen wird. Wird in einem Bürobetrieb Silvester üblicherweise nachmittags nicht gearbeitet, ist kurz vor 16.00 Uhr mit einer Briefkastenleerung am selben Tag nicht mehr zu rechnen. Dies gilt nicht nur für Options-, sondern auch für andere fristgebundene Willenserklärungen.