30.01.2025 · IWW-Abrufnummer 246118
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 20.11.2024 – 10 Sa 13/24
1. Will eine potentielle Kundin nicht von einer weiblichen Person (Arbeitnehmerin), sondern von einem männlichen Berater betreut werden, hat die Arbeitgeberin im Rahmen ihrer Reaktionsmöglichkeiten grundsätzlich den Schutzpflichten nach § 12 Abs. 4 AGG nachzukommen.
2. Tut sie dies nicht, kann der Entzug der potentiellen Kundin aus der Betreuungszuständigkeit der Arbeitnehmerin eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG durch die Arbeitgeberin darstellen, die einen Entschädigungsanspruch auslöst.
In der Rechtssache
- Klägerin/Berufungsklägerin -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagte/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 10. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Zimmermann, den ehrenamtlichen Richter Herrmann und den ehrenamtlichen Richter Wilcken auf die mündliche Verhandlung vom 16.10.2024
für Recht erkannt:
Tenor: 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgericht Freiburg - Kammern Offenburg - vom 2. Februar 2024 - 10 Ca 178/23 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zu einem geringen Teil abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.500,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Mai 2023 zu bezahlen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen des Geschlechts zu zahlen.
Die Klägerin war seit März 1992 zunächst als Architektin und zuletzt im Vertrieb für die Beklagte tätig. Ihre monatliche Vergütung betrug durchschnittlich 14.050,00 Euro brutto. Das Arbeitsverhältnis ist mittlerweile beendet.
Einer seit Juni 2019 bei der Beklagten registrierten Bauinteressentin wurde über das unternehmensintern zur Aufnahme und Verteilung von Interessenten angewandte System der Beklagten die Klägerin als Beraterin zugeordnet. Im Februar 2023 fragte die Klägerin telefonisch bei der Bauinteressentin wegen der Entwicklung ihres Bauvorhabens nach und bat mit E-Mail vom 7. März 2023 um Terminvorschläge. Zwei Tage später erhielt die Klägerin von ihrem Vorgesetzten, dem Regionalleiter der Beklagten, die Information, dass die Bauinteressentin ihm am 7. März 2023 telefonisch mitgeteilt habe, keine Frau als Beraterin zu wollen. Mit Wirkung vom 9. März 2023 wurde die Bauinteressentin intern auf den Regionalleiter "überschrieben".
Die Klägerin rief am 10. März 2023 die bei der Beklagten bestehende AGG-Beschwerdestelle an und äußerte am selben Tag auch gegenüber dem Regionalleiter, sie werde diskriminiert. Dieser informierte daraufhin den Personalleiter, der ebenfalls die im Unternehmen bestehende AGG-Beschwerdestelle mit der Bitte um Prüfung konsultierte.
Die Klägerin schrieb den Kontakt mit der Bauinteressentin in der Folge wieder auf sich um, weshalb die Kundin am 16. März 2023 erneut unter dem Namen der Klägerin angeschrieben wurde. Daraufhin kam es zu einem Telefonat zwischen der Bauinteressentin und dem Regionalleiter. Am Ende blieb es dabei, dass die Bauinteressentin nicht mehr von der Klägerin betreut wurde. Käme es zu einem Vertragsschluss zwischen der Beklagten und der Bauinteressentin, beträfe dies zwei Häuser, aus der die Klägerin je eine Provision von 16.000,00 Euro hätte erzielen können, wenn sie die Bauinteressentin weiterhin betreut hätte.
Mit Schreiben vom 23. März 2023 teilte die AGG-Beschwerdestelle unter dem Betreff "Beschwerde nach § 13 AGG vom 10. März 2023" der Klägerin mit, dass zwar eine Benachteiligung gemäß § 12 Abs. 4 AGG durch die Äußerung der Bauinteressentin vorliege, die Beklagte jedoch alle geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen ergriffen habe, um dieser Benachteiligung entgegenzuwirken (vgl. im Einzelnen Anlage K1 zur Klageschrift. Bl. 5 ff. der erstinstanzlichen Akte).
Zu dem Telefonat zwischen dem Regionalleiter und der Bauinteressentin am 17. März 2023 führte die AGG-Beschwerdestelle aus:
"Die Bauinteressentin brachte daraufhin gegenüber dem Regionalleiter ihr Unverständnis zum Ausdruck und hielt an ihrem ursprünglichen Begehr, sich ihren Berater bzw. Beraterin selbst aussuchen zu können, fest. Außerdem habe sie im Ergebnis die richtige Entscheidung getroffen, bedauere allerdings ihre seinerzeitige Wortwahl - insbesondere, da sie selbst ja eine Frau sei. Deshalb sei es ihr ein Anliegen, diese Richtigstellung so auch an Sie weiterzugeben. Des Weiteren stellte die Bauinteressentin gegenüber dem Regionalleiter klar, dass ihr Wunsch nach einem Beraterwechsel auch darauf beruht habe, dass sie nach einem zweiten Telefonat mit Ihnen kein gutes Gefühl gehabt habe und sie daher einen anderen Ansprechpartner bevorzugt habe."Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin machte mit Schreiben vom 4. Mai 2023, der Beklagten am 6. Mai 2023 zugegangen, Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung gemäß § 15 Abs. 1 AGG und § 15 Abs. 2 AGG geltend (Anlage K2, Bl. 9 f. der erstinstanzlichen Akte). Die Entschädigung bezifferte sie in Höhe von sechs Bruttomonatsgehältern und damit 84.300,00 Euro. Mit Schreiben vom 10. Juli 2023 wies die Beklagte den Ersatz eines immateriellen Schadens zurück, anerkannte aber - wie bereits mehrfach zugesichert - im Falle eines Vertragsabschlusses mit der Bauinteressentin einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der entgangenen Provision (Anlage K3, Bl. 11 f. der erstinstanzlichen Akte). Am 4. August 2023 erhob die Klägerin Klage beim Arbeitsgericht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Diskriminierung durch die Bauinteressentin aufgrund ihres Geschlechts. Die Beklagte - insbesondere in Person des Regionalleiters - habe die diskriminierende Äußerung der Bauinteressentin akzeptiert und sich in keiner Weise schützend vor die Klägerin gestellt, etwa versucht, die Bauinteressentin davon zu überzeugen, dass eine Frau als Beraterin gleich oder sogar besser qualifiziert sei als ein männlicher Berater. Auch wenn die Benachteiligung vorliegend durch die Bauinteressentin als Dritte begangen worden sei, habe der Arbeitgeber konkrete Handlungspflichten, um seine Beschäftigten zu schützen. Durch die sofortige Überschreibung des Kontakts habe der Regionalleiter aber die Diskriminierung fortgesetzt und sogar noch unterstützt. Das der Beklagten zuzurechnende Verhalten des Regionalleiters stelle keine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme dar, um der Benachteiligung entgegenzuwirken. Die Überschreibung der Bauinteressentin zurück auf sich selbst habe sie nur veranlasst um zu vermeiden, dass ihr Name auf weiteren Anschreiben an die Bauinteressentin erscheine. Sie habe aber vergessen, als Bauberater den Regionalleiter einzutragen, weshalb die Bauinteressentin auf ihrem Namen stehen geblieben sei. Die Diskriminierung sei gravierend, eine Entschädigung von mindestens sechs Bruttomonatsgehältern angemessen.
Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 2. Februar 2024 haben die Parteien einen Teilvergleich über den von der Klägerin im Wege eines Feststellungsantrags neben der Entschädigung geltend gemachten Schadenersatz wegen entgangener Provision für den Fall eines Vertragsabschlusses zwischen der Beklagten und der Bauinteressentin geschlossen.
Die Klägerin hat daher zuletzt nur noch den Entschädigungsanspruch weiterverfolgt und beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 84.300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Mai 2023 zu bezahlen.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie hat vorgetragen, ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens nach § 15 Abs. 2 AGG stehe der Klägerin nicht zu. Äußerungen einer betriebsfremden dritten Person seien der Beklagten nicht zuzurechnen. Schließlich sei die Bauinteressentin zum damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal Kundin der Beklagten gewesen. Die Überschreibung des Kundenkontakts auf den Regionalleiter sei erfolgt, damit die Klägerin mit der Bauinteressentin nicht mehr habe in Berührung kommen müssen. Mit der zusätzlich erfolgten vorgerichtlichen Zusicherung im Zusammenhang mit eventuell entgehenden Provisionen habe sie geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme ergriffen. Keinesfalls habe sie eine etwaige Diskriminierung durch die Bauinteressentin akzeptiert oder sich nicht etwa schützend vor die Klägerin gestellt. Die Klägerin selbst habe die Rückübertragung des Kundenkontakts veranlasst. Eine von der Klägerin u.a. geforderte Beendigung der Kundenbeziehung mit der Bauinteressentin sei mit Rücksicht auf die auch wirtschaftlichen Interessen der Beklagten nicht zumutbar. Ein krasser Ausnahmefall, der die Beendigung der Kundenbeziehung erforderlich gemacht hätte, habe nicht vorgelegen.
Mit Schlussurteil vom 2. Februar 2024 hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung einer Entschädigung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Verhalten der Bauinteressentin sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Soweit die Klägerin der Beklagten vorwerfe, diese habe entgegen § 12 Abs. 4 AGG nicht die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Klägerin ergriffen, begründe das den geltend gemachten Anspruch nicht. Das Unterlassen von Präventions- oder Schutzmaßnahmen sei keine Benachteiligung i.S.v. § 7 Abs. 1 AGG und damit auch nicht i.S.v. § 15 Abs. 1 AGG. Eine zurechenbare Benachteiligung durch den Regionalleiter, weil dieser die Klägerin vom Kontakt mit der Bauinteressentin entbunden habe, liege nicht vor. Das Interesse eines Arbeitgebers an den eigenen Erwerbsinteressen und der zugrundeliegenden Kundenbeziehung sei in angemessener Weise zu berücksichtigen.
Gegen das der Klägerin am 7. Februar 2024 zugestellte Urteil hat sie am 7. März 2024 Berufung eingelegt und diese am letzten Tag der auf den Antrag vom 5. April 2024 bis 3. Mai 2024 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
Die Klägerin rügt, das Arbeitsgericht habe rechtsirrig das Verhalten der Bauinteressentin der Beklagten nicht zugerechnet. Die Reaktion der Beklagten müsse eine andere sein, wenn eine Kundin wie am 7. März 2023 geschehen dem Regionalleiter mitteile, dass sie einen männlichen Berater wünsche, da sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit weiblichen Beraterinnen gemacht habe. Es gehe nicht nur um das Unterlassen von Präventions- oder Schutzmaßnahmen, sondern um eine Unterstützung und Fortführung der Diskriminierung. Die Gefahr, dass die Bauinteressentin durch ein aufklärendes Gespräch mit dem Regionalleiter als Kundin verloren gehe, habe nicht bestanden.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - 10 Ca 178/23 - wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 84.300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Mai 2023 zu bezahlen.Die Beklagte beantragt:
Die Berufung zurückzuweisen.Zur Begründung führt sie aus, die Berufung sei bereits unzulässig. Sie setze sich nicht mit den rechtlichen und tatsächlichen Argumenten des Arbeitsgerichts auseinander. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass sich die Beklagte das Verhalten der Bauinteressentin nicht zurechnen lassen müsse. Eine Verletzung von Pflichten aus § 12 AGG führe nicht zu Ersatzansprüchen nach § 15 AGG. Auch das habe das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen in erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist zunächst statthaft (§ 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG). Sie ist auch frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 4, 64 Abs.6 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520, 524 Abs. 1 bis 3 ZPO). Die Berufungsbegründung setzt sich zudem ausreichend mit den tragenden Gründen des Urteils auseinander.
1. Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder es zu wiederholen (st. Rspr., vgl. nur BAG 27. Januar 2021 - 10 AZR 512/18 - Rn. 15). Erforderlich ist die Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung.
2. Diesen Voraussetzungen genügt die Berufungsbegründung.
a) Auch die Klägerin behauptet nicht, ausschließlich das Verhalten der Bauinteressentin sei geeignet, einen Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte zu begründen. Einer Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts zum Verhalten dritter Personen unter I. 3. b der Gründe bedurfte es daher nicht.
b) Soweit das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten hat (vgl. I. 3. c der Gründe), das Unterlassen von Präventions- oder Schutzmaßnahmen sei keine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG und könne deshalb keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG begründen, hat sich die Klägerin damit ausreichend auseinandergesetzt. Die Klägerin hat insofern die Rechtsauffassung vertreten, der Regionalleiter habe die Bauinteressentin davon überzeugen müssen, dass gerade die Klägerin als Frau über eine große Erfahrung verfüge, da sie bereits seit März 1992 bei der Beklagten beschäftigt sei. Das Unterlassen solcher Überzeugungsarbeit unterstütze die Diskriminierung der Klägerin und führe sie fort. Damit hat sich die Klägerin gegen die Ansicht des Arbeitsgerichts gewandt, dass kein eigenes diskriminierendes Verhalten der Beklagten vorliege. Das genügt.
c) Die Klägerin hat sich auch ausreichend mit dem Urteil auseinandergesetzt soweit dieses die Überschreibung der Bauinteressentin auf den Regionalleiter nicht als der Beklagten zurechenbare Benachteiligung angesehen hat (vgl. I. 3. d der Gründe). Das Arbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass die Form einer angemessenen Reaktion anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen sei. Das Erwerbsinteresse des Arbeitgebers und die zugrundeliegenden Kundenbeziehungen seien angemessen zu berücksichtigen. Welche konkreten Umstände des Einzelfalles dazu geführt haben, dass das Arbeitsgericht die Überschreibung von der Klägerin auf den Regionalleiter als angemessene Reaktion angesehen hat, hat es in der Folge aber nicht begründet. Es hat vielmehr die Prüfung gewechselt und darauf abgestellt, dass kein eigenes diskriminierendes Fehlverhalten auf Seiten der Beklagten zu erkennen sei. Weshalb das Überschreiben der Bauinteressentin keine Benachteiligung ist, hat das Arbeitsgericht nicht erläutert. Ist damit sowohl offengeblieben, weshalb das Verhalten des Regionalleiters keine Benachteiligung ist als auch, welche konkreten Umstände des Einzelfalls die Angemessenheit der Reaktion der Beklagten begründen sollen, kann auch von der Klägerin nicht verlangt werden, dass sie weitergehende Ausführungen hierzu macht. Sie kann sich nur mit der Begründung auseinandersetzen, die sie im Urteil vorfindet. Es hat daher genügt, dass sie der Auffassung des Arbeitsgerichts ihre eigene Rechtsauffassung aus der ersten Instanz entgegengehalten hat (vgl. hierzu BGH 7. Juni 2018 - I ZB 57/17 - Rn. 9 f.), eine angemessene Reaktion wäre das Gespräch mit der Kundin gewesen und auch im Überschreiben der Bauinteressentin auf den Regionalleiter liege eine - eigene - Benachteiligung der Beklagten.
II.
Die Berufung ist aber nur zu einem geringen Teil begründet. Die Klage ist dem Grunde nach begründet, der Höhe nach aber nur zu einem geringen Teil. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet (nachfolgend 1.). Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (nachfolgend 2.). Die Beklagte hat die Klägerin unmittelbar i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG wegen ihres Geschlechts benachteiligt, ohne zuvor geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen zum Schutz der Klägerin vor einer Diskriminierung durch Dritte i.S.d. § 12 Abs. 4 AGG zu ergreifen (nachfolgend 3.). Das Verhalten der Beklagten war nicht gerechtfertigt (nachfolgend 4.). Allerdings ist die Beklagte nur zur Zahlung einer wesentlich geringeren Entschädigung verpflichtet als von der Klägerin verlangt (nachfolgend 5.).
1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet: Die Klägerin ist Arbeitnehmerin i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, die Beklagte ist Arbeitgeberin i.S.v. § 6 Abs. 2 AGG.
2. Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Die Überschreibung der Bauinteressentin auf den Regionalleiter und damit einhergehend der Entzug der Betreuung durch die Klägerin ist am 9. März 2023 erfolgt. Die schriftliche Geltendmachung vom 4. Mai 2023 ist der Beklagten am 6. Mai 2023 zugegangen und damit innerhalb der zweimonatigen Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erfolgt. Die Klage ist am 4. August 2023 beim Arbeitsgericht eingegangen und damit innerhalb von drei Monaten seit der schriftlichen Geltendmachung (§ 61b Abs. 1 ArbGG). Zur Fristwahrung genügte der Eingang beim zuständigen Arbeitsgericht (Germelmann/Matthes/Prütting/Schleusener ArbGG 10. Aufl. § 61a Rn. 6; ErfK/Koch 24. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 2). Unerheblich ist daher, dass die Klage der Beklagten erst am 10. August 2023 zugestellt worden ist.
3. Die Beklagte hat die Klägerin auch unmittelbar benachteiligt.
a) Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG u.a. sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, u.a. wegen des Geschlechts (vgl. nur BAG 19. Dezember 2019 - 8 AZR 2/19 - Rn. 26). Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen (st. Rspr., z.B. BAG 25. April 2024 - 8 AZR 143/23 - Rn. 25 m.w.N).
b) Die Beklagte hat die Klägerin unmittelbar i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG wegen ihres Geschlechts und damit eines Merkmals nach § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG benachteiligt.
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Wie der Begriff "erfahren würde" verdeutlicht, muss nach dieser Bestimmung die Vergleichsperson nicht eine reale, sondern kann auch eine fiktive bzw. hypothetische sein (vgl. nur BAG 19. Dezember 2019 - 8 AZR 2/19 - Rn. 28).
bb) Die Beklagte hat die Bauinteressentin, die kraft des unternehmensintern zur Aufnahme und Verteilung von Interessenten angewandten Systems der Klägerin zur Betreuung zugewiesen worden war, aus dem Bestand der Klägerin entnommen, auf den Regionalleiter überschrieben und damit einhergehend der Betreuung durch die Klägerin entzogen. Ihr ist damit die Chance genommen worden, durch Betreuung der Bauinteressentin maximal zwei Vertragsabschlüsse zu generieren, aus denen ihr jeweils eine Provision von 16.000,00 Euro brutto für den Fall, dass die Bauinteressentin die Beklagte mit dem Bau eines Hauses beauftragt, zugestanden hätte. Unabhängig davon ist ihr jedenfalls die Interessentin entzogen worden, die ihr zugeordnet gewesen ist und damit eine konkrete Arbeitsaufgabe. Die Klägerin hat damit eine weniger günstige Behandlung erfahren als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Situation erfahren, erfahren haben oder erfahren würden. Unerheblich ist dabei, dass sich die Beziehungen zwischen der Beklagten und der Interessentin noch nicht so verfestigt hatten, dass bereits von einer "Kundin" gesprochen werden könnte. Dies mag allenfalls Auswirkungen auf die Höhe eines - im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständlichen - Schadenersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG haben, ändert aber nichts an der Benachteiligung.
cc) Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Beklagte selbst kann auch nicht deshalb verneint werden, weil die primäre Benachteiligung durch die Bauinteressentin erfolgt ist und die Beklagte von vornherein gar nicht anders reagieren konnte als durch Entzug und Überschreibung des Auftrags auf einen Mann.
dd) Das Verhalten des Regionalleiters ist der Beklagten, die keine natürliche Person ist, zuzurechnen. Dieser ist zwar nicht personenidentisch mit einem der namensähnlichen Geschäftsführer, hat aber in seinem Zuständigkeitsbereich gehandelt (zur Zurechnung vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 69). Entsprechend hat die Beklagte die Zurechnung im Berufungstermin unstreitig gestellt. Eines Rückgriffs auf § 278 BGB oder § 831 BGB bedarf es schon deshalb nicht, weil der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG verschuldensunabhängig ist und es ausschließlich um die Zurechnung der objektiven Handlungsbeiträge oder Pflichtverletzungen der für den Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis handelnden Personen geht (BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 37 für das vorvertragliche Vertrauensverhältnis; a.A. z.B. HWK/Rupp 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 7 - Zurechnung über § 278 BGB (analog) sowie Simon/Greßlin BB 2007, 1872, 1783 f. m.w.N. Zurechnung über §§ 278, 831 BGB).
c) Die Klägerin hat die unmittelbare Benachteiligung i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG auch wegen ihres Geschlechts erfahren.
aa) Der Regionalleiter hat der Klägerin die Bauinteressentin entzogen, weil diese eine Betreuung durch einen männlichen Berater gewünscht hat. Vor diesem Hintergrund steht der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund - hier: dem Geschlecht - außer Frage und es kommt nicht mehr darauf an, ob Indizien i.S.v. § 22 AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und ob die Beklagte eine solche Vermutung widerlegt hat (BAG 19. Dezember 2019 - 8 AZR 2/19 - Rn. 32).
bb) Es kann deshalb dahinstehen, ob auch im reinen Unterlassen von Schutzmaßnahmen zugunsten der Klägerin i.S.d. § 12 Abs. 4 AGG (vgl. dazu vorstehend II. 3. b cc (2) (a) der Gründe) ein Indiz i.S.v. § 22 AGG zu sehen ist, die eine Benachteiligung durch die Beklagte vermuten lässt (so Staudinger/Serr Neubearbeitung 2020 § 15 AGG Rn. 67; ähnlich ErfK/Schlachter 24. Aufl. § 12 Rn. 7). Das Berufungsgericht braucht auch nicht die hierauf aufbauende umstrittene Frage zu entscheiden, ob - wie das Arbeitsgericht angenommen hat - das Unterlassen von Schutzmaßnahmen nach § 12 Abs. 4 AGG keine Benachteiligung i.S.d. § 7 Abs. 1 AGG und damit des § 15 Abs. 1 AGG, auf dem § 15 Abs. 2 AGG aufbaut (zum Rechtsfolgencharakter des Abs. 2 vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30), darstellt (sowohl die h.M. in der Literatur sowie erstinstanzliche Entscheidungen, vgl. nur ErfK/Schlachter 24. Aufl. § 12 AGG Rn. 7; Arbeitsgericht Paderborn 24. April 2023 - 2 Ca 968/22 - Rn. 61 ff.; Arbeitsgericht Frankfurt 19. November 2019 - 24 Ca 5275/19 - Rn. 63 f., jeweils zitiert nach juris; a.A. Freyler NZA 2020, 284, 289; Göpfert/Siegrist ZIP 2006, 1711; Bauer/Thüsing/Schunder NZA 2005, 32, 35) oder ob eine Benachteiligung jedenfalls ein "qualifiziertes Unterlassen" in dem Sinne voraussetzt, dass das Unterlassen von Maßnahmen nach § 12 Abs. 4 AGG selbst als unzulässige Benachteiligung anzusehen wäre (vgl. hierzu jurisPK-BGB/Overkamp Stand 1. Februar 2023 § 12 AGG Rn. 28; BeckOK ArbR-Roloff 1. September 2024 § 12 AGG Rn. 15; Däubler/Beck/Deinert AGG 5. Aufl. § 15 Rn. 155).
4. Das Verhalten der Beklagten ist nicht gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung nach § 8 AGG scheidet aus. Eine berufliche Anforderung in diesem Sinne behauptet auch die Beklagte nicht. Da die Beklagte auch keine Schutzmaßnahmen nach § 12 Abs. 4 AGG zugunsten der Klägerin ergriffen hat, ist auch nicht zu entscheiden, ob sie die Betreuung auf jemand anderen als eine weibliche Person hätte überschreiben dürfen, wenn die Bauinteressentin trotz der Maßnahmen der Beklagten nach § 12 Abs. 4 AGG die (vor-)vertraglichen Beziehungen mit der Beklagten ansonsten aufgegeben hätte.
5. Der Höhe nach steht der Klägerin ein Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 1.500,00 Euro zu.
a) Der erforderliche immaterielle Schaden liegt bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe regelmäßig vor (BVerwG 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 - Rn. 34). Es bedarf keiner gesonderten Feststellung zum Eintritt eines immateriellen Schadens (grundlegend BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 70 ff.).
b) Bei der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist zu beachten, dass die Entschädigung einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten muss. Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63 m.w.N; BAG 26. Januar 2017 - 8 AZR 848/13 - Rn. 161; 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 111; 19. Dezember 2019 - 8 AZR 2/19 - Rn. 77). Eine rein symbolische Entschädigung wird den Erfordernissen einer wirksamen Umsetzung der Richtlinie nicht gerecht (EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 25; BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 111).
c) Das Berufungsgericht hält in Anwendung dieser Grundsätze eine Entschädigung in Höhe von 1.500,00 Euro für angemessen i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG.
aa) Unerheblich ist zunächst, dass die Beklagte sich im Teilvergleich vom 2. Februar 2024 zum Schadenersatz verpflichtet hat. Der Arbeitgeber ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des AGG verpflichtet, den hierdurch entstandenen Vermögensschaden zu ersetzen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Danach tritt die Verpflichtung des Arbeitgebers, den immateriellen Schaden auszugleichen, als selbständige Verpflichtung neben seine Pflicht zum materiellen Schadensersatz. Bereits danach kann der materielle Schadensersatz kein Umstand sein, der bei der Bemessung der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG Berücksichtigung finden könnte. Nach der Konzeption des AGG erfährt die benachteiligte Person durch den Ersatz des materiellen Schadens keine Genugtuung im Hinblick auf die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts (BAG 28. Oktober 2021 - 8 AZR 371/20 - Rn. 20; ebenso BGH 23. April 2012 - II ZR 163/10 - Rn. 73).
bb) Die Haftung nach § 15 Abs. 2 AGG ist verschuldensunabhängig. Sind allerdings Umstände erkennbar, die einen höheren Grad von Verschulden des Arbeitgebers belegen, kann Veranlassung bestehen, die Entschädigung höher festzusetzen (vgl. nur BAG 28. Oktober 2021 - 8 AZR 371/20 - Rn. 26; ausführlich BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 61 ff.). Solche Umstände sind nicht ersichtlich. Die Benachteiligung ging von der Bauinteressentin aus. Hierauf musste die Beklagte reagieren. Das war der Beweggrund ihres Handelns. Sie hat zwar nicht in der rechtlich erforderlichen und angemessenen Weise gehandelt. Ein besonderes Unwerturteil in Bezug auf ihr Verhalten ist aber nicht zu erkennen. Insbesondere ist die Klägerin nicht aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt oder belästigt worden (BT-Drucks. 16/1780 S. 38), so das auch insofern eine erhöhte Entschädigung ausscheidet.
cc) Auch soweit die Klägerin im Berufungstermin auf ihre emotionale Belastung hingewiesen hat, folgt daraus keine besondere Schwere der Benachteiligung. Das Abstellen auf ihr Geschlecht und nicht darauf, was sie leistet oder kann, greift ihre Persönlichkeit an. Das ist aber typischer Bestandteil des immateriellen Schadens und kann grundsätzlich nicht erhöhend berücksichtigt werden.
dd) Insbesondere der Präventionszweck der Entschädigung lässt im vorliegenden Fall einen Betrag von 1.500,00 Euro als vollkommen ausreichend erscheinen. Die Beklagte hat, spätestens nachdem der Personalleiter am 10. März 2023 vom Verhalten der Bauinteressentin erfahren hat, die AGG-Beschwerdestelle informiert. Die Beklagte nimmt also offensichtlich derartige Vorkommnisse ernst. Das wird bestätigt durch die Aussage der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung, wonach die Gesellschafterversammlung über den Vergleichsvorschlag des Berufungsgerichts befinden müsse, weil es sich um ein besonderes Vorkommnis handelt. Die Benachteiligung und der Umgang damit im eigenen Betrieb wird nicht einmal der Personalleitung überlassen, die kraft des Aufgabengebietes besonders befähigt und kenntnisreich im Umgang mit Personal und damit auch derartigen Fragestellungen ist. Der Vorwurf hat offensichtlich eine solche Betroffenheit und daraus resultierend ein solches Nachhalten in Bezug auf den richtigen Umgang in solchen Situationen im Unternehmen ausgelöst, dass der Präventionszweck bereits erfüllt ist. Eine Wiederholungsgefahr ist nicht wahrscheinlich.
ee) 1.500,00 Euro sind auch kein nur symbolischer Betrag. Dabei darf nicht der von der Klägerin geforderte Betrag von 84.300,00 Euro als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Denn dieser ist nach Auffassung des Berufungsgerichts überzogen und nicht mit besonderen Umständen des Einzelfalls von der Klägerin begründet.
ff) Die Leistungsfähigkeit der Beklagten - sofern diese als berücksichtigungsfähig angesehen wird (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 57; BGH 23. April 2012 - II ZR 163/10 - Rn. 73; BeckOK BGB-Horcher Stand 1. August 2024 § 15 AGG Rn. 31; BeckOK ArbR-Roloff Stand 1. September 2024 § 15 AGG Rn. 8; kritisch Schleusener/Suckow/Plum AGG 6. Aufl. § 12 Rn. 72) - rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Klägerin hat keinerlei Anhaltspunkte genannt, aufgrund derer das Berufungsgericht die Leistungsfähigkeit der Beklagten beurteilen könnte. Es lässt sich ohnehin aus Rechtsgründen nicht sagen, dass für ein Unternehmen mit hoher Leistungsfähigkeit der Entschädigungsbetrag von 1.500,00 Euro keinerlei Sanktions- und Präventionswirkung haben könnte (vgl. auch BGH 23. April 2012 - II ZR 163/10 - Rn. 73).
gg) Die Beklagte hat zudem bereits im Juli 2023, nachdem die Klägerin Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche geltend gemacht hat, anerkannt, dass sie den von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatz anerkennt. Nach ihrem Schreiben vom 10. Juli 2023 hatte sie das bereits in der Vergangenheit mehrfach zugesichert. Auch insofern wird deutlich, dass die Beklagte zur bedingungslosen finanziellen Wiedergutmachung bereit gewesen ist.
hh) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass ausweislich des Schreibens der AGG-Beschwerdestelle die Bauinteressentin ihre Wortwahl bedauert und darum gebeten hat, diese Richtigstellung an die Klägerin weiterzugeben. Auch bei der Bauinteressentin hat also offensichtlich ein Umdenken und ein Bedauern über ihr Verhalten eingesetzt.
d) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 271, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 und § 247 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich aufgrund der Mahnung der Klägerin zur Zahlung bis 26. Mai 2023 seit dem 27. Mai 2023 in Verzug und hat die gesetzlichen Zinsen zu zahlen.
III.
1. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen. Ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 84.300,00 Euro hat die Klägerin nur in Höhe von 1.500,00 Euro obsiegt. Das entspricht gut 1,78% und ist damit zu vernachlässigen, zumal kein Kostensprung dadurch verursacht worden ist. Umgekehrt ist der Antrag der Beklagten auf vollständige Zurückweisung der Berufung nur eine geringfügige Zuvielforderung, die ebenfalls keine weiteren Kosten verursacht hat. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist in diesem Fall jedenfalls analog anzuwenden (so schon Reichsgericht 20. Oktober 1933 - VII 107/33 - RGZ 142, 73, 84 f.; BAG 25. April 1972 - 1 AZR 322/71 - zu V. der Gründe; LAG Köln 31. Januar 2022 - 2 Sa 486/21 - Rn. 30; LAG Berlin 4. April 2001 - 6 Sa 479/01 - zu 2. der Gründe; Musielak/Voit/Flockenhaus ZPO 21. Aufl. § 92 Rn. 6; Saenger/Gierl ZPO 10. Aufl. § 92 Rn. 16; BeckOK/Jaspersen 53. Ed. 1. Juli 2024 § 92 Rn. 34).
2. Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Im Hinblick auf das Unterliegen der Klägerin lagen dagegen keine Gründe i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG vor, so dass für sie die Revision nicht zuzulassen war.
ZimmermannHerrmannWilckenVerkündet am 20.11.2024