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  • · Nachricht · Elektronisches Posteingangsbuch

    Zum Beweiswert eines elektronischen Posteingangsbuchs mit der Möglichkeit von Eintragung und Festschreibung

    | Einem elektronischen Posteingangsbuch (hier: DATEV - Post, Fristen und Bescheide), in dem die Eintragungen bzw. Festschreibungen mit großen zeitlichen Abständen nachträglich erfolgen, kommt nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg (2.8.22, 16 K 16191/21) praktisch kein nennenswerter Beweiswert mehr zu. Denn bei einer Posterfassung Wochen später kann der tatsächliche Eingangstag bei der Erfassung kaum mehr sicher rekonstruiert werden. |

     

    Konventionelles Posteingangsbuch

    In diesem Fall ging es um eine ‒ letztlich ‒ versäumte Klagefrist und damit um die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (hier der 15.11.21, ein Montag). Zwar wäre die Angabe eines späteren Eingangsdatums in einem ordnungsgemäß geführten Posteingangsbuch zwar grundsätzlich geeignet gewesen, Zweifel an der Zugangsvermutung zu begründen. Das von der Klägervertreterin geführte Posteingangsbuch war hierfür jedoch ungeeignet. Die Nachweisfunktion von Posteingangsbüchern, die konventionell in Papierform geführt werden, beruht im Wesentlichen darauf, dass die Einträge nach dem Eingangstag sortiert fortlaufend, lückenlos und zeitnah erfolgen, sodass nichts nachträglich mehr eingeschoben werden kann. Für elektronisch geführte Posteingangsbücher kann nichts anderes gelten.

     

    Elektronisches Posteingangsbuch im Sachverhalt

    In dem hier in Rede stehenden elektronischen Posteingangsbuch wurden die Einträge ersichtlich in großem zeitlichen Abstand und nicht in der Reihenfolge des Posteingangs vorgenommen.

     

    • So sind am 17.11.21 erfolgte Eingänge mit den Nummern 89, 90 und 206 erfasst. Es müssen daher zwischen dem Eingang mit der Nummer 90 und dem mit der Nummer 206 die Eingänge mit den Nummern 91 bis 205 erfasst worden sein, die jedoch weitgehend an ganz anderen Daten erfolgten, da sie im Posteingangsbuch für die Zeit vom 10.11.21 bis 6.12.21 zum überwiegenden Teil nicht enthalten sind.

     

    • Umgekehrt sind die Posteingänge mit den laufenden Nummern 86 bis 90, die in engem zeitlichem Zusammenhang eingetragen worden sein müssen, im zeitlichen Abstand von fast einem Monat eingegangen.

     

    Aus diesen Umständen wird erkennbar, dass die Posteingänge nicht zeitnah, sondern mit erheblichem zeitlichem Abstand von jedenfalls bis zu einem Monat eingetragen werden. Dieser sich schon aus der Nummerierung ergebende Befund wird bestätigt dadurch, dass in der von der Steuerberaterin als „Festschreibung des Posteingangs“ bezeichneten Anlage z. B. die lfd. Nr. 58 am 24.8.21 eingegangen, aber erst am 24.09.21 festgeschrieben wurde. Auch die im hiesigen Verfahren fragliche Postsendung wurde nach eigenen Angaben der Klägerin erst rund zwei Wochen nach Posteingang festgeschrieben.

     

    Nach Auskunft der DATEV eG zum Programm sollen Posteingänge und Fristen zeitnah festgeschrieben werden. Mit der Festschreibung werden die laufenden Posteingangs-/Fristennummern vom System vergeben. Wenn die Festschreibung zeitnah erfolgt, korreliert die laufende Nummer grundsätzlich in ihrer Abfolge mit den Posteingangsdaten. Wenn nicht, erklärt dies eine Divergenz zwischen der laufenden Nummer und den Posteingangsdaten.

     

    PRAXISTIPP | Die Klagefrist von einem Monat beginnt nach § 54 Abs. 1 FGO mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Sie verlängert sich gemäß § 55 Abs. 2 S. 1 FGO wegen unrichtiger Rechtsmittelbelehrung auf ein Jahr.

     

    Das FG weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Rechtsbehelfsbelehrung von Einspruchsentscheidungen nicht darauf hinweisen werden muss, dass Klagen, die im elektronischen Rechtsverkehr beim Gericht eingereicht werden, einer qualifizierten elektronischen Signatur bedürfen, im Gegensatz zu Einsprüchen beim FA, bei denen einfache E-Mails ausreichen. Die Verlängerung der Klagefrist kommt aus diesem Grund nicht in Betracht.

     
    Quelle: ID 49553030

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