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  • 03.01.2011 | Anfänglicher Mangel

    Vorsicht bei Abfassung von Haftungsausschlussklauseln

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    1. War ein Bauteil der Mietsache aufgrund seiner fehlerhaften Beschaffenheit bei Vertragsschluss bereits in diesem Zeitpunkt für ihren Zweck ungeeignet und damit unzuverlässig, liegt ein anfänglicher Mangel der Mietsache vor.  
    2. Auch dritte, an einem Mietvertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen können in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen werden. Ihnen gegenüber ist der Schuldner zwar nicht zur Leistung, wohl aber unter Umständen zum Schadenersatz verpflichtet.  
    (BGH 21.7.10, XII ZR 189/08, Abruf-Nr. 104076)

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis zu LS 1

    Wird der Mieter durch ein herabfallendes Fenster verletzt oder werden seine Sachen beschädigt und ist die Ursache ein Mangel der Mietsache (hier: infolge eines Konstruktionsmangels), haftet der Vermieter für die Schadensfolgen (Personen-, Sach- und Vermögensschäden) aus Garantiehaftung gemäß § 536a Abs. 1 1. Alt. BGB (§ 538 Abs. 1 1. Alt. a.F. BGB), wenn der Mangel bereits bei Fertigstellung und Übergabe der Mietsache sowie bei Abschluss des Mietvertrags vorhanden war (anfänglicher Mangel).  

     

    Entscheidend ist nicht, wann durch den Mangel ein Schaden entstanden ist, sondern ob der Mangel selbst bereits bei Vertragsschluss vorhanden war. Das ist auch der Fall, wenn der Mangel und die daraus folgende Gefahr der Mieterin bei Vertragsschluss noch nicht bekannt waren. Auf ein Verschulden des Vermieters kommt es nicht an. Auch „geheime“ Mängel lösen die Garantiehaftung aus. Wird ein Bauteil erst während der Mietdauer funktionsuntüchtig, grenzt der BGH zwischen der auf einem anfänglichen Mangel beruhenden Garantiehaftung und der verschuldensabhängigen Haftung aufgrund eines nachträglich entstandenen Mangels wie folgt ab:  

     

    Übersicht: So nimmt der BGH die Abgrenzung vor

    anfänglicher Mangel: nein  

    Beruht der Funktionsausfall allein auf Alterungs- oder Verschleißprozessen, entsteht der Mangel erst später mit dem Verschleiß. Das heißt: Nicht jedes später funktionsuntüchtig werdende Bauteil kann also bereits als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses latent mangelhaft angesehen werden.  

    anfänglicher Mangel: ja  

    War ein Bauteil aufgrund seiner fehlerhaften Beschaffenheit bei Vertragsschluss allerdings bereits in diesem Zeitpunkt für die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache ungeeignet und damit unzuverlässig, liegt ein anfänglicher Mangel vor. Das heißt: Entscheidend ist, ob sich die Schadensursache in die Zeit vor Vertragsschluss zurückverfolgen lässt. Insoweit genügt es, wenn bei Vertragsschluss die Gefahrenquelle vorhanden war oder die Schadensursache vorlag. Kontrollfrage für den darlegungsbelasteten Mieter: Könnte der Mieter bei Kenntnis des Zustands der Mietsache von dem Vermieter Abhilfe verlangen, liegt bereits in diesem Zeitpunkt ein Mangel vor.  

    Beispiele für anfängliche Mängel:  

    Ein in einem Rückstaugebiet liegendes Haus verfügt nicht über die notwendigen und zumutbaren Vorrichtungen zur Verhinderung des Wassereintritts. Das gilt selbst, wenn sich der Mangel nur bei außergewöhnlichen Wolkenbrüchen auswirkt (BGH WM 68, 300).  

    Die unverschlossene Rauchrohröffnung eines durch die Mieträume geführten Kamins (BGH NJW 68, 885).  

    Montagefehler bei der Verlegung der Elektroleitung lange vor Beginn des Pachtvertrags, der sich in Form eines Kurzschlusses erst infolge einer mechanischen Beschädigung des Kabels oder durch Zersetzung oder Alterung des Isoliermaterials in diesem Zeitpunkt auswirkte (BGH NJW 72, 944).  

    Die Belastung der Mietfläche mit Kampfmitteln (KG 14.5.09, 8 U 106/08).  

    Undichte Außenwand eines Geschäftshauses (OLG Düsseldorf ZMR 03, 102).