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Steuerbescheide: Vermehrte Bereitstellung von Bescheiden zum digitalen Abruf
| Steuerbescheide können nicht nur in Papierform auf dem Postwege, sondern auch digital per ELSTER zum Abruf bekannt gegeben werden. Dazu ist jedoch nach derzeit noch geltender Rechtslage die Einwilligung des Empfängers notwendig. Ab dem 1.1.26 gibt es insoweit aber eine wichtige Änderung: Die Einwilligung des Empfängers zu einer digitalen Bereitstellung ist dann nicht mehr erforderlich. Stattdessen gibt es nur noch eine Widerspruchslösung (§ 122a AO; § 28 Abs. 2 EGAO, geändert durch das „4. Bürokratieentlastungsgesetz“ vom 23.10.24). |
Nach der neuen Fassung des § 122a AO können Verwaltungsakte ‒ insbesondere Steuer‑, Steuermess‑ und Feststellungsbescheide ‒ grundsätzlich zum Abruf bereitgestellt werden, wenn die Erklärung elektronisch übermittelt wurde. Das gilt, wenn der Steuerpflichtige selbst ein ELSTER‑Nutzerkonto besitzt oder ein Bevollmächtigter (z. B. Steuerberater oder Rechtsanwalt) die Erklärung übermittelt hat. In diesen Fällen kann die Finanzverwaltung davon ausgehen, dass ein digitales Abrufkonto vorhanden ist. In anderen Fällen darf die elektronische Bereitstellung nur erfolgen, wenn die Finanzbehörde die Umstände des Einzelfalls abwägt und die Interessen des Empfängers berücksichtigt. Die abrufberechtigte Person wird am Tag der Bereitstellung per E‑Mail über die Möglichkeit des Abrufs informiert. Diese Nachricht hat lediglich Hinweisfunktion. Der Bescheid gilt unabhängig vom tatsächlichen Abruf vier Tage nach Bereitstellung als bekanntgegeben. Steuerpflichtige können jederzeit beantragen, künftige Bescheide weiterhin postalisch zu erhalten ‒ entweder einmalig oder dauerhaft. Wurde die Steuererklärung auf Papier abgegeben, bleibt der Postversand ohnehin Regelfall.
PRAXISTIPP | Mit der Bereitstellung beginnt die Einspruchsfrist. Entscheidend ist nicht, wann der Bescheid abgerufen oder die E‑Mail geöffnet wurde. Wer nachweislich keine Information über die Bereitstellung erhalten hat, kann unter den Voraussetzungen des § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Das greift jedoch nicht, wenn klare Anhaltspunkte für eine Bekanntgabe vorlagen, etwa eine Steuererstattung auf dem Bankkonto.
Für die Berechnung der Einspruchsfrist ist die E-Mail ohne Bedeutung. Steuerpflichtige können sich also im Zweifel nicht damit herausreden, sie hätten den Steuerbescheid nicht rechtzeitig zur Kenntnis nehmen können, weil sie die E-Mail nicht erhalten haben oder diese im Spam-Ordner gelandet ist. Es kommt dann allenfalls noch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor. Das heißt: Trägt der Empfänger unwiderlegbar vor, die Information über die Abrufbereitstellung nicht erhalten zu haben, und hat er den Verwaltungsakt auch nicht aus anderem Grund abgerufen, kann ihm unter den Voraussetzungen des § 110 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, so dass ein Einspruch, der erst nach der einmonatigen Einspruchsfrist eingelegt wird, ausnahmsweise als nicht verspätet gilt. Dies gilt bezogen auf die Einspruchsfrist aber wiederum nicht, wenn eindeutige Indizien im Hinblick auf die Bereitstellung eines Verwaltungsaktes vorlagen ‒ etwa nach Gutschrift einer Steuererstattung auf seinem Bankkonto (BT-Drucksache 20/13015, Seite 102) |