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  • 12.08.2011

    Finanzgericht Köln: Beschluss vom 12.06.2011 – 10 Ko 1662/11

    Im finanzgerichtlichen Verfahren entsteht die Erledigungsgebühr nur in Höhe von 1,0.


    BESCHLUSS

    In dem Rechtsstreit

    hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … am 12.06.2011 beschlossen:

    Gründe

    I. Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Erinnerungsführer zustehenden Erledigungsgebühr.

    Der Erinnerungsführer war der Prozessbevollmächtigte in den gegen das FA B gerichteten Verfahren 9 K 345/11, 9 V 346/11 und 9 K 358/11 der Frau A, der für den jeweiligen Rechtsstreit Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Die Beteiligten stritten wegen Haftung für Lohnsteuerschulden, wobei der Erinnerungsführer für Frau A vortrug, dass diese die Geschäftsführertätigkeit aus reiner Gefälligkeit ohne Kenntnis der rechtlichen Konstruktion einer Ltd. übernommen habe.

    Mit Schreiben vom 4. März 2011 teilte der Erinnerungsführer mit, dass eine Lösung im Verständigungswege angestrebt werde. Am 11. März 2011 ergänzte das FA B, dass man eine tatsächliche Verständigung getroffen habe. Hinsichtlich der Kosten habe man sich dahin verständigt, dass das FA die Gerichtskosten tragen und im übrigen die Kosten gegeneinander aufgehoben werden sollten (GA Bl. 67); die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Entsprechend wurden mit Beschlüssen vom 4. April 2011 in den Verfahren 9 K 345/11, 9 V 346/11 und 9 K 358/11 die Gerichtskosten dem FA auferlegt und die außergerichtlichen Kosten gegeneinander aufgehoben.

    Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 22. März 2011 beantragte der Erinnerungsführer die Festsetzung der Gebühren aus der Staatskasse gemäß §§ 49 ff. RVG. Dabei beantragte er auch die Berücksichtigung einer 1,3-Erledigungsgebühr.

    Nach Hinweis des Kostenbeamten, dass nur eine 1,0-Erledigungsgebühr berücksichtigt werden könne, wurden die in den Verfahren 9 K 345/11, 9 V 346/11 und 9 K 358/11 zu erstattenden Kosten mit Beschlüssen vom 11. Mai 2005 auf 1.812,73 EUR bzw. 1.063,86 EUR bzw. 1.024,83 EUR festgesetzt. Dabei wurde jeweils nur eine 1,0-Erledigungsgebühr berücksichtigt, der weitergehende Antrag wurde abgelehnt.

    Der Erinnerungsführer ist unter Hinweis auf seine Ausführungen im Schreiben vom 3. Mai 2011 der Auffassung, dass jeweils eine 1,3-Erledigungsgebühr zu berücksichtigen sei. Da das finanzgerichtliche Verfahren einem Berufungsverfahren entspreche, sei die Erledigungsgebühr nach den Nr. 1002, 1004 VV RVG mit 1,3 zu berücksichtigen. Die dem entgegenstehende Rechtsprechung des Kostensenats des FG Köln werde nicht akzeptiert.

    II. Die Erinnerung ist unbegründet. Auch im finanzgerichtlichen Verfahren entsteht nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung des FG Köln die Erledigungsgebühr nur in Höhe von 1,0.

    1. Da über Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vertraglich verfügt werden kann, ist die Entstehung einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG regelmäßig ausgeschlossen (VV Nr. 1000 Abs. 4). Stattdessen sieht Nr. 1002 VV RVG die Entstehung eine Erledigungsgebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (Nummer 1003 i.V.m. Nummer 1002 VV). Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.

    2. Danach war im Streitfall auch eine Erledigungsgebühr zu berücksichtigen. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Die Erledigungsgebühr ist entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers nicht mit 1,3, sondern zu Recht nur in Höhe von 1,0 bemessen worden.

    a) Obwohl auch die Erledigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG in Fällen eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens, dass kein selbstständiges Beweisverfahren ist, mit 1,0 zu bemessen ist, hat das FG Köln in früheren Entscheidungen angenommen, dass die Erledigungsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren nach Nummer 1004 VV mit einem Gebührensatz von 1,3 zu bemessen sei, weil das finanzgerichtliche Verfahren nach Teil 3 Abschnitt 2 VV den Berufungs- und Revisionsverfahren gleichgestellt sei, soweit es um die Höhe der Verfahrens- und Terminsgebühr gehe (Vorbemerkung 3.2 in Verbindung mit Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG; BT-Drucks. 15/1971, S. 213; vgl. Gräber/Stapperfend, FGO 6. Aufl., § 139 Rz 80) und die Nr. 1004 i.V.m. Nr. 1002 VV RVG den Gebührensatz für eine Erledigungsgebühr in den Fällen, in denen ein Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig sei, mit 1,3 bestimme (vgl. auch Müller-Rabe in Gerold/ Schmidt, 18. Auflage 2008, VV 1003, 1004, Rz. 53 m.w.N.). Dabei wurde auch die strukturelle Vergleichbarkeit von finanzgerichtlichen Verfahren und Berufungsverfahren hervorgehoben.

    b) Das FG Münster hat demgegenüber mit Beschluss vom 7. Juni 2010 9 Ko 647/10 KFB (EFG 2010, 2021) entschieden, dass nur ein Ansatz einer Gebühr von 1,0 nach Nr. 1003 VV RVG in Betracht käme, da aus der ausdrücklichen Gleichstellung von finanzgerichtlichem Verfahren mit einem Berufungsverfahren im Unterabschnitt 3.2.1 des VV RVG zu folgern sei, dass der Gesetzgeber eine solche Gleichstellung für den Teil 1 des VV RVG nicht habe vornehmen wollen.

    c) Der beschließende Senat folgt letzterer Auffassung. Eine Gleichstellung des finanzgerichtlichen Verfahrens mit einem Berufungsverfahren in Bezug auf die Erledigungsgebühr kann seit der Änderung der Nr. 1004 VV RVG durch Art. 47 Nr. 19 Buchst. d) des FGG-Reformgesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. 2008, 2718) nicht mehr angenommen werden. Der Nummer 1004 wurde durch das Reformgesetz die Anmerkung angefügt, dass die Erhöhung in den Fällen der Berufungs- oder Revisionsverfahrens auch „in den in den Vorbemerkungen 3.2.1 und 3.2.2 genannten Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren” gelte. Das in der Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 1 genannte finanzgerichtliche Verfahren wird in der Anmerkung hingegen ausdrücklich nicht erwähnt. Der Senat geht insoweit davon aus, dass dies auch dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen entspricht, da die Streitfrage, in welcher Höhe in finanzgerichtlichen Verfahren eine Erledigungsgebühr anfällt, zum Zeitpunkt des Erlasses des FGG-Reformgesetzes bekannt war, so dass nicht von einem offensichtlichen Versehen oder einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden kann (vgl. insoweit auch Müller-Rabe in Gerold/ Schmidt, 19. Auflage 2010, VV 1003, 1004, Rz. 56 m. w. N.).

    Auch aus der Gesetzesbegründung zum FGG-Reformgesetz ergibt sich nichts Gegenteiliges, da durch die Erweiterung der Nr. 1004 VV RVG ausdrücklich klargestellt werden sollte, dass die Rechtsmittel in Familiensachen in Bezug auf die Höhe der Erledigungsgebühr den Berufungs- und Revisionsverfahren gleichgestellt werden sollten. Das finanzgerichtliche Verfahren findet keine Erwähnung (BT-Drs 16/6308, S. 341). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Erweiterung der Nr. 1004 VV RVG hinsichtlich Höhe der Erledigungsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich klarstellenden Charakter hatte und die Höhe der Erledigungsgebühr nicht erst ab dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes 1,0 beträgt. Demgemäß bemisst sich die Höhe der Erledigungsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren nach der Grundregel des Nr. 1003 VV RVG mit 1,0.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.

    VorschriftenRVG § 49 ff., VV RVG Nr. 1002, VV RVG Nr. 1004, FGO § 149

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