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  • 21.07.2010 | Einkaufszentrum

    Betriebspflicht trotz ausbleibender Kunden

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Zur Wirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Betriebs- und Offenhaltungspflicht des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum, wenn dem Mieter zugleich eine Sortimentsbindung auferlegt, ihm aber kein Sortiments- und Konkurrenzschutz gewährt wird (BGH 3.3.10, XII ZR 131/08, Abruf-Nr. 101342).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist Mieterin einer Ladenfläche (über 720 m2) in einem Einkaufszentrum der Beklagten.  

     

    Der Formular-Mietvertrag lautet
    • § 1/I Nr. 2: Die Vermietung erfolgt zur ausschließlichen Nutzung als T.-Discount einschließlich der dazugehörigen Rand- und Nebensortimente. Der Mieter verpflichtet sich, das Sortiment entsprechend der oben angeführten Beschränkung einzuhalten. Eine Änderung der genannten Nutzung oder des Sortiments ist dem Mieter ohne vorherige Zustimmung des Vermieters nicht gestattet. Dem Mieter wird keine Sortimentsausschließlichkeit zugesichert. Konkurrenzschutz ist ausgeschlossen.

     

    • § 11/II: (1.) Der Mieter ist verpflichtet, den Mietgegenstand während der gesamten Mietzeit seiner Zweckbestimmung entsprechend ununterbrochen zu nutzen. Er wird die Mieträume weder ganz noch teilweise unbenutzt oder leer stehen lassen... (3.) Das Geschäftslokal ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offenzuhalten. Aus der bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (wie Mittagspause, Ruhetage, Betriebsferien) sind nicht zulässig, ausgenommen sind Inventuren oder Betriebsversammlungen.“

    Die Geschäftsräume waren bis 2007 an die N untervermietet, die dort einen Lebensmitteldiscounter betrieb und „Publikumsmagnet“ des Einkaufszentrums war. Dessen Leerstand ist von anfänglich 20 Prozent auf inzwischen 40 Prozent gestiegen. Die Feststellungsklage, dass die in § 11/II Nr. 1 und 3 des Mietvertrags bestimmte Betriebspflicht ungültig und sie berechtigt sei, ihr Ladengeschäft nach eigenem Belieben zu öffnen oder zu schließen, hat keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Ein optimierter Branchenmix kombiniert mit ein oder zwei sog. Frequenzbringern und Vollvermietung sind grundlegende Voraussetzungen eines florierenden Einkaufszentrums. Ist dagegen der Standort ungünstig und gehen die Besucherzahlen infolge des demographischen Wandels zurück, leidet regelmäßig die Attraktivität des Einkaufszentrums und es kommt zu einem schleichenden Niedergang, dokumentiert durch zunehmende Leerstände. Die verbleibenden Mieter haben kaum Chancen die hierdurch verursachten Rentabilitätsstörungen zu kompensieren. Einer Anpassung der Öffnungszeiten steht die in der Regel vereinbarte Betriebspflicht entgegen. Folge: Die Mieter dürfen nicht öffnen, wann sie wollen, sondern müssen ihre Geschäfte auch dann im Rahmen der vorgegebenen Öffnungszeiten mit hohem Kostenaufwand betreiben, wenn - wie hier - ein hoher Leerstand besteht und deswegen die Kunden ausbleiben. Versuche das Verwendungsrisiko in diesem Fall auf den Betreiber abzuwälzen, erteilt der BGH erneut eine Absage.